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«Nun, bei meiner Ehre, «sagte Graf Crevecoeur, «das ist doch zu frech von solch einem unwürdigen Abenteurer!«—»Nennt ihn nicht so, Crevecoeur, «sagte Dunois,»ich habe guten Grund, seine Ritterlichkeit zu verbürgen — besonders in Beziehung auf diese Dame.«—»Ihr macht Worte um nichts, «sagte Isabelle, indem sie vor Scham und Unwillen errötete,»es ist ein Brief von meiner unglücklichen Muhme. Sie schreibt heiter, obgleich ihre Lage schrecklich sein muß.«—»Laßt hören, was die Ebersbraut schreibt!«sprach Crevecoeur.

Gräfin Isabelle las den Brief, worin ihre Muhme willens zu sein schien, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und sich über die Eilfertigkeit ihrer Vermählung durch das Glück zu trösten, mit einem der tapfersten Männer seiner Zeit vermählt zu sein, der soeben durch seinen Mut ein Fürstentum erkämpft habe. Sie beschwor ihre Nichte, ihren Wilhelm (so nannte sie ihn) nicht nach den Berichten anderer zu beurteilen, sondern zu warten, bis sie ihn persönlich kennen lerne. Er besitze vielleicht Fehler, allein es seien doch nur solche, wie sie Charakteren, die sie immer verehrt habe, eigen zu sein pflegen. Wilhelm sei dem Weine ergeben, allein das sei ja auch der tapfere Gottfried, ihr Großvater, gewesen. Er sei etwas heftig und blutdürstig; sei dies aber nicht auch ihr Bruder Reinhold gesegneten Andenkens gewesen? Er sei derb in seinen Reden; diesen Fehler teile er aber mit den meisten Deutschen. Er sei eigensinnig und durchgreifend, allein sie glaube, daran lasse es kein Mann fehlen… Sie schloß mit der Hoffnung und Bitte, Isabelle möchte mit Hilfe des Ueberbringers dem Tyrannen von Burgund zu entrinnen suchen und an den Hof ihrer lieben Muhme nach Lüttich kommen, wo sich alle Streitigkeiten über ihre Erbfolgerechte heben ließen, wenn sie Karl Eberson heirate, — einen Bräutigam, der zwar jünger sei als die Braut, wogegen sie aber (Gräfin Hameline), vielleicht aus Erfahrung sagen könne, daß solche Ungleichheit sich weit leichter ertragen lasse, als Isabelle sich es vorstellen möchte.

Hier hielt die Gräfin inne; denn Graf Crevecoeur brach in die Worte aus:»Ei, über die verführerische Hexe! Dieser Rat riecht so ranzig wie gerösteter Käse in einer Rattenfalle! Pfui über die alte Kupplerin!«

Indem nun Isabelle den Brief ihren Freunden vorlas, hielt sie es nicht für nötig, eine Nachschrift mitzulesen, worin sie mitteilte, daß sie ihrem Manne einen Waffenrock sticke, mit den verschlungenen Wappen der Häuser Croye und von der Mark, weil sich ihr Mann aus Klugheitsgründen entschlossen habe, in dem ersten Gefechte andere in seinen Waffenrock zu kleiden und das Wappen von Orleans mit dem schiefen Balken, mit anderen Worten das von Dunois, mitzunehmen. Auf einem besonderen Stück Papier, dessen Inhalt die Gräfin ebenfalls nicht mitzuteilen für nötig fand, standen von anderer Hand folgende Worte:»Wenn Ihr nicht bald von mir hört, und zwar durch die Trompete der Fama, so schließt, daß ich gestorben, aber nicht unwürdig gestorben bin!«

Ein Gedanke, den sie bisher als unglaublich zurückgedrängt hatte, trat nun mit doppelter Lebendigkeit vor Isabellens Seele. Da es dem weiblichen Scharfsinne selten an Mitteln fehlt, so wußte sie es auch einzurichten, daß, ehe die Truppen in vollem Marsche begriffen waren, Quentin Durward von unbekannter Hand das Billett der Gräfin Hameline erhielt, mit drei Kreuzen der Nachschrift gegenüber, wo bloß folgende Worte standen:»Er, der das Wappen der Orleans nicht fürchtete, als es auf der Brust seines tapferen Eigentümers sich befand, wird sich auch nicht fürchten, wenn er es auf der eines Tyrannen und Mörders findet.«

Tausend und abertausend Mal drückte der junge Schotte diese Zeilen an seine Brust und küßte sie; denn sie zeigten ihm den Weg, wo Ehre und Liebe ihm den Lohn entgegenhielten und setzten ihn in den Besitz eines Geheimnisses, das keiner kannte, wodurch er aber denjenigen herausfinden konnte, dessen Tod allein seine Hoffnungen zu beleben vermochte.

Durward sah indessen die Notwendigkeit ein, sich betreffs der Nachricht, die ihm Hayraddin mitgeteilt hatte, ganz anders zu benehmen, da der von Wilhelm von der Mark beabsichtigte Ausfall, wenn man dagegen nicht sorgfältig auf der Hut war, die Vernichtung des gesamten Belagerungsheeres zur Folge haben konnte; so schwer war es, bei der unordentlichen Art, zu damaliger Zeit Krieg zu führen, sich gegen einen nächtlichen Ueberfall zu sichern. Nachdem er sich die Sache reiflich überlegt hatte, entschloß er sich, nur persönlich, und zwar nur beiden Fürsten zusammen die Nachricht mitzuteilen; denn er besorgte, daß ein so wohlangelegter und vielversprechender Plan den König Ludwig leicht verleiten möchte, den beabsichtigten Ueberfall eher zu unterstützen, als zu hintertreiben. Er entschloß sich daher, eine schickliche Gelegenheit abzuwarten, wo er Ludwig und Karl beisammen träfe, die aber, da sie sich nicht gern Zwang antaten, vielleicht lange auf sich warten lassen mochte. Unterdessen bewegte sich der Zug fort, und die Verbündeten betraten bald das Gebiet von Lüttich, marschierten, ohne ernstlichen Widerstand zu finden, durch das üppige Maastal und rückten vor die große, dicht bevölkerte Stadt Lüttich an. Das Schloß Schönwald war geschleift, da Wilhelm von der Mark sich mit seiner ganzen Heeresmacht in die Stadt geworfen hatte, entschlossen, ein Zusammentreffen mit der Reiterei von Burgund und Frankreich in offenem Felde zu vermeiden.

Ein Teil des burgundischen Vortrabes, in der Meinung, es brauche bloß durch die Breschen in die Stadt einzuziehen, drang mit dem Rufe:»Burgund! Burgund! Schlagt tot! Denkt an Ludwig von Bourbon!«in eine der Vorstädte. Aber im Nu brach ein starker Haufe aus der Stadt und richtete ein großes Blutbad unter ihnen an. Als Herzog Karl diese Nachricht erhielt, geriet er außer sich vor Wut und hätte sich auf der Stelle an die Spitze seiner Mannen gestellt, wenn nicht Hymbercourt und Crevecoeur ihn dringend ersucht hätten, diesen Posten eilig zu verlassen. Die beiden berühmten Anführer trieben die Lütticher alsbald zurück und machten nicht weniger als achthundert Mann Gefangene. Hymbercourt ließ, um weitere Ausfälle zu verhüten, zwei Feldschlangen vor dem Tore auffahren und kehrte dann zu dem zahlreichen burgundischen Heere zurück, das er aber in großer Unordnung traf. Das Hauptkorps und der Nachtrab desselben war nämlich fortwährend vorgerückt, indes der Vortrab infolge dieses Renkontres auf dem Rückzuge begriffen war, und so waren beide in großer Verwirrung aufeinandergestoßen. Hymbercourts Abwesenheit, dem alle Geschäfte eines Generalquartiermeisters oblagen, vermehrte noch die Unordnung: zudem brach eine rabenschwarze Nacht herein, es fiel ein starker Regen, und der Boden, auf welchem sich das Belagerungsheer notgedrungen bewegen mußte, war sumpfig und von vielen Kanälen durchschnitten. So hatte Hymbercourt bei seiner Rückkehr unglaubliche Schwierigkeiten vor sich, die ihm durch die Vorwürfe des Herzogs verbittert wurden, der die weit dringlichere Pflicht, die Hymbercourt eben zu erfüllen gehabt hatte, nicht berücksichtigen wollte; endlich machte der tapfere Krieger seinem Grolle über diese unbilligen Vorwürfe Luft, durch den verdrießlichen Ausruf:»Ich habe eben unter dem Vortrab leidliche Ordnung geschaffen, und finde nun das Hauptkorps unter Eurer Hoheit eigener Führung in einem Zustande, daß sich weder Fronte noch Flanke noch Nachtrab unterscheiden läßt.«

«Um so ähnlicher sind wir einem Fäßchen Heringe, «versetzte Narr Glorieux,»und das ist das natürlichste Bild für ein flamändisches Heer.«