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Ratgeber, dachte Tryss. Genau wie ich.

Eine in sich gekehrte Frau in einem vielfarbigen Wams lächelte schwach, als sie ihm vorgestellt wurde. Sirri erklärte Tryss leise, dass dies eine der sagenumwobenen Traumweberinnen sei. Liedmacher deutete abermals auf Kopf und Mund. Sie ist auch eine Ratgeberin, schlussfolgerte Tryss.

Anschließend deutete Liedmacher auf sich selbst, bevor er auf die Scheide an seiner Hüfte und dann auf seinen Kopf zeigte.

Also ist er sowohl ein Krieger als auch ein Ratgeber. Es wäre sicher nützlich, während eines Krieges mit diesem Mann befreundet zu sein... Wenn da nur nicht das Sprachproblem wäre. Ich frage mich, wie lange es dauernwürde, ihre Sprache zu erlernen. Die Sprache der Siyee hatte sich aus der eines Landgehers entwickelt, daher würde das Unterfangen vielleicht nicht allzu schwierig sein. Einige Wörter waren vielleicht dieselben oder wiesen zumindest eine gewisse Ähnlichkeit auf.

Plötzlich wandten die Landgeher sich von ihm und Sirri ab. Tryss konnte jedoch nicht an ihnen vorbeischauen, um den Grund für ihre Unaufmerksamkeit zu erkennen. Dann traten Anführer wie Ratgeber gleichermaßen zurück, und die Weißen erschienen. Es waren beeindruckende Gestalten. Fünf gutaussehende Männer und Frauen, alle in Weiß gekleidet. Der Mann, der jetzt das Wort an die Menge richtete – Juran -, begrüßte sie mit ernster, aber freundlicher Stimme. Auraya fing Tryss’ Blick auf und lächelte. Juran wandte sich an Sirri. »Willkommen, Sprecherin Sirri -und dies ist Tryss, der Erfinder, nicht wahr?«, sagte er in der Sprache der Siyee.

Tryss spürte, wie ihm die Hitze ins Gesicht schoss. Er war sich nicht sicher, was er diesem mächtigen, ehrfurchteinflößenden Mann erwidern sollte. Auraya lachte leise.

»Ja, das ist Jäger Tryss.« Sie fügte einige Worte in der Sprache der Landgeher hinzu, und Tryss begriff, dass sie übersetzte. Er seufzte vor Erleichterung, als ihm klar wurde, dass seine Ängste unbegründet waren. Wenn Juran und Auraya alles übersetzten, würde der Kriegsrat nicht vollkommen unverständlich für ihn sein.

Er beobachtete, wie die Weißen die Anführer und ihre Ratgeber in das Zelt geleiteten. Der Mann, der Vermittler Meeran genannt wurde, blieb unmittelbar vor dem Eingang stehen. Auraya winkte Sirri zu sich, die hinter Vermittler Meeran in das Zelt trat. Tryss vermutete, dass dies irgendeine Bedeutung haben musste. Falls sich die Gelegenheit bot, würde er Auraya später danach fragen. Im Zelt befand sich ein großer Tisch, der zu hoch war, als dass Tryss hätte erkennen können, was sich darauf befand. Alle bis auf die Weißen gingen zu den Stühlen, die im Kreis entlang der Wände des Zelts standen. Zwei dieser Stühle waren leer. Als Auraya ihnen bedeutete, dort Platz zu nehmen, runzelte Tryss die Stirn. Die Stühle waren für die Körpergröße von Landgehern gefertigt worden, und die Sitzflächen reichten Tryss bis zur Brust.

Sie hätten kleinere Stühle für uns bereitstellen sollen, überlegte er verstimmt. Es wirkt ein wenig unhöflich...

Sirri beklagte sich jedoch nicht. Sie trat vor einen der Stühle und sprang mühelos auf die Sitzfläche. Als Tryss ihrem Beispiel folgte, war er sich der vielen Blicke bewusst, die auf ihm ruhten. Nachdem er Platz genommen hatte, stellte er fest, dass er jetzt die Oberfläche des Tisches sehen konnte.

Ah, deshalb haben sie keine kleineren Stühle für uns beschafft.

Auf dem Tisch lag ein großes Laken aus einem dünnen Stoff, auf das eine bunte, ringsum von Blau umgebene Form gemalt war. Als Tryss näher hinschaute, wuchs seine Erregung. Dies war eine Landkarte – und er hatte noch nie eine Landkarte gesehen, die so detailliert oder so groß gewesen war. Die Karte zeigte den gesamten Kontinent Nordithania.

Als Nächstes versuchte er herauszufinden, wo Si lag. Schließlich begriff er, dass die Linien, die wie ein auf dem Kopf stehendes V ausahen, Berge sein sollten. Der Anführer der Weißen, Juran, begann zu sprechen, und Auraya schob sich zwischen Tryss’ und Sirris Stuhl.

»Er sagt, dass wir zuerst darüber reden werden, auf welche Weise die Siyee uns vor und während der Schlacht unterstützen können«, murmelte sie. »Da er im Wesentlichen zu euch sprechen wird, wird er sich nach bestem Vermögen eurer Sprache bedienen, und Dyara wird für die anderen übersetzen.«

Sirri nickte. Juran wandte sich ihr zu.

»Willkommen bei der Kriegsversammlung, Oberste Sprecherin Sirri«, sagte er, wobei er die Worte langsam und bedächtig bildete. Die Frau, Dyara, übersetzte derweil leise für die anderen Anwesenden.

»Ich danke dir, Juran, Anführer der Weißen«, erwiderte Sirri. »Ich bin bestrebt, zu helfen, so gut ich nur kann.«

Er lächelte. »Genau darüber wollen wir heute Abend sprechen. Wie möchtest du deine Leute am liebsten einsetzen?«

Sirri dachte kurz nach. »Als Bogenschützen aus der Luft«, antwortete sie. »Als Augen am Himmel.«

»In der Tat, es ist auch meine Meinung, dass sie uns so am nützlichsten wären«, stimmte Juran ihr zu. »Ich halte es für unklug, euch während der Schlacht zu willkürlichen Angriffen auf unseren Feind auszuschicken. Das wäre gefährlich und würde euren Fähigkeiten nicht gerecht werden. Wir sollten jede Gelegenheit nutzen, den Feind zu überraschen, und zu Land wie in der Luft möglichst vorteilhaft zusammenarbeiten.«

»Wie könnte das erreicht werden?«, fragte Sirri.

»Unser Kriegsratgeber, Lanren Liedmacher, hat viele Vorschläge zu diesem Thema.«

Sirri sah den Mann an, der sie begrüßt hatte. »Ich freue mich darauf, sie zu hören.«

»Dann wird er seine Vorschläge jetzt darlegen. Lanren?«

Der freundliche Landgeher erhob sich von seinem Platz. Auf ein Nicken von Juran hin begann er zu sprechen. Auraya übersetzte. Tryss hörte fasziniert zu, während Liedmacher mögliche Begegnungen mit dem Feind schilderte und erklärte, auf welche Weise die Siyee dabei helfen könnten. Tryss hatte sich vorgestellt, dass die beiden Armeen in einer einzigen gewaltigen Schlacht aufeinanderprallen würden; diese sorgfältig geplanten, komplizierten Strategeme und Taktiken erstaunten ihn über die Maßen.

Der Mann hatte überraschend klare Vorstellungen von den Beschränkungen, denen die Siyee im Flug unterworfen waren. Tryss war offenkundig nicht der Einzige, der die Stärken und Schwächen seiner Verbündeten beobachtet und abgeschätzt hatte. Allerdings unterlief dem Kriegsratgeber auch ein Schnitzer, denn er ging davon aus, dass die Windverhältnisse in den Bergen die gleichen sein würden wie über den Ebenen. Ohne lange nachzudenken, unterbrach Tryss den Mann. Zu spät wurde ihm klar, was er getan hatte, und während ihm die Röte ins Gesicht stieg, verstummte er jäh.

»Sprich weiter, Tryss«, murmelte Auraya. »Nur zu. Genau deshalb sind wir hier: um einander zu korrigieren, wenn einem von uns ein Irrtum unterläuft. Besser jetzt als später, nachdem solche Irrtümer Tote auf dem Schlachtfeld gefordert haben.«

Er sah zuerst sie an, dann Sirri. Die Sprecherin nickte ermutigend, und Tryss schluckte.

»In den Bergen bewegt sich die Luft anders«, sagte er. »Manchmal ist es zu unserem Vorteil, manchmal nicht.«

Auraya übersetzte, dann ergriff Lanren Liedmacher wieder das Wort.

»Könnt ihr voraussehen, wie diese Winde sich bewegen werden?«

»Wir können nur allgemeine Schätzungen abgeben. Erst wenn wir an Ort und Stelle sind, werden wir wissen, ob die Luft sich so verhält, wie wir es erwartet haben.«

Von diesem Zeitpunkt an drehte sich die Diskussion um konkrete Einzelheiten. Sirri beteiligte sich an dem Gespräch, blickte aber oft zu Tryss hinüber, wenn die Szenarien, die Liedmacher beschrieb, sehr kompliziert wurden. Der Kriegsratgeber war voller Begeisterung, aber nach einer Weile hielt er inne und wandte sich an Juran. Auraya übersetzte.

»Wir könnten noch stunden- oder sogar tagelang darüber reden. Darf ich vorschlagen, dass wir die Erörterung in meinem Zelt fortsetzen? Jeder, der an den näheren Einzelheiten interessiert ist, wäre mir willkommen.«