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Sobald der Gottesdienst zu Ende war, verließ der alte Herr mit dem Jünglinge die Kapelle.»Es ist nicht mehr weit bis zum Dorfe, «sagte der erstere,»Ihr könnt nun Euer Fasten mit Ruhe brechen, ohne eine Sünde befürchten zu müssen. Folgt mir also!«Er wandte sich nach diesen Worten rechts und schritt einen Pfad entlang, der langsam zu steigen schien; als er ein Stück weit gegangen war, riet er seinem Begleiter, sich ja scharf in der Mitte zu halten, und als Durward fragte, warum denn das notwendig sei, gab er die Antwort:»Hm, Ihr seid nun in der Nähe des Hofes, und es ist doch eine andre Sache, ob Ihr auf königlichem Boden oder in Euren Bergwildnissen wandelt. Den Weg ausgenommen, auf dem Ihr Euch jetzt befindet, ist jeder Zoll hier ungangbar gemacht durch Schlingen und Fußangeln; sie stehen mit Sicheln im engsten Kontakt, die dem unvorsichtigen Wanderer die Beine so glatt wegsäbeln, wie eine Gartenschere die Schößlinge von den Bäumen wegputzt. Es liegen auch Eisen hier verstreut, die einem jeden, der sie berührt, die Füße durch und durch stechen; auch in Gruben könnt Ihr geraten, die tief genug sind, Euch für alle Ewigkeit zu begraben. Wie gesagt, es wird gut sein, Ihr haltet Euch dicht neben mir, denn wir wandeln jetzt auf königlicher Domäne, und werden nun bald auch die Vorderseite des Schlosses sehen,«—»Wäre ich der König von Frankreich, «erwiderte der junge Mann,»so gäbe ich mir solche Mühe mit Fußangeln und dergleichen schon lange nicht, sondern versuchte statt dessen lieber, ein so gütiges Regiment zu üben, daß keiner meiner Untertanen Ursache hätte, mir anders als in freundlicher Absicht zu nahen; und was solche Leute anbetrifft, die sich meiner Domäne ohne Fehl und Arg näherten, nun, dann sollte es mir bloß lieb sein, wenn ihrer recht viele kommen wollten.«—»Pst, Pst!«machte sein Begleiter, indem er ihn mit unruhigen Blicken musterte,»Ihr seid ein bißchen vorlaut, Patron mit der Samttasche! ich hätt Euch schon längst sagen sollen, daß hier alle Blätter sozusagen Ohren haben. Es empfiehlt sich also, die Zunge zu wahren, denn hier kommt jeder Laut im Nu zu den Ohren des Königs.«—»Was frage ich danach?«erwiderte Durward,»in meinem Halse hängt eine schottische Zunge, die sich nicht sträuben wird, dem Könige Ludwig, den übrigens Gott segnen möge! alles ins Gesicht zu sagen, was ich denke. Was aber die Ohren angeht, die, wie Ihr sagtet, hier alle Blätter haben, nun, so laßt's Euch gesagt sein, daß ich sie an einem menschlichen Kopfe schwerlich sehen könnte, ohne daß die Lust mich überkäme, sie auf der Stelle mit meinem Weidmesser abzusäbeln.«

Drittes Kapitel

Von dem Saume des Waldes, an welchem Durward mit seinem seltsamen Begleiter stehen geblieben war, um sich das königliche Schloß Plessis-les-Tours anzusehen, zog sich eine offne Esplanade, die, von einer völlig verwitterten, aber mächtig hohen Eiche abgesehen, die in ihrer Mitte stand, frei von Bäumen und Strauchwerk war, um die Festungswerke herum, hinter denen sich das eigentliche Schloß erhob. Drei Außenwälle, einer immer höher als der andre, in allen Ecken mit Türmen und Basteien gesichert, zogen sich um die Baulichkeiten desselben. Vor ihnen lag ein dreifacher Graben von annähernd zwanzig Fuß Tiefe, der durch einen Kanal aus dem Flusse Cher oder vielmehr von einem Arme desselben gespeist wurde, und dessen innerer Rand mit starken Pallisaden besetzt war, die die Stelle der» spanischen Reiter «der neuern Befestigungskunst vertraten. Diese Pallisaden waren scharf gespitzt, so daß es ein sehr schwieriges, wenn nicht gar unmögliches Stück Arbeit gewesen wäre, über sie hinweg zu steigen.

Hinter der innersten Wallmauer erhob sich das Schloß selbst mit seinen aus verschiedenen Zeitaltern stammenden Bauten, die im engen Zusammenhange standen mit dem alten, schauerlichen Kerkerbau, dem ältesten von allen, der sich wie ein schwarzer Riese in die Luft hinaufreckte, aller Fenster entbehrend und nur mit einer Reihe unregelmäßiger Schießscharten versehen, die unwillkürlich den Eindruck weckten, als ob man einem Blinden gegenüberstände. Die andern Gebäude schienen ebenso jeglicher Annehmlichkeit zu entbehren, wenigstens zeigten auch sie an ihrer Vorderfront keine Spur eines Fensters, und waren auch in dieser Hinsicht Bestandteilen eines Kerkers weit ähnlicher als eines königlichen Palastes.

Zu diesem unfreundlichen Schlosse konnte man bloß durch ein einziges Tor gelangen, das sich, wie Durward bemerkte, in der Mitte der ersten äußern Ringmauer befand, zwischen zwei hohen, dicken Türmen, den gewöhnlichen Bollwerken von Schloßportalen der damaligen und wohl auch späterer Zeiten. Dort war auch das Fallgitter und die Zugbrücke zu bemerken; ersteres niedergelassen, letzteres aufgezogen. Wer ins Schloß hinein gelangen wollte, mußte etwa 30 Ellen lang zwischen dem ersten und zweiten Walle entlang gehen; kam er als Feind, so war er den Wurfgeschossen von beiden Wällen ausgesetzt; hatte er die zweite Ringmauer passiert, so mußte er neuerdings die gerade Linie verlassen, um zu dem Portale der dritten und innersten Ringmauer zu gelangen; so daß er, bevor er den äußeren Hof, der sich längs der Vorderseite des Schlosses hinzog, erreichte, durch zwei enge, gefahrvolle Hohlwege hindurch mußte, die von Kanonen bestrichen wurden, und obendrein noch drei für die damalige Zeit außerordentlich starke Türme stürmen mußte. Durwards Staunen über alles, was sich seinen Blicken hier bot, wurde noch vermehrt durch die beispiellose Menge von Schlingen, Fußangeln und Fallgruben, auf die ihn sein Begleiter auch hier aufmerksam machte, und die dem Unglücklichen, der sich ohne Führer hierher wagte, mit Verderben drohten, wie ferner durch eine Reihe von Ausguckkäfigen auf dem Simse der Mauern, bekannt unter der Bezeichnung» Schwalbennester«, die von Schildwachen bei Tag und Nacht besetzt waren, so daß niemand ungesehen in das Schloß eindringen konnte, der nicht im Besitze der Tagesparole war, sofern er nicht Gefahr laufen wollte, von der ersten Schildwache, an der er vorbeikam, aus solchem Käfige niedergeschossen zu werden. Diese Schildwachen rekrutierten sich ohne alle Ausnahme aus den schottischen Bogenschützen der königlichen Leibwache, und erhielten für ihren angestrengten Dienst im Schlosse nicht bloß reichlichen Sold und kostbare Uniform, sondern genossen auch sonst besondere Vorteile und Ehren.

«Na, junger Mensch, «wandte sich der ältere Mann an den Jüngling,»nun sagt mir doch: habt Ihr je eine Burg gesehen, die so fest wäre wie diese hier? und glaubt Ihr, daß es Männer auf Gottes Erdboden gibt, die es auf sich nehmen möchten, sie zu stürmen?«—»Es ist ja ein ungemein festes Schloß, «erwiderte Durward, nachdem er die Bauten nochmals mit scharfen Blicken gemustert hatte,»und bewacht scheint es ja auch sehr scharf zu werden; indessen, «setzte er nach einer kurzen Pause hinzu,»dem Tapfern ist kein Ding unmöglich.«—»Gäbe es in Eurem Vaterlande, Jüngling, Leute, die sich zu solcher Unternehmung bereit finden ließen?«fragte der ältere Mann wieder, mit unverkennbarer Verachtung im Tone. — »Behaupten kann ich's nicht, «erwiderte der Jüngling,»aber in meiner Heimat fehlt's nicht an tausenden, die eine kühne Tat nicht scheuen, wenn's eine gute Sache gilt.«—»So so?«meinte der andere;»und zu der Sorte gehört Ihr wohl auch?«—»Wollte ich prahlen, wenn keine Gefahr vorhanden ist, möchte ich mich einer Sünde schuldig machen, «versetzte Durward,»aber mein Vater hat manche Tat vollbracht, zu der kein geringerer Grad von Verwegenheit gehörte; und ein Bastard bin ich meines Wissens nicht.«—»Hm, «meinte der andre wieder,»bei solchem Versuche würdet Ihr Euer Stück Arbeit und auch ein gut Teil von Landsleuten, vielleicht sogar Verwandte, finden; denn unter König Ludwigs Leibwache stehen dreihundert schottische Bogenschützen, und darunter sind Adelinge vom besten Blute Schottlands.«—»Und wenn ich König Ludwig wäre, «rief der Jüngling,»so vertraute ich mich diesen Söhnen Schottlands an, ließe Burg und Wälle niederreißen, die sumpfigen Gräben ausfüllen und versammelte meine Pairs und Paladine um mich zu prächtigen Turnieren und festlichen Mahlen, ohne mich von Feinden mehr beirren zu lassen, als vom Gesumme einer Fliege.«