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Seltsamerweise gab Zinder zu, daß es Anzeichen für eine Rückkehr zum Ruhezustand geben müßte; die Tatsache, daß man keine feststellen konnte, überzeugte ihn nicht davon, im Irrtum zu sein. Materie und Energie, einmal erschaffen, seien laut Zinder durch die Auferlegung von Naturgesetzen von außerhalb auf irgendeine Weise eingefroren worden. Diese Gesetze seien auferlegt und durchgesetzt worden und hätten unser Universum daran gehindert, das Eindringen des weißen Lochs, wie es sonst möglich gewesen wäre, ›wegzudrängen‹. Welche Kraft könne die unterstellten Gesetze auferlegen und erzwingen? hatten seine Kritiker spöttisch gefragt. Ob er meine, daß es einen allmächtigen Gott gäbe, der den Durchbruch hervorgerufen und solche Gesetze aufgestellt hätte? Metaphysik! höhnten sie.

In der Tat glaubte Zinder an einen solchen Gott und hielt sich für fähig, derjenige zu werden, der die Existenz eines solchen Wesens wissenschaftlich beweisen mochte. Von Zeit zu Zeit mußten andere weiße Löcher durchgebrochen sein; es gab physische Beweise dafür, daß das noch der Fall war. Sie wurden zum Abklingen gebracht. Weshalb nicht der Urknall der Schöpfung?

Obschon ein hochbegabter Wissenschaftler, war Zinder auch ein praktischer Mensch. Wenn die Wissenschaft ihm das Weitermachen nicht erlauben wollte, vielleicht würde es die Metaphysik tun. Finanziert von einer religiösen Stiftung, die er persönlich widerlich fand, hatte er sein Labor auf Makiva errichtet und einen auf völlig neuen, von ihm selbst entwickelten Prinzipien beruhenden, selbsttätigen Riesencomputer gebaut, mit dem einzigen Ziel, die Urenergie ausfindig zu machen, zu entdecken, warum man sie nicht sehen oder messen konnte, und wenn möglich, hinter die aufgestellten Gleichungen für jene Dinge zu kommen, die wir als wirklich betrachten — sie zu erkennen und letztlich umzuschreiben.

Tortoi Kai brauchte keine Naturwissenschaftlerin zu sein, um die Konsequenzen zu begreifen. Angenommen, einmal nur angenommen, daß Zinder recht gehabt hatte? Wenn ein Ding bis zum nten Grad analysiert werden konnte, so daß es sich als Ganzes auf die Mathematik seines Daseins zurückführen ließ, und wenn dann genug Kraft angewendet wurde, um diese Mathematik auch nur ganz gering zu verändern…

Man wäre selbst ein Gott. Man würde nach Wunsch hervorbringen können, was und wen man brauchte. Mit der Verwandlung jeder Art von Materie und Energie in beliebig anderes konnte man alles, was man wollte, haben und brauchte es nur zu verlangen. Alles.

Kai erinnerte sich plötzlich an die Markovier. Eine über die ganze Galaxis verbreitete Rasse von Wesen, vor so langer Zeit entstanden, daß sie die erste Intelligenz gewesen sein mußten, die sich nach der Schöpfungsexplosion entwickelt hatte. Sie hatten peinvolle Formationen auf seit Milliarden Jahren toten Welten hinterlassen, dagegen keinerlei kleinere, künstlich hergestellte Gegenstände. Und unter jedem ihrer Planeten befand sich eine künstliche Schicht, bis zu zwei Kilometer dick, ein rätselhafter, quasi organischer Computer, Zweck unbekannt.

Wenn Zinder recht hatte, dann mochten die Markovier keinerlei künstlich hergestellte Gegenstände gebraucht haben — ihre Nahrung, ihre Kunst, ihre Einrichtung, alles, was sie wollten, brauchten sie sich nur zu wünschen. Vielleicht gab ihnen der Computer alles, was sie begehrten.

Die Unterlagen deuteten an, daß Zinder das für die Lösung des markovischen Rätsels hielt. Er hatte sogar behauptet, unsere eigenen Welten wären von einer den Markoviern zuzuschreibenden Singularität erzeugt worden, einer Singularität von völlig anderer Form als jener im Inneren schwarzer und weißer Löcher. Der Ort, wo die Regeln aufgestellt — und durchgesetzt wurden. Eine sekundäre Singularität als Nachahmung der größeren, welche die Markovier am Dasein erhielt.

Aber die Markovier waren längst tot. Zinder glaubte, sie wären so weit gelangt, daß sie in dem Gott aufgingen, der ihr eigenes Universum geschaffen habe. Sie wären selbst Götter geworden und seien aufgefahren, um sich ihrem Vater zuzugesellen.

Richtig oder nicht, Zinders Theorien erklärten vieles. Auf jeden Fall hatte Antor Trelig, der Möchtegern-Herrscher über die Galaxis, Zinder geglaubt.

Aber irgend etwas war danebengegangen.

Binnen Stunden nach Tortoi Kais Entdeckungen befaßten sich die Wissenschaftlerteams mit dem Problem. Obwohl sie Zinders metaphysischen Theorien außerordentlich skeptisch gegenüberstanden, bewunderten sie doch seine Beherrschung exotischer, esoterischer Wissenschaften, sein offenkundiges Genie, und sie erkannten wie Kai, daß Trelig geglaubt hatte, es werde funktionieren. Jemand hoch oben war demnach überzeugt gewesen, daß es funktioniert hatte, weshalb Zinders leider unvollständige Aufzeichnungen — ja, sogar die Tatsache, daß es ihn gegeben hatte — im Geheimbereich hatten verschwinden müssen.

Die von Tortoi Kai aufmerksam gemachten Wissenschaftler besaßen Zinders Theorien und seine Mathematik, aber nicht seinen Computer — dessen Grundlagen er auf irgendeine Weise vor allen hatte geheimhalten können — und nicht die Ergebnisse irgendeines seiner Experimente.

Tortoi Kai gab sich nicht zufrieden. Trotz der Lobessprüche, mit denen man sie überhäufte, ging sie mit ihren Sorgen zu ihrem Vorgesetzten Warn Billie, einem freundlichen, erkahlenden, alten Herrn, der aufmerksam zuhörte.

»Mir gefällt das Ausmaß nicht, in dem diese Informationen begraben waren, Billie. Das ist viel zu überlegt geschehen, von jemand, der genau wußte, wie man selbst Ermittler mit guten Computern täuscht.«

»Aber ein Mann wie Trelig hätte sich diese Mühe doch ganz natürlicherweise gemacht«, wandte Billie ein.

»Nein, nicht Trelig«, erwiderte sie. »Nach allem, was ich erkennen kann, war er so fanatisch, daß es, hätte er die Hand im Spiel, keine einzige Informationsspur in den Archiven gäbe. Nein, jemand anderer, jemand von hohem Einfluß, wollte, daß die Aufzeichnungen aufbewahrt werden. Sie erschienen ihm wichtig genug, aber auch so gefährlich, daß er die Information derart tief vergrub, daß die meisten Leute niemals darauf gestoßen wären. Der Computer weigert sich, es mit dem übrigen in Verbindung zu bringen. Um auf die Informationen zu kommen, muß man genau die richtigen Fragen stellen. Ich habe an eine Kom-Polizei-Verbindung gedacht und die Archive für zehn Jahre danach mit allen vorhandenen Namen durchsucht, aber nichts gefunden.«

»Und mehr als zehn Jahre?«meinte Billie zögernd.

»Was für einen Zweck sollte das haben?«

»Versuchen wir es doch«, schlug ihr Vorgesetzter vor. »Nach Ihren Ergebnissen ist deutlich erkennbar, daß man unklaren Dingen nachspüren muß. Aber wie kann es die geben? Wir haben alles, was eingetragen wurde — aber nur bis hin zum Experiment! Also muß danach etwas geschehen sein. Warum eine öffentlich bekannte Theorie und ein nachweisbar tödliches Scheitern überhaupt vertuschen? Warum, außer das Experiment ist eben nicht gescheitert!«

»Aber… das ist unmöglich!«stieß Kai hervor. »Wir wissen —«

»Nur die Hälfte«, ergänzte er. »Also, gehen wir an die Konsole und stellen wir fest, welche Faktoren wir für die Datenkorrelation verwenden könnten.«Billie ging in sein Büro und setzte sich vor den Konsolen-Bildschirm. Kai blieb neben ihm stehen.

»Also«, sagte er. »Freie Assoziation.«

»Antor Trelig… Schwamm… New Prompeii… New Harmony… Gil Zinder… Nikki Zinder…«Sie ratterten eines der Schlüsselworte nach dem anderen herunter, und sie erschienen der Reihe nach auf dem Bildschirm. Dann nannte Billie die Namen aller Ratsmitglieder und ihrer Vertreter, die zu Treligs Vorführung eingeladen worden waren. Er bat um Korrelation mit späteren Präsidiumsposten und anderen Stellungen.