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Geduld. Es gibt keinen schnellen Ausweg aus dieser Lage. Aber er musste sich auch beeilen. Er musste entscheiden, wie er seine verbleibende Kraft am besten nutzen konnte...»Danjin. Wach auf.« Eine Hand umfasste seinen Arm. Rettung! »Danjin!«

Er schreckte hoch und nahm sein Schlafzimmer wahr, die Decken, die er sich fest um den Körper – aber nicht um die Füße – geschlungen hatte, und seine Frau, die auf ihn herabblickte.

»Was ist?«

Silava richtete sich auf und stemmte die Hände in die Hüften. »Draußen ist eine Armee.«

Eine Armee? Er befreite sich aus den Decken und folgte ihr zu einem der Fenster. Von dieser Seite seines Hauses aus hatte man einen Blick auf die Hauptstraßen der Stadt. Danjin sah hinaus und riss erstaunt die Augen auf, als er in Reih und Glied marschierende Soldaten entdeckte.

Das Bild hatte etwas eigenartig Erregendes. In der Stadt waren ständig hanianische Soldaten zu sehen, sowohl in den sauberen Straßen der adligen Familien wie auch in den schäbigeren Vierteln, aber niemals fand man so viele Soldaten an einer Stelle vereint. Das rhythmische Geräusch ihrer Sandalen auf dem Pflaster klang so zuversichtlich und organisiert.

»Sie verschwenden keine Zeit«, murmelte er vor sich hin. »Womit?«

»Bei der Versammlung gestern Abend hat Juran uns mitgeteilt, dass die pentadrianische Armee Sennon erreicht und ihre Absicht erklärt habe, die Welt von den Zirklern zu befreien«, antwortete er. »Es ist so lange her, seit Hania das letzte Mal vor einer militärischen Bedrohung gestanden hat. Einige Adlige haben Zweifel geäußert, ob unsere Armee einer solchen Auseinandersetzung gewachsen sein wird. Dies wird sie eines Besseren belehren.«

Silava blickte auf die Soldaten hinab. »Wohin gehen sie?«

Er überlegte kurz. »Wahrscheinlich in den Tempel, um den Segen der Götter zu erbitten.«

»Alle gleichzeitig?«

»Gemeinsam mit den Priestern werden sie ein solches Spektakel bieten, dass unsere jungen Männer in Scharen herbeiströmen werden, um sich der Armee anzuschließen und an dem großen Abenteuer teilhaben zu können. In den anderen Ländern wird das Gleiche passieren, da sie im Grunde gar nicht anders können. Die Bedingungen ihrer Bündnisverträge mit den Weißen lassen ihnen keine Wahl.«

Sie musterte ihn nachdenklich. »Dann ist es dir jetzt also gestattet, mir all das zu erzählen?«

»Ja. Seit gestern Abend ist es allgemein bekannt.«

»Als du nach Hause gekommen bist, hast du nichts davon gesagt.«

»Du hast bereits geschlafen.«

»Neuigkeiten von solcher Wichtigkeit sind es wert, dafür geweckt zu werden.«

»Wenn man selbst so wenig Schlaf bekommt, widerstrebt es einem, einen anderen im Schlaf zu stören.«

Sie bedachte ihn mit einem vernichtenden Blick.

Er breitete die Arme aus. »Hätte es einen Unterschied gemacht, wenn du fünf Stunden früher davon erfahren hättest?«

Sie runzelte die Stirn. »Ja. Ich hätte wahrscheinlich überhaupt nicht geschlafen.« Sie seufzte. »Das heißt wahrscheinlich, dass du Auraya bei diesem großen Abenteuer begleiten wirst?«

Er blickte auf die vorbeimarschierenden Soldaten hinab. »Davon gehe ich aus, obwohl ich kein militärischer Experte bin und auch kein Soldat. Wahrscheinlich werde ich in etwa dieselben Aufgaben erfüllen wie jetzt – ein Umstand, auf den hinzuweisen mein Vater gestern Abend nicht müde geworden ist.«

Sie kicherte. »Das kann ich mir vorstellen. Hast du ihm erzählt, dass du weißt, dass sie alle für die Weißen spionieren?«

»Nein. Ich habe meine Meinung geändert. Er war so unerträglich selbstgefällig. Auraya und ich finden es amüsanter, ihn glauben zu lassen, ich wüsste nicht darüber Bescheid.«

Silava zog die Augenbrauen hoch. »Sie ist wieder da?«

Er schüttelte den Kopf, dann tippte er sich mit dem Finger an die Stirn. »Sie wollte die Reaktion der anderen Adligen und Botschafter sehen. Sie sind viel offener, wenn sie glauben, dass keiner der Weißen anwesend ist.«

Sie zögerte kurz. »Ist sie auch jetzt in deinem Kopf?«

»Nein.« Er griff nach ihrer Hand; er wusste, wie sehr es sie beunruhigte, dass Auraya durch seine Augen sehen konnte. »So ist es keineswegs. Sie übernimmt nicht die Kontrolle über meine Gedanken. Ich bin immer noch ich. Sie kann lediglich hören, was ich höre, und sehen, was ich sehe.«

Silava entzog ihm ihre Hand. »Das verstehe ich. Oder zumindest glaube ich, dass ich es verstehe. Aber es gefällt mir einfach nicht. Woher soll ich wissen, ob sie mich gerade beobachtet oder nicht?«

Er kicherte. »Sie ist sehr diskret.«

»Das klingt so, als sei sie deine Geliebte.«

»Bist du etwa eifersüchtig?«

Sie rückte von ihm ab und vermied es, ihm in die Augen zu sehen. »Bilde dir nur nichts ein.«

Er folgte ihr lächelnd aus dem Raum. »Ich denke, mein Gefühl trügt mich nicht. Meine Frau ist tatsächlich eifersüchtig auf Auraya von den Weißen.«

»Ich... sie verbringt mehr Zeit mit dir als ich.« Er nickte. »Das ist wahr. Sie bekommt all die trockenen Informationen über Gebräuche, Politik und juristische Angelegenheiten, von denen ich weiß, dass du sie so faszinierend findest. Ist es das, was du vermisst? Soll ich dir von den Gesetzen erzählen, die der König von Genria vor fünfzig Jahren erlassen hat? Oder möchtest du etwas über die vielen Traditionen und Rituale wissen, mit denen die hohen Gesellschaftskreise von Sennon dem Teho huldigen?«

»Diese Dinge interessieren dich wahrhaftig mehr als alles andere«, erwiderte sie. Er hielt sie an der Hand fest und drehte sie zu sich herum. »Das mag die Wahrheit sein, aber alles andere, was ich habe, gehört dir. Meine Freundschaft, mein Respekt, meine Kinder, sogar mein Körper – obwohl du in dieser traurigen, vernachlässigten Gestalt wahrscheinlich nicht viel Lohnendes entdecken kannst.«

Ihre Lippen wurden schmal, aber an den feinen Fältchen, die sich um ihre Augen herum bildeten, konnte er erkennen, dass seine Worte sie freuten.

»Wenn ich nicht den Verdacht hätte, dass du mich soeben vom Gegenteil überzeugen wolltest, wäre ich ein größerer Narr als du«, sagte sie.

Er grinste. »Könntest du nicht meinetwegen wenigstens so tun, als seist du eine Närrin?«

Sie löste sich von ihm und ging auf die Tür zu. »Ich habe keine Zeit dafür, und mein Mann hat wahrscheinlich noch eine Menge weiterer trockener Informationen, die er eilends seiner Herrin übermitteln muss.«

Er seufzte laut. »Wie soll ich nur damit leben, dass die Welt solche Dinge von mir denkt?«

Als sie die Tür erreicht hatte, drehte sie sich noch einmal um und lächelte. »Ich bin davon überzeugt, es wird dir gelingen.«

Wenn Auraya nicht gewusst hätte, dass es nur ein kleiner Teil der Bevölkerung von Si war, der jetzt im Offenen Dorf auf sie wartete, hätte sie geglaubt, das ganze Volk sei zusammengekommen, um sie zu verabschieden. Die meisten von ihnen hatten sich unter dem Felsvorsprung versammelt, auf dem die Sprecher während der beiden Versammlungen gestanden hatten. Andere hockten in den Zweigen der riesigen Bäume zu beiden Seiten. Wieder andere zogen am Himmel ihre Kreise und warfen durch ihre ständigen Bewegungen verwirrende Schatten auf den Boden.

Als Auraya zwischen den Bäumen hervortrat, wandten sich ihr alle Gesichter zu, und ein schrilles Pfeifen setzte ein. Das war ihre Art, ihren Beifall zu bekunden. Sie lächelte ihnen allen zu.

»Ihr seid ein so freundliches Volk«, sagte sie zu Sirri. »Ich wünschte, ich hätte noch ein Weilchen länger bleiben können.«

Die Sprecherin lachte leise. »Sei vorsichtig, Auraya. Obwohl wir dich gern bei uns behalten würden, wissen wir doch, wie wichtig du für Nordithania und für unsere eigene Zukunft bist. Wenn es dir hier zu gut gefiele, müssten wir vielleicht aufhören, so nett zu dir zu sein.«

»Es würde eine Menge dazugehören, meine Meinung über dich und dein Volk zu ändern«, erwiderte Auraya.