Es blieb ihm erspart, auf die Frage antworten zu müssen, da ein anderer Siyee seine Aufmerksamkeit für sich beanspruchte. »Ist es schwer? Woraus ist es gemacht?«
Mit einem Mal war er umringt von Siyee, die alle den Wunsch hatten, das Geschirr näher in Augenschein zu nehmen. Ihre Fragen waren endlos und wurden oft wiederholt, aber Tryss zwang sich, stehen zu bleiben und sie zu beantworten. Es geht nicht nur darum, das Geschirr vorzuführen, sagte er sich. Ich muss sie dazu bringen, es selbst auszuprobieren.
Aber er wünschte sich sehnlichst, endlich fortzukommen und nach Drilli suchen zu können. Wann immer sich eine Lücke zwischen den Zuschauern auftat, hielt er nach ihr Ausschau, doch vergeblich. Sie und ihre Familie waren bereits fort.
24
Nicht lange, nachdem Danjin Aurayas Quartier betreten hatte, klopfte es an der Tür. Unfug litt derzeit an einer häufig vorkommenden Veez-Krankheit, die ihm seine gewohnte Energie raubte, und lag schlafend auf Danjins Schoß. Er schob das Tier beiseite und durchquerte den Raum, um die Tür zu öffnen. Zu seiner Überraschung stand Rian vor ihm.
»Ratgeber Danjin Speer«, sagte der Weiße. »Ich möchte mit dir sprechen.«
Danjin machte das Zeichen des Kreises. »Möchtest du hier mit mir sprechen oder lieber anderswo, Rian von den Weißen?«
Rian nickte. »Wir können ruhig hierbleiben.«
Aus der Nähe betrachtet schien Rian nicht älter als zwanzig zu sein, und Danjin musste sich stets ins Gedächtnis rufen, dass das wahre Alter des Mannes näher an fünfzig lag. Es war jedoch nicht so leicht, zu vergessen, wer Rian war. Seine ganze Haltung deutete daraufhin, dass er sich seiner Position bewusst und stolz darauf war, und im Gegensatz zu Auraya wirkte er stets ernst und förmlich. Seine Art, andere anzusehen – ohne einen Wimpernschlag -, war unheimlich.
»Es hat sich herausgestellt, dass die Beobachtungen deiner Familie, was den Verkauf von Waffen an die Pentadrianer betrifft, den Tatsachen entsprechen«, sagte Rian.
»Glaubst du, dass deine Brüder vielleicht noch andere nützliche Informationen haben könnten?«
Danjin schürzte die Lippen. »Vielleicht.« Aber ob sie sie mit mir teilen würden, das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann, fügte er im Geiste hinzu.
Rian zog die Augenbrauen hoch. »Glaubst du, sie wären bereit, als Spione für die Weißen zu arbeiten?«
Spione? Danjin wurde bewusst, dass er Rian anstarrte, und er senkte hastig den Blick.
Würden sie das tun? Er dachte darüber nach, wie sein Vater und seine Brüder auf einen solchen Vorschlag reagieren würden, und er schloss für einen Moment die Augen.
Natürlich würden sie es tun. Sie wären begeistert über diese Bestätigung ihres Werts. Es würde ihnen gefallen, nicht nur mit Waren zu handeln, sondern auch mit Informationen.
»Ich glaube, sie wären dazu bereit.« Aber du wirst deine Fähigkeiten im Gedankenlesen benutzen müssen, um sicher zugehen, dass sie dir auch alles erzählen, was sie wissen, schoss es ihm unwillkürlich durch den Kopf. Sie könnten Informationen für sich behalten, die sich zu Geld machen ließen; ebenso würden sie schweigen, wenn ihr Wissen ihre gegenwärtigen Geschäfte beeinträchtigen könnte.
Rian nickte. »Dann werde ich ein Treffen mit ihnen verabreden. Möchtest du dabei zugegen sein?«
Danjin überlegte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Meine Anwesenheit würde die Angelegenheit nur unnötig komplizieren.«
»Also gut.« Rian wandte sich der Tür zu, dann hielt er noch einmal inne. »Was weißt du über Sennon, Ratgeber?«
»Sennon?« Danjin zuckte die Achseln. »Ich habe das Land mehrfach besucht. In der Regel bin ich übers Meer gefahren, aber zweimal habe ich auch die Wüste durchquert. Ich spreche sennonisch und kenne einige Leute dort.«
»Der sennonische Kaiser hat gestern einen Bündnisvertrag mit den Pentadrianern unterzeichnet.«
Einmal mehr ertappte sich Danjin dabei, dass er Rian anstarrte, diesmal voller Entsetzen. Er erinnerte sich an Aurayas erste Begegnung mit dem Botschafter von Sennon. Der Mann hatte sie zu einem Besuch eingeladen. Es war lächerlich gewesen, zu erwarten, dass eine neue Weiße, die noch nicht ausgebildet war und sich mit ihrer Position noch nicht hatte vertraut machen können, den weiten Weg bis nach Sennon reisen würde. Vielleicht hätte einer der anderen Weißen das Land besuchen sollen. Möglicherweise hätte der Kaiser sich nicht mit den Pentadrianern verbündet, wenn man ihn rechtzeitig daran erinnert hätte, dass jenseits der Berge eine mächtige, von den Göttern unterstützte Allianz lag.
»Du denkst, wir hätten größere Anstrengungen unternehmen sollen, um uns den sennonischen Kaiser und sein Volk gewogen zu stimmen«, sagte Rian stirnrunzelnd. Danjin lächelte gequält. »Ja, aber was könnt ihr tun? Ihr seid nur zu fünft – in letzter Zeit nur zu viert. Ihr habt euch gerade erst mit Somrey verbündet, und jetzt versucht Auraya, die Si zu einer Allianz zu bewegen. Ihr hattet weder die Zeit noch die Mittel, um auch Sennon auf eure Seite zu ziehen.«
Rians Mundwinkel zuckten. »Das ist richtig. Die Kontrolle über die Zeit gehört nicht zu den Gaben, die die Götter uns verliehen haben.«
»Vielleicht werden dem Kaiser seine neuen Freunde nicht gefallen, und er wird seine Meinung wieder ändern. Ich nehme an, er wird genauso begeistert sein wie die Torener, diese schwarzen Worns kennenzulernen.«
Rians Miene verdüsterte sich. »Es sei denn, er hätte gern ein eigenes Rudel, das er ausbilden kann. Er hat allen zirklischen Priestern empfohlen, das Land zu verlassen, angeblich um ihrer eigenen Sicherheit willen.«
Danjin verzog das Gesicht. »Oh.« Er schüttelte den Kopf. »Der Kaiser hat immer behauptet, dass er keiner Religion den Vorrang vor einer anderen einräume.« Plötzlich fielen Danjin die Traumweber ein, und sofort hatte er ein schlechtes Gewissen. Auraya hatte ihn gebeten, Leiard zu besuchen, aber er war zu sehr mit der Jagd nach Gerüchten über die Pentadrianer beschäftigt gewesen, um ihrem Wunsch nachzukommen. »Meinst du, ich sollte Traumweberratgeber Leiard warnen?«
Rian zuckte die Achseln. »Das überlasse ich dir. Allen Berichten zufolge, die ich bekommen habe, dulden die Pentadrianer die Anhänger kleiner heidnischer Kulte. Nur die Zirkler verachten sie, zweifellos, weil sie wissen, dass unsere Götter real sind.«
Eifersüchtig, wie? Danjin lächelte grimmig. Wenn dies alles zu einem Konflikt führte, hatten die Zirkler zumindest diesen einen Vorteiclass="underline" Ihre Götter waren real und würden sie beschützen. Er fürchtete nur den Schaden, den die Pentadrianer im Laufe eines solchen Konflikts anrichten könnten. Im Krieg gab es immer Opfer.
Ein Leuchten war in Rians Augen getreten. Er musterte Danjin anerkennend. »Vielen Dank für deine Unterstützung, Ratgeber.«
Danjin neigte den Kopf und machte das Zeichen des Kreises. »Es freut mich, wenn ich helfen kann.«
Er folgte Rian zur Tür und öffnete sie. Der Weiße trat hindurch, dann blieb er noch einmal stehen und drehte sich um.
»Wenn ich mit deiner Familie spreche, werde ich nicht erwähnen, dass ich mich mit dir beraten habe.«
Danjin nickte dankbar. Als Rian gegangen war, schloss er die Tür. Unfug sah ihn schläfrig blinzelnd an.
»Das«, sagte er zu dem Veez, »war sehr interessant.«
Auraya öffnete die Augen. Im Raum war es dunkel, und sie konnte kaum die Wände um sie herum erkennen. Hatte irgendetwas sie geweckt?
Nun, der Versuch war nicht sehr erfolgreich. Ich habe immer noch das Gefühl, eigentlich zu schlafen...
Sie öffnete die Augen ein zweites Mal. Diesmal war die Dunkelheit absolut. Nur dass... eine vertraute Gestalt in Traumweberroben erschien. Leiard?
Hallo, Liebhaberin von Träumen; Träumerin von Liebe. Seine Lippen bewegten sich, als die Worte zu ihr herüberwehten.