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Sirri hob die Arme. »Volk der Berge. Stämme der Siyee. Wir, die Sprecher, haben euch heute Abend hierhergerufen, um die Worte Aurayas von den Weißen zu hören, einer der Auserwählten der Götter. Wie ihr wisst, ist sie zu uns gekommen, um mit uns über eine Allianz zwischen den Siyee und den Zirklern zu reden. Heute Abend werden wir ihre Worte hören und unsere Gedanken zum Ausdruck bringen. In sieben Tagen werden wir wieder zusammenkommen, um unsere Entscheidung zu treffen.«

Sirri wandte sich zu Auraya um und winkte sie zu sich heran. Auraya trat neben die Frau und blickte auf das Volk von Si hinab. Seit ihrer Ankunft war es nicht notwendig gewesen, ihre Gedanken zu lesen, um sich ein Bild von ihren Zweifeln und Hoffnungen zu machen. Sie hatten sie offen ausgesprochen. Jetzt ließ Auraya ihren Geist über den der Siyee gleiten.

Sie waren zögerlich, davon überzeugt, dass eine Strafe ihrer harrte, ob sie einer Allianz nun zustimmten oder nicht. Sie waren ein furchtsames Volk, das nur selten Zuflucht zur Gewalt nahm. Außerdem waren sie ein stolzes Volk. Obwohl sie nicht in einen Krieg ziehen wollten, in dem wahrscheinlich viele von ihnen umkommen würden, wollten sie doch ihren Nutzen unter Beweis stellen. Dieser Stolz war es, an den sie jetzt anknüpfen musste.

»Volk von Si, Huans Schöpfung, ich bin auf eure Einladung hin in euer Land gekommen, um mehr über euch zu erfahren, um euch etwas von meinem eigenen Volk zu erzählen und die Möglichkeit einer Allianz zwischen uns zu erkunden. Ich habe viel über euch erfahren und euch für eure Zähigkeit und eure friedliebende Natur schätzen gelernt. Ich bin nicht länger unvoreingenommen – es ist mir ein Herzensanliegen, eine Verbindung zwischen meinem Volk und eurem herzustellen. Ich bin entsetzt über die große Zahl von Siyee, die durch die Hände von Landgehern gestorben sind. Außerdem kann ich viele Möglichkeiten erkennen, wie wir einander durch Handel und einen Austausch von Wissen bereichern können. Ich ertappe mich immer wieder bei dem eigensüchtigen Gedanken, dass eine Allianz ein wunderbarer Vorwand wäre, um meine Pflichten als Weiße zu vernachlässigen und häufiger als notwendig nach Si zu reisen.«

Diese Worte zauberten ein Lächeln auf viele Gesichter. Auraya hielt inne, dann wurde ihre Miene ernst.

»Eine Allianz erfordert eine Übereinkunft in verschiedenen Dingen, und das erste dieser Dinge, das ich ansprechen werde, ist der Krieg. Wenn wir, die Weißen, mit euch die Übereinkunft treffen, eure Länder zu schützen, können wir dem Eindringen von Siedlern ohne Blutvergießen ein Ende machen, indem wir vom torenischen König fordern, Maßnahmen zu ergreifen, die solche Dinge in Zukunft verhindern. Für eine solche Hilfe unsererseits erbitten wir von euch das Versprechen, uns ebenfalls zu helfen, sollten wir oder unsere Verbündeten durch Eindringlinge bedroht werden.«

Sie sah viele grimmige Gesichter und nickte. »Ich weiß, ihr glaubt nicht, dass ihr in einem Krieg von großem Nutzen sein könnt. Es wäre ebenso lächerlich, wollten die Siyee sich in einen Mann-gegen-Mann-Kampf gegen Landgeher einlassen, wie es lächerlich wäre, wenn ich etwas Derartiges tun wollte. Meine Stärke liegt in der Zauberei, eure im Flug. Eure Fähigkeit zu fliegen macht euch zu besseren Spähern, als wir sie bisher je gehabt haben. Ihr könnt über die Positionen und Bewegungen feindlicher Truppen Meldung machen und vor Fallen und Hinterhalten warnen. Ihr könnt kostbare, kleine Gegenstände tragen und abliefern – Heilmittel oder Verbände für die Verwundeten, Nachrichten an Kämpfer, die keinen Priester haben, der ihnen unsere Befehle übermitteln könnte.«

Inzwischen waren die Siyee fast alle eines Geistes. Sie hatten gut auf ihre Worte reagiert, einige mit Begeisterung, andere mit der vorsichtigen Anerkennung der Tatsache, dass sie recht hatte. Sie nickte leicht.

»Es ist schwer, etwas von euch zu verlangen, das euren Familien eines Tages Tod und Kummer bringen könnte, geradeso, wie es schwer sein wird, sollte ich jemals die Söhne und Väter meines eigenen Volkes bitten müssen, für unsere Verteidigung in den Kampf zu ziehen. Ich hoffe, dass ich den Tag niemals erleben werde, da eine Bedrohung von außen uns zu so schrecklichen Entscheidungen zwingen wird.

Dann mögt ihr euch noch die Frage stellen, wie diese Allianz eurem Volk in Zeiten des Friedens zugutekommen wird. Wir können euch Handel, Wissen und Zugang zu der zirklischen Priesterschaft anbieten. Viele von euch bezweifeln, dass ihr irgendetwas von Wert hättet, das sich verkaufen ließe. Das ist nicht wahr. Ihr stellt einzigartige Dinge her, die außerhalb von Si sowohl von praktischem als auch von künstlerischem Wert wären. Ihr habt Vorkommen von Mineralien, die abgebaut werden könnten. Ihr besitzt seltene Pflanzen, die heilende Eigenschaften haben. Selbst die weichen Decken in der Laube, die ihr für mich gebaut habt, würden in Jarime einen hohen Preis erzielen. Und das sind nur die Güter, die mir in den wenigen kurzen Wochen meines Aufenthalts hier aufgefallen sind. Ein erfahrener Händler würde noch viel mehr entdecken.

Dann wären da noch die Vorteile, die ein Austausch von Kultur und Wissen grundsätzlich mit sich bringt. Wir können viel voneinander lernen. Eure Methoden, zu herrschen und Konflikte zu lösen, sind einzigartig. Die Priesterschaft der Zirkler kann eine Ausbildung in der Heilkunst und der Zauberei anbieten. Als Gegenleistung können wir euch nur bitten, eure Kenntnisse auf dem Gebiet des Heilens mit uns zu teilen, damit wir unseren jeweiligen Völkern besser helfen können.«

Auraya hielt inne und ließ ihren Blick über die vielen hundert Gesichter wandern. »Ich hoffe, dass unsere Länder sich in Freundschaft und Respekt und zum beiderseitigen Wohl vereinen werden. Vielen Dank, dass ihr mir zugehört habt, Männer und Frauen von Si.«

Sie trat vom Rand des Felsvorsprungs zurück und schaute zu Sirri hinüber. Die Sprecherin nickte lächelnd, dann hob sie abermals die Arme.

»Die Sprecher werden sich jetzt mit ihren Stämmen beraten.«

Auraya sah zu, wie sich die Sprecher einer nach dem anderen in die Luft erhoben und zu ihren Stämmen hinunterglitten.

Als nur noch sie auf dem Felsvorsprung zurückgeblieben war, suchte sie einmal mehr Zugang zu den Gedanken der Siyee. Obwohl ihre Worte sie berührt hatten, waren sie natürlich immer noch vorsichtig. Die Veränderungen, von denen sie gesprochen hatte, begeisterten sie, machten ihnen aber auch Angst.

Sie sollten sich sehr genau überlegen, was sie wollen. Ihre Welt wird wahrscheinlich nie wieder dieselbe sein,auch wenn niemals Krieg ausbrechen sollte. Es würden Landgeher hierherkommen und ihre Ideen zurücklassen – sowohl gute als auch schlechte. Sie würden eine Straße nach Siyee bauen wollen, um sich die Reise zu erleichtern. Die Siyee würden sehr vorsichtig sein müssen; möglicherweise würden sie eindringende Siedler gegen habgierige, skrupellose Kaufleute eintauschen – vor allem dann, wenn sie sich dazu entschlossen, weitere Bergwerke zu eröffnen.

Ich werde dafür sorgen müssen, dass das niemals geschieht.

Es überraschte sie, wie stark ihr Bedürfnis war, die Siyee zu beschützen. Seit ihrer Ankunft waren erst wenige Wochen verstrichen. Hatten diese Leute sie so sehr in ihren Bann geschlagen?

Ja, dachte sie. Ich habe das Gefühl, hierherzugehören. Ich vergesse immer wieder, wie sehr ich mich von ihnen unterscheide, und ich wünsche mir beinahe, ich könnte auf die Hälfte meiner Gräfe zusammenschrumpfen und mir Flügel wachsen lassen.

Sie schaute zu den gewaltigen Bäumen empor, fing jedoch plötzlich einen bruchstückhaften Gedanken auf und wandte hastig den Blick ab. Dort oben war jemand. Ein Junge, der voller Angst auf den Moment wartete, da er vor der Versammlung erscheinen sollte. Auraya hatte bereits genug von Sirris Gedanken aufgefangen, um zu wissen, dass die Sprecherin für einen späteren Zeitpunkt eine Überraschung plante.

Irgendeine Art von Vorführung, ging es Auraya durch den Kopf- Etwas, von dem sie glaubt, es werde die Siyee dazu bringen, sich mit der Allianz einverstanden zu erklären.