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Imi dachte an die Frau, die sie soeben beim Gespräch mit ihrem Vater belauscht hatte. Eine Zauberin und Priesterin der Götter, die die Elai und ihr eigenes Volk als Verbündete sehen wollte – was ein anderes Wort für Freunde war. Sie klang nicht wie jemand, den man fürchten musste.

Imi nickte. »Das glaube ich auch, Teiti.«

Die Mondsichel war wie ein fröhliches, weißes Lächeln. Als Tryss sie das erste Mal gesehen hatte, hatte er unwillkürlich denken müssen, dass es ein gutes Omen sei. Jetzt, mehrere Stunden später, wirkte die bleiche Sichel eher wie ein höhnisches Grinsen.

Oder eine mörderische Klinge, dachte er. Er stieß den Atem aus, dann schüttelte er den Kopf. Abergläubischer Unsinn. Es ist bloß ein großer Felsen in dem gefrorenen Wasser des oberen Himmels. Nicht mehr, nicht weniger.

»Ich glaube es nicht. Er geht die ganze Zeit auf und ab. Der ruhige, ernste Tryss läuft auf und ab.«

Tryss zuckte zusammen, als er die Stimme hörte. »Sreil!«, flüsterte er. »Was ist passiert?«

»Nichts«, antwortete der ältere Junge. »Ich habe nur ein wenig länger als erwartet gebraucht, um durch die Wand zu kommen.«

Zwei Gestalten traten aus dem Schatten, und ihre Schritte klangen gedämpft von dem Schnee. Der Mondschein erhellte beide Gesichter, aber Tryss sah nur eines. Drilli, eingewickelt in einen Yern-Pelz. Sein Herz frohlockte, als er ihr Gesicht sah. Ihre Augen waren groß. Ihre Miene... zögerlich. Ängstlich.

»Bist du dir sicher...«

»... dass du das willst?«

Sie hatten dieselben Worte gemeinsam gesprochen. Drilli grinste, und Tryss stellte fest, dass er das Gleiche tat. Er trat vor und griff nach ihren Händen, dann berührte er ihr Gesieht. Sie schloss für einen Moment seliger Wonne die Augen. Er drückte seine Lippen auf ihre. Der Kuss, mit dem sie antwortete, war stark und zuversichtlich. Eine Hitzewoge durchflutete seinen ganzen Körper. Die winterliche Kühle schien sich von ihnen zurückzuziehen. Als sie sich voneinander lösten, hämmerte sein Herz, und alle Zweifel hatten sich zerstreut.

Oder ich habe vollkommen den Verstand verloren, fügte er im Geiste hinzu. Das erzählt man sich schließlich von jungen Männern.

Er wandte sich zu Sreil um. »Wohin jetzt?«

Sreil kicherte. »Wir haben es wohl eilig, wie? Ich finde immer noch, dass Ryliss der beste Mann dafür ist. Er hat sein Lager ein wenig weiter vom Offenen Dorf entfernt aufgeschlagen als alle anderen. Du weißt ja, wie diese Leute vom Tempelbergstamm sind. Furchtbar ernst und einsiedlerisch. Folgt mir.«

Tryss nahm Drillis Hand, und sie gingen hinter Sreil her durch den Wald. Es war ein weiter Weg; sie mussten um den oberen Teil des Offenen Dorfs herumwandern. Die dunklen Schatten der Bäume verschlangen das Mondlicht, und überall lag Schnee. Tryss und Drilli gerieten immer wieder ins Stolpern.

Drilli stöhnte leise.

»Was ist los?«, flüsterte er.

»Meine Füße tun weh.«

»Meine auch.«

»Hätten wir nicht fliegen können?«

»Wenn das möglich gewesen wäre, hätte Sreil es sicher vorgeschlagen.«

»Ihm tun die Füße wahrscheinlich genauso weh wie uns.« Sie verfiel in Schweigen, und einige Minuten später drückte sie seine Hand.

Imi dachte an die Frau, die sie soeben beim Gespräch mit ihrem Vater belauscht hatte. Eine Zauberin und Priesterin der Götter, die die Elai und ihr eigenes Volk als Verbündete sehen wollte – was ein anderes Wort für Freunde war. Sie klang nicht wie jemand, den man fürchten musste.

Imi nickte. »Das glaube ich auch, Teiti.«

Die Mondsichel war wie ein fröhliches, weißes Lächeln. Als Tryss sie das erste Mal gesehen hatte, hatte er unwillkürlich denken müssen, dass es ein gutes Omen sei. Jetzt, mehrere Stunden später, wirkte die bleiche Sichel eher wie ein höhnisches Grinsen.

Oder eine mörderische Klinge, dachte er. Er stieß den Atem aus, dann schüttelte er den Kopf. Abergläubischer Unsinn. Es ist bloß ein großer Felsen in dem gefrorenen Wasser des oberen Himmels. Nicht mehr, nicht weniger.

»Ich glaube es nicht. Er geht die ganze Zeit auf und ab. Der ruhige, ernste Tryss läuft auf und ab.«

Tryss zuckte zusammen, als er die Stimme hörte. »Sreil!«, flüsterte er. »Was ist passiert?«

»Nichts«, antwortete der ältere Junge. »Ich habe nur ein wenig länger als erwartet gebraucht, um durch die Wand zu kommen.«

Zwei Gestalten traten aus dem Schatten, und ihre Schritte klangen gedämpft von dem Schnee. Der Mondschein erhellte beide Gesichter, aber Tryss sah nur eines. Drilli, eingewickelt in einen Yern-Pelz. Sein Herz frohlockte, als er ihr Gesicht sah. Ihre Augen waren groß. Ihre Miene... zögerlich. Ängstlich.

»Bist du dir sicher...«

»... dass du das willst?«

Sie hatten dieselben Worte gemeinsam gesprochen. Drilli grinste, und Tryss stellte fest, dass er das Gleiche tat. Er trat vor und griff nach ihren Händen, dann berührte er ihr Gesieht. Sie schloss für einen Moment seliger Wonne die Augen. Er drückte seine Lippen auf ihre. Der Kuss, mit dem sie antwortete, war stark und zuversichtlich. Eine Hitzewoge durchflutete seinen ganzen Körper. Die winterliche Kühle schien sich von ihnen zurückzuziehen. Als sie sich voneinander lösten, hämmerte sein Herz, und alle Zweifel hatten sich zerstreut.

Oder ich habe vollkommen den Verstand verloren, fügte er im Geiste hinzu. Das erzählt man sich schließlich von jungen Mauern.

Er wandte sich zu Sreil um. »Wohin jetzt?«

Sreil kicherte. »Wir haben es wohl eilig, wie? Ich finde immer noch, dass Ryliss der beste Mann dafür ist. Er hat sein Lager ein wenig weiter vom Offenen Dorf entfernt aufgeschlagen als alle anderen. Du weißt ja, wie diese Leute vom Tempelbergstamm sind. Furchtbar ernst und einsiedlerisch. Folgt mir.«

Tryss nahm Drillis Hand, und sie gingen hinter Sreil her durch den Wald. Es war ein weiter Weg; sie mussten um den oberen Teil des Offenen Dorfs herumwandern. Die dunklen Schatten der Bäume verschlangen das Mondlicht, und überall lag Schnee. Tryss und Drilli gerieten immer wieder ins Stolpern.

Drilli stöhnte leise.

»Was ist los?«, flüsterte er.

»Meine Füße tun weh.«

»Meine auch.«

»Hätten wir nicht fliegen können?«

»Wenn das möglich gewesen wäre, hätte Sreil es sicher vorgeschlagen.«

»Ihm tun die Füße wahrscheinlich genauso weh wie uns.« Sie verfiel in Schweigen, und einige Minuten später drückte sie seine Hand.

»Tut mir leid. Wie romantisch von mir, mich in meiner Hochzeitsnacht über schmerzende Füße zu beklagen.«

Er lachte leise. »Wenn du willst, werde ich dir später eine höchst romantische Fußmassage zuteilwerden lassen.«

»Hmh. Ja, das würde mir gefallen.«

Als zwischen den Bäumen vor ihnen eine Laube sichtbar wurde, schlug eine Woge der Erleichterung über Tryss zusammen. Sreil wies sie an zu warten, während er feststellen wollte, ob Sprecher Ryliss allein war. Während Sreil auf den Eingang der Laube zuging, wurde Tryss langsam flau im Magen. Dann erschien ein Schatten in der Tür. Der Vorhang wurde beiseite gezogen, und Sreil drehte sich um und winkte sie zu sich. Drilli hielt seine Hand fest umschlungen, während sie auf die Laube zueilten. Direkt vor der Tür blieben sie stehen. Sprecher Ryliss, dessen Augen von buschigen, grauen Brauen überschattet waren, musterte sie nachdenklich, bevor er die Hand hob.

»Kommt herein.«

Sie folgten ihm in den Raum. Auf einer Seite brannte ein Feuer, dessen Rauch zu einem Loch im Dach aufstieg. Die Wärme war ihnen höchst willkommen. Ryliss deutete auf einige zu Sitzbänken gestaltete Holzscheite, und sie nahmen Platz, während er sich in einem Hängemattenstuhl niederließ.

»Ihr beide wollt heute Abend also heiraten«, sagte er. »Das ist keine Kleinigkeit. Seid ihr euch wirklich sicher?«