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Sie brauchte nicht weit zu gehen. Ihr Quartier befand sich in einer Gasse, die von der Hauptstraße am unteren Ende der Stadt abzweigte. Hier ließ sich alles kaufen oder arrangieren: Huren, Waren vom Schwarzmarkt, Gift, eine neue Identität, die Besitztümer eines anderen, das Leben eines anderen. Die Konkurrenz war groß unter den Huren, und Emerahls Anwesenheit war schnell bemerkt und bemängelt worden. Als Emerahl ihren Platz an der Ecke der Gasse einnahm, hielt sie Ausschau nach inzwischen vertrauten feindseligen Gesichtern. Die dunkelhäutigen Zwillinge, die hinter der anderen Ecke der Gasse standen, hatten versucht, sie einzuschüchtern, um sie zu vertreiben, aber eine kleine Zurschaustellung ihrer Gaben hatte ihrem Treiben schnell ein Ende gemacht. Das junge Mädchen mit der spitzen Nase, das auf der anderen Seite der Straße stand, hatte versucht, sich mit ihr anzufreunden, aber Emerahl hatte sie abgewiesen. Sie würde nicht lange genug hier sein, um Freunde zu brauchen, und sie hatte nicht die Absicht, ihre Freier oder ihr Einkommen mit einer anderen Frau zu teilen.

Ein kühler Nieselregen setzte ein. Emerahl zog Magie in sich hinein und formte sie zu einer Barriere über ihrem Kopf. Sie bemerkte, dass die dunkelhäutigen Zwillinge unter einer Fenstermarkise Schutz suchten. Eine der Frauen wölbte die Hände, und ein rotes Licht sickerte zwischen ihren Fingern hervor. Die andere schlang die Hände um die ihrer Schwester.

Auf der Straße gegenüber wurde das spitznasige Mädchen schnell nass, und die Feuchtigkeit verwandelte sie von einer jungen Frau in ein zerzaustes Kind. Zu Emerahls Erheiterung lockten die durchnässten Kleider des Mädchens einen Freier an. Als die beiden kurz darauf verschwanden, nickte Emerahl zufrieden. Obwohl sie die Freundschaft des Mädchens nicht wollte, fühlte sie sich diesen Straßenhuren doch so weit verbunden, dass es sie bekümmerte, es mitansehen zu müssen, wenn sie Krankheiten förmlich herausforderten.

Es regnete inzwischen heftiger. Die wenigen Fußgänger, die noch unterwegs waren, hatten kaum einen Blick für die Straßenmädchen übrig. Emerahl beobachtete, wie zwei junge Männer breitbeinig auf der gegenüberliegenden Seite der Straße entlanggingen. Einer der beiden blickte zu ihr hinüber, dann stieß er seinem Gefährten in die Rippen. Jetzt schaute auch der andere in ihre Richtung, aber bevor er sie entdecken konnte, versperrte ihnen etwas die Sicht.

Emerahl musterte den geschlossenen Wagen, der vor ihr stehen geblieben war, mit einem Stirnrunzeln. Dann sah sie, dass der Mann sie durch eine Öffnung in den Vorhängen beobachtete. Nicht mehr ganz jung, stellte sie fest, aber gut gekleidet. Sie lächelte. »Sei mir gegrüßt«, sagte sie. »Suchst du nach etwas?«

Er kniff die Augen zusammen, und ein schiefes Lächeln spielte um seine Lippen. »Das tue ich in der Tat.«

Sie schlenderte zu dem Wagen hinüber. »Etwas, bei dem ich dir helfen kann?«, murmelte sie.

»Vielleicht«, erwiderte er. »Ich suche nach ein wenig Gesellschaft. Nach einem anregenden Gespräch.«

»Ich kann dir sowohl das eine als das andere bieten«, entgegnete sie.

Er lachte, dann wanderte sein Blick zu dem magischen Schild über ihr. »Eine nützliche Gabe.«

»Ich besitze viele nützlichen Gaben«, sagte sie verschlagen. »Einige sind nützlich für mich, andere könnten nützlich für dich sein.«

Seine Augen wurden schmal, obwohl sie nicht sicher war, ob sie dies als Warnung oder als Einladung auffassen sollte. »Wie heißt du?«

»Emmea.«

Die Öffnung in den Vorhängen des Plattans wurde breiter. »Steig ein, Emmea.«

»Das wird dich etwas kosten. Ich verlange mindestens...«

»Steig ein, und wir werden den Preis im Trockenen aushandeln.«

Sie zögerte kurz, dann zuckte sie die Achseln und kletterte in den Wagen. Wenn er ihr eine zu geringe Summe anbot oder Ärger zu machen drohte, konnte sie mühelos ihre Gaben benutzen, um sich zu befreien. Das Schlimmste, was ihr passieren konnte, war ein Spaziergang im Regen, und während sie sich neben ihm in die weichen Kissen auf der Sitzbank sinken ließ und die goldenen Ringe an den Fingern ihres Kunden betrachtete, wurde ihr klar, dass sich das Risiko lohnte.

Der Mann rief dem Fahrer etwas zu, und der Plattan setzte sich ruckartig in Bewegung. Emerahl musterte ihren Kunden, der ihren Blick gleichmütig erwiderte.

»Dreißig Ren«, sagte er. Ihr Herz setzte einen Schlag aus. Sehr großzügig. Vielleicht konnte sie den Preis noch weiter in die Höhe treiben. Sie heuchelte Geringschätzigkeit.

»Fünfzig.«

Er schürzte die Lippen. Sie begann, die Bänder ihrer Tunika zu lösen. Er verfolgte jede Bewegung ihrer Finger. »Fünfunddreißig«, erhöhte er sein Angebot. Sie schnaubte leise.

»Fünfundvierzig.« Lächelnd beobachtete er, wie sie das Tuch ihrer Tunika auseinanderzog und ihren Körper enthüllte. Sie lehnte sich in den Kissen zurück und sah, wie das Verlangen in seinen Augen sich vertiefte, während sie ihre Hände über ihren Leib gleiten ließ, von den kleinen Brüsten bis hinunter zu dem feinen Dreieck roter Haare an ihren Lenden.

Er atmete heftiger und schaute ihr in die Augen. »Heybrin wird dich nicht vor Krankheiten schützen.«

Der Geruch des Krauts war ihm also nicht entgangen. Sie lächelte dünn. »Ich weiß, aber die Männer glauben mir nicht, wenn ich ihnen erzähle, dass meine Gaben mich schützen können.«

Seine Mundwinkel zuckten. »Ich glaube dir. Wie klingen vierzig Ren?«

»Also gut, vierzig«, stimmte sie zu, bevor sie über die Sitzbank rutschte und nach dem Verschluss seiner elegant geschneiderten Hose griff.

Er beugte sich vor und strich ihr mit der Zungenspitze über den Hals bis zu den Brustwarzen hinunter, dann spürte sie die liebkosende Berührung seiner Finger in ihrem Schamhaar. Lächelnd tat sie so, als errege sie seine Zärtlichkeit; sie hoffte nur, dass er nicht glaubte, sie werde auf ihren Lohn verzichten, wenn auch er ihr ein wenig Vergnügen bereitete.

Sie wandte ihre Aufmerksamkeit seinem Körper zu, und schon bald interessierte er sich mehr für seine eigene Lust. Sobald er in ihr war, folgte sie den Instinkten ihres Körpers, um sich seinen Bewegungen anzuschließen, und konzentrierte ihren Geist gleichzeitig auf seinen. Gefühle, größtenteils Verlangen, wehten ihr entgegen wie Rauch. Sie wurde langsam besser darin, solche Regungen aufzufangen.

Seine Bewegungen wurden drängender, dann gab er sich seufzend seinem Höhepunkt hin. Wie die meisten Männer zog er sich nach nur einer winzigen Pause wieder zurück. Emerahl ließ sich in die Kissen sinken. Das ist eindeutig besser als eine harte Steinmauer in meinem Rücken.

Als sie zu ihm aufblickte, stellte sie fest, dass er sie neugierig betrachtete.

»Warum arbeitet eine schöne junge Frau wie du auf der Straße, Emmea?«

Mit Mühe gelang es ihr, ihre Züge zu beherrschen. »Geld.«

»Ja, natürlich. Aber was ist mit deinen Eltern?«

»Sie haben mich rausgeworfen.«

Er zog die Augenbrauen hoch. »Was hast du getan?«

»Du meinst, mit wem – ›mit wem habe ich es getan?‹«, antwortete sie leichthin. »Oder mit wem habe ich es nicht getan? Ich schätze, ich war von Anfang an für diese Arbeit bestimmt.«

»Gefällt es dir?«

Sie musterte ihn kühl. »Meistens«, log sie. Er lächelte. »Wie kommt es, dass du über Heybrin Bescheid weißt?«

Sie zögerte kurz, um sich auf die Bewegungen des Plattans zu konzentrieren. Der Wagen fuhr noch immer ziemlich langsam. Sie konnten nicht weit gekommen sein, aber je länger der Mann redete, desto weiter würden sie sich von der Hauptstraße entfernen. Versuchte er, sie einzuschüchtern, damit sie auf ihren Lohn verzichtete, nur um ihm zu entkommen? Nun, das würde bei ihr nicht funktionieren.

»Ich... meine Großmutter wusste eine Menge über Kräuter und Magie. Sie hat mich diese Dinge gelehrt. Mutter sagte, sie hätte mir nicht beibringen dürfen, wie man Babys verhindert, bis ich verheiratet war, aber...« Emerahl lächelte schief. »Meine Oma kannte mich besser.«