Выбрать главу

»Ja, Traumweber Leiard?«

Leiard trat an die Reling und blickte zu dem Boot hinüber. »Ich vermute, Auraya wird heute nicht mit uns zusammen das Morgenmahl einnehmen.«

Danjin schüttelte den Kopf. »Nein. Sie wird sich mit Dyara treffen, um sich um einen pentadrianischen Spion zu kümmern und anschließend über Land nach Jarime zurückzukehren.«

Leiard nickte. Er beobachtete das Boot noch ein Weilchen, dann wandte er sich wieder zu Danjin um. Seine Mundwinkel zuckten leicht. »Dann sollten wir besser wieder unter Deck gehen, bevor die Kuchenoblaten kalt werden.«

Danjin kicherte. Er drehte sich von der Reling weg und folgte Leiard unter Deck. Als das Boot sich den Klippen näherte, fragte sich Auraya, wie um alles in der Welt sie sicher an Land kommen sollten. Die Wellen krachten gegen schwarzen, steilen Fels und erfüllten die Luft mit salziger Gischt. Jedes Boot, das versuchte, an dieser Stelle vor Anker zu gehen, würde zerschmettert werden, so viel war offenkundig. Die Matrosen legten sich mit aller Kraft in die Riemen und manövrierten das Boot um einen Felsvorsprung herum. Ein schmaler, mit schwarzen Steinen übersäter Sandstrand kam in Sicht. Als die Mannschaft darauf zusteuerte, stieß Auraya einen Seufzer der Erleichterung aus.

Sie hob den Blick und konnte eine gezackte, in den Felsen gemeißelte Treppe erkennen, die auf die Klippen führte. Das Boot kratzte über den Sand. Die Männer zogen ihre Ruder ein und sprangen von Bord, und als eine Welle das Boot vorwärtstrieb, zogen sie es den Strand hinauf.

Auraya erhob sich und stieg aus. Als ihre Sandalen im Sand versanken, lief ihr kaltes Wasser über die Füße. Sie bedankte sich bei den Ruderern, die das Boot zurück ins Wasser zogen, und ging auf den Fuß der Treppe zu.

Die Treppe war steil und schmal, und in der Mitte einer jeden Stufe hatte sich eine Vertiefung gebildet. Auraya stieg hinauf und war schon bald außer Atem. Je höher sie kam, desto bedrohlicher wirkte der steile Abfall zum Ufer hin. Der Wind peitschte ihre Gewänder auf, und sie fragte sich beklommen, was geschehen würde, sollte sie stürzen. Dyara hatte ihr nicht beigebracht, wie man einen Sturz überlebte. Würde ein Abwehrschild, den sie bei einem magischen Angriff benutzte, sie auch bei einem Sturz in die Tiefe retten?

Vielleicht war es besser, nicht darüber nachzugrübeln. Auraya drängte ihre Furcht entschlossen beiseite und setzte ihren Aufstieg fort. Schon bald kehrten ihre Gedanken zu der Aufgabe zurück, die Juran ihr gestellt hatte. Der Pentadrianer war in Schankhäusern gesehen worden, wo er vielleicht hoffte, Dinge belauschen zu können, die für sein Volk von Interesse wären. Seine Beschreibung passte nicht zu der des mächtigen Zauberers, gegen den Rian gekämpft hatte; dieser Mann war älter und außerdem dunkelhaarig. Dennoch konnte Auraya eine gewisse Furcht nicht unterdrücken.

Es kann nicht zwei Zauberer von solcher Stärke geben, hatte Juran ihr versichert. Möglich, dass wir alle hundert Jahre einem begegnen. Dieser Mann ist immer wieder in ärmlichen Quartieren abgestiegen. Ich bezweifle, dass seine Gaben so stark sind wie die einer Hohepriesterin.

Als sie endlich oben auf den Klippen angelangt war, stellte sie zu ihrer Überraschung fest, dass eine kleine Menschenmenge sie erwartete. An einer Seite des aus Schwarzstein gebauten Hauses am Rand der Klippen hatte sich ein Dorf angesiedelt. Ein Priester trat vor. »Willkommen in Caram, Auraya von den Weißen. Ich bin Priester Valem.«

Sie lächelte. »Vielen Dank, Priester Valem.«

Er deutete auf einen gut gekleideten Mann mit hellen Augen und grauen Strähnen im Haar. »Das ist Borean Steinmetz, unser Dorf Vorsteher.«

Sie nickte dem Mann grüßend zu, der daraufhin mit beiden Händen das formelle Zeichen des Kreises formte. Andere Dorfbewohner folgten seinem Beispiel. Auraya bemerkte, dass sie alle sehr schlicht gekleidet waren. Einer der Männer trug noch die versengte Schürze eines Metallarbeiters. Die meisten der Menschen mieden ihren Blick, während einige sie voller Ehrfurcht ansahen. Sie schenkte ihnen ein herzliches Lächeln.

»Ich bin außerdem der Besitzer des Wachhauses«, sagte Borean und deutete auf das Gebäude am Rand der Klippen. »Priester Valem hat dort ein Quartier für dich herrichten lassen.«

»Es wäre mir eine Ehre, dein Haus zu besuchen«, erwiderte Auraya. »Ich hoffe nur, dass ich dir keine Unannehmlichkeiten bereitet habe.«

»Dein Besuch macht keine Mühe«, antwortete er. Er hob die Hand zu einer höflichen Geste, und sie gingen auf das Haus zu. Der Priester trat an ihre Seite. »Ich vermiete von Zeit zu Zeit Zimmer an Reisende, daher bin ich nicht ganz unvorbereitet auf Gäste«, versicherte ihr Borean. »Aber die Annehmlichkeiten von Jarime kann ich dir nicht versprechen.«

»Weder ich noch meine Gefährtin von den Weißen führen ein luxuriöses Leben. Ist das Haus sehr alt?«

Sie brauchte kein Interesse zu heucheln, als er ihr die lange Geschichte des Gebäudes erzählte. Es war vor vielen hundert Jahren von einem seiner Vorfahren errichtet worden und diente seither als Wohnhaus und auch als Wachturm, um die Dorfbewohner im Falle eines Angriffs vom Meer her vorzuwarnen.

An der Tür angekommen, hielt Auraya inne, um den Dörflern für ihre Begrüßung zu danken. Dann bat sie Borean, sie durch das Haus zu führen, wobei der Priester ihnen schweigend folgte. Das Innere war nicht besonders luxuriös, aber reichlich mit Artefakten ausgestattet. Zu guter Letzt kamen sie in einen der massigen Türme, wo Borean ihr die Räume zeigte, die ihr als Quartier dienen sollten.

»Ich habe veranlasst, dass einige Frauen aus dem Dorf dir aufwarten...«

Ein lautes Krachen von unten unterbrach ihn, dann hörten sie den Schrei einer Frau und eilige Schritte. Borean und Priester Valem tauschten einen verwirrten Blick, dann entschuldigte sich der Dorfvorsteher und ging zum Eingang der Zimmerflucht. Einen Moment später tauchte ein Mann in einem braunen Reisekapas in der Tür auf und versperrte ihm den Weg. Der Mann schenkte dem Dorfvorsteher und dem Priester nur wenig Beachtung und sah stattdessen Auraya an.

Ein Kribbeln überlief sie. Der Mann hatte etwas Eigenartiges an sich. Seine Haut war bleich, aber seine Augen waren so schwarz, dass sie die Pupillen nicht erkennen konnte. Dies war jedoch nicht die Quelle der Eigenartigkeit, die ihr aufgefallen war. Sie schaute genauer hin, und als sie begriff, was es war, krampfte sich ihr Magen zusammen. Sie konnte seine Gedanken nicht lesen.

»Wer bist...?«, begann Borean.

Der Mann sah den Dorfvorsteher an. Borean taumelte rückwärts. Er stürzte schwer zu Boden und hielt sich, um Atem ringend, den Bauch. Auraya zog Magie in sich hinein und schuf hastig eine Schutzbarriere quer durch den Raum zwischen Borean und dem Zauberer. Der Dorfvorsteher kroch, immer noch nach Luft ringend, von der Tür weg. Auraya machte einen Schritt auf ihn zu, ergriff seinen Arm und half ihm auf die Füße, wobei sie den Blick nicht von dem Mann in der Tür abwandte.

»Bist du verletzt?«, fragte sie Borean leise.

»Nur... atemlos«, antwortete er heiser.

»Gibt es noch einen anderen Weg, der aus diesen Räumen hinausführt?«

Er nickte.

»Gut. Dann geh und nimm den Priester mit.« Juran, hei sie, nachdem die beiden Männer durch eine Nebentür verschwunden waren. Ja?

Der pentadrianische Spion ist hier. Jetzt schon?

Ja. Sie stärkte die Verbindung und ließ ihn den Zauberer durch ihre Augen sehen.

Was kannst du aus seinen Gedanken erfahren?

Nichts. Ich kann in seinem Geist nicht lesen. Ist das eine Fähigkeit, die man bei Pentadrianern häufig antrifft?

Das weiß ich nicht. Wir müssen diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Ich werde mich mit Dyara in Verbindung setzen.

Er hat mich eigens hier ausfindig gemacht. Es gibt keinen anderen Grund, warum er in dieses Haus gekommen sein könnte. Bist du dir sicher, dass er ein Spion ist?