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»Garmen hätte ’ne Menge zu verlieren, wenn hochwohlgeborene Leute mit ihm unzufrieden wären. Wir nicht«, bemerkte Roffin.

Cemmo wandte den Blick ab. »Das ist wahr. Aber... Ich weiß nicht. Irgendwie kommt er mir gefährlich vor.«

»Das sind bloß seine Blicke, die dir Angst machen.«

Garmen, der Besitzer der Schänke, unterzog den Fremden einer schnellen, nervösen Musterung. Der Mann trank auch nicht viel, wie Roffin bemerkte. Geiziger ausländischer Bastard.

Als Roffin seinen dritten Becher hinunterkippte, drehte der Fremde sich um und starrte ihn an. Roffin starrte unverhohlen zurück. Der Mann zog die Augenbrauen ein wenig in die Höhe. Er lächelte.

»Also, wenn sonst niemand den Mumm dazu hat.«

Cemmo runzelte die Stirn, als Roffin aufstand, sagte jedoch nichts; er glitt einfach von seinem Stuhl und folgte ihm, ein schweigsamer Helfer. Als Roffin auf den Fremden zutrat, blickten andere Gäste auf und nickten zustimmend.

Der Fremde beobachtete ihn mit scheinbarer Sorglosigkeit. Roffin beugte sich über den Mann, wobei er seine massige Statur zu seinem Vorteil nutzte.

»Du bist hier am falschen Ort«, erklärte er ihm. »Die richtige Schänke für dich findest du auf der anderen Seite der Straße. Oben in der Stadt.«

Der Fremde verzog die Lippen zu einem Lächeln. »Mir gefällt es hier«, antwortete er mit einer tiefen, von einem eigenartigen Akzent gezeichneten Stimme.

Roffin richtete sich auf. »Uns gefällt es aber nicht, dass du hier bist. Geh und starr deinesgleichen an.«

»Ich bleibe.« Der Mann deutete auf den Stuhl ihm gegenüber. »Du bleibst. Wir trinken.«

»Du trinkst anderswo«, knurrte Roffin. Er streckte die Hände nach den Schultern des Fremden aus. Der Mann kniff die Augen zusammen, rührte sich jedoch nicht. Mit einem Mal spürte Roffin, wie sengende Hitze seine Finger umschloss. Er riss die Hand weg, fluchte und starrte seine gerötete Haut an. »Was hast du...?«

»Du gehst«, sagte der Mann mit einem warnenden Unterton in der Stimme.

Roffin machte einige Schritte rückwärts. Der Fremde war ein Zauberer. Mit Drohungen war ihm nicht beizukommen. Cemmo sah Roffin fragend an. Als Roffin sich im Raum umblickte, wurde ihm bewusst, dass alle anderen Gäste ihn beobachteten. Hatten sie gesehen, was der Mann getan hatte? Wahrscheinlich nicht. Sie konnten nur Roffin sehen, der vor einem hochgeborenen Fremdländer zurückwich. Mit einem finsteren Stirnrunzeln machte er auf dem Absatz kehrt und schritt zur Tür hinüber.

»Ich werd mein Geld anderswo hinbringen«, murmelte er, dann verließ er den Raum und schlug die Tür hinter sich zu. Draußen angekommen, blieb er jedoch stehen; er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Cemmo war ihm nicht gefolgt. Langjährige Gewohnheit brachte ihm das Geräusch der Brandung am Fuß der Klippen unter ihm und das Pfeifen des Windes zwischen den Gebäuden ins Bewusstsein. Es würde eine raue Nacht auf dem Wasser werden.

Seine Hand pulsierte. Er blickte hinab und befand, dass er sie jemandem zeigen sollte.

Der Priester. Ja, er wird ein Heilmittel dagegen haben. Roffin drehte sich noch einmal zu der Schänke um und lächelte. Und ich bin davon überzeugt, dass Priester Waiken davon erfahren will, dass wir einen fremdländischen Spion in der Stadt haben.

12

Sich kräuselndes, wogendes Wasser erstreckte sich in alle Richtungen. Das Licht, das die aufgehende Sonne zurückwarf, formte sich auf seiner Oberfläche zu orangefarbenen Bändern. Gelegentlich trieb ein Seevogel über sie hinweg, ohne auf das Schiff oder seine Passagiere zu achten.

Als Danjin sich nach Westen wandte, konnte er verschwommen blaue Berge über einem dünnen, dunklen Streifen Land erkennen. Das Gebirge der Untergehenden Sonne zog sich an der Westküste Hanias bis zur Spiegelstraße hinauf, wo es mit dem Wasser verschmolz und eine Reihe kleiner Inselchen bildete, über die man zu den größeren somreyanischen Inseln gelangte. Den alten Geschichtschroniken zufolge hatten einige dieser Berge früher Feuer und Asche gespien. »Danjin.«

Er drehte sich überrascht um. Auraya stand selten vor dem Morgengrauen auf. Statt ihrer gewohnten, kunstvollen Frisur trug sie ihr langes Haar jetzt zu einem schlichten Zopf geflochten. Zwischen ihren Brauen stand eine Falte.

»Guten Morgen, Auraya von den Weißen«, sagte er und machte das Zeichen des Kreises. »Es ist ein wunderschöner Morgen, nicht wahr?«

Sie blickte zu der aufgehenden Sonne hinüber, aber die Falte zwischen ihren Brauen löste sich nicht auf.

»Ja. Du hast recht.« Sie sah ihn an. »Ich werde das Schiff in der nächsten Stunde verlassen. Würdest du auf Unfug aufpassen und dafür sorgen, dass Leiard unversehrt sein Quartier erreicht?«

Danjin blickte über das Deck und sah, dass vier Seeleute ein kleines Boot aus den Verankerungen nahmen, in denen es während des größten Teils der Reise geruht hatte.

»Natürlich«, antwortete er. Sie biss sich auf die Unterlippe. Er streckte die Hand aus, berührte sie jedoch nicht. »Kannst du mir erzählen, warum du abberufen wirst?«

Sie drehte sich langsam um und ließ den Blick über die Mannschaft wandern. »Ein wenig kann ich dir wohl verraten«, sagte sie leise. »Juran hat mehrere Berichte über einen pentadrianischen Priester erhalten. Es handelt sich wahrscheinlich um einen Spion, der durch Dörfer und Städte an der Nordküste Hanias reist. Juran hat Dyara ausgeschickt, um den Mann zu fangen, und mich hat er gebeten, von Norden zu kommen, um dem Pentadrianer den Fluchtweg abzuschneiden.«

Er nickte. Jetzt verstand er ihre Furcht. Ihre Ausbildung in der Verwendung ihrer Gaben hatte gerade erst begonnen. Dies könnte womöglich ihre erste feindliche Begegnung mit einem Zauberer sein.

Die Götter werden sie beschützen, sagte er sich. Und Dyara wird das Ganze wahrscheinlich in eine Lektion verwandeln, fügte er im Geiste trocken hinzu.

Ihre Lippen zuckten ein wenig, als sie seine Gedanken las. »Ich werde mit Dyara nach Jarime zurückkehren, daher wirst du für alles Weitere zuständig sein, Danjin Speer.«

»Weiß Leiard, dass du fortgehst und warum?«

Sie schüttelte den Kopf. »Erzähl ihm, was ich dir erzählt habe, aber sag den anderen nur, dass ich mich um eine Angelegenheit an der Küste kümmern müsse.«

Er nickte. »Das werde ich.«

Schweigend betrachtete sie die ferne Küstenlinie. Während sie dem Land näher kamen, kämpfte Danjin eine wachsende Angst nieder. Sie ist eine der Auserwählten der Götter, rief er sich ins Gedächtnis. Sie kann selbst auf sich aufpassen.

Dann wurde ihm klar, dass es nicht ihre Sicherheit war, die ihm Kopfzerbrechen bereitete. Sie würde vielleicht gezwungen sein, diesen Spion zu töten. Er hätte sich gewünscht, dass sie diese Bürde nicht früher als unbedingt notwendig würde tragen müssen.

Wenn Mairae nur mit uns zurückgekehrt wäre, dachte er, statt in Somrey zu bleiben, um Vorkehrungen für zukünftigen Handel und andere Delegationen zu treffen, die das Land unter den Bedingungen der Allianz aufsuchen würden. Dieser Gedanke war ihm kaum gekommen, als er wusste, dass es ein unwürdiger gewesen war. Mairae mochte voll ausgebildet sein – das vermutete er jedenfalls -, aber sie verdiente es ebenso wenig, die Bürde eines Mordes tragen zu müssen, wie Auraya es verdiente.

Die Sonne stahl sich langsam höher, und die Küste kam näher. Die dunklen Linien, die Danjin aus der Entfernung gesehen hatte, fügten sich zu einer verwitterten, schwarzen Klippe zusammen. Dicht am Rand wurde ein Gebäude mit mehreren Türmen sichtbar. Die Seeleute ließen das Boot zu Wasser, und Auraya stieg behände zu den Ruderern darin hinunter.

Danjin stützte sich auf die Reling und sah ihnen nach. Auraya saß mit durchgedrücktem Rücken da und blickte nicht zurück.

»Ratgeber Danjin Speer.«

Danjin erkannte Leiards Stimme und drehte sich zu ihm um. Er fragte sich, wie lange der Traumweber schon dort gestanden haben mochte.