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Olympus

Olympus lag weitab der Hauptverkehrswege. Der Planet war bei der Erforschung durch die Erde sogar schon ziemlich früh entdeckt worden und hätte als grandioses Umgestaltungs-Experiment enden können, nur ermöglichte derselbe Raumantrieb, der es dem Menschen erlaubte, den Planeten zu erreichen, auch die beinahe gleichzeitige Entdeckung einer Anzahl attraktiverer und weniger kostspieliger Planeten praktisch unmittelbar hintereinander.

Der Planet besaß einen Äquatorumfang von ungefähr 32000 km, ein wenig kleiner als die alte Erde, und von der Sonne weiter abgelegen, also kälter. Die normale Lufttemperatur betrug demnach an einem Sommertag etwa 3° C, im Winter minus 18°. Geologisch gesehen, war Olympus sehr aktiv. Vulkane, größer als alles, was man auf der alten Erde je gesehen hatte, spien heiße Gase und geschmolzenes Magma in die Runde; fast auf der ganzen Welt waren Erdbeben etwas Alltägliches, obschon schwere selten vorkamen. Zu alledem war die Atmosphäre mit Sauerstoff und vielen anderen Gasen überladen. Die Luft roch ähnlich wie in der Umgebung einer großen chemischen Fabrik, gleichgültig, wo man sich aufhalten mochte, und obwohl es häufig regnete, stellte der chemische Gehalt des Regens ein Gemisch von schwachen Säuren dar, bei weitem stärker als jeder Niederschlag in und um Industriegebiete auf erdähnlicheren Welten. Die gewohnten Materialien verschlissen hier rasch; die Regenfälle sengten und reizten entblößte Menschenhaut, und die Zusatzstoffe in der Luft waren stark genug vertreten, um eine künstliche Atemzufuhr zu erfordern. Die Welt hatte ein gut angepaßtes, üppiges Pflanzenleben ebenso entwickelt wie kleinere Insekten und Meeresgeschöpfe, aber nichts besonders Kompliziertes. Die Umwelt war immer noch zu feindselig dafür.

Die Ersten Mütter, von Rätin Alaina finanziert, hatten Olympus billig erworben. Ben Yulin hatte sich zwar idealisierte Liebessklaven gewünscht, sie jedoch zu Superfrauen gemacht, die ungeheure Extreme zu ertragen vermochten. Der Techniker war Obie gewesen, und er hatte gute Arbeit geleistet. Die Ersten Mütter stellten fest, daß sie auf Olympus mühelos leben konnten; ihr Metabolismus gestattete ihnen, praktisch alles Organische zu sich zu nehmen.

Ursprünglich waren die Lebensbedingungen auf Olympus primitiv gewesen; Häuser, mit Laserstrahlern aus dem Fels herausgehauen, waren die ersten Unterkünfte, und eine Generation lang bestand die ganze Bevölkerung aus einem kleinen Stamm von Wilden, die als nackte Jäger-Sammler in einer Kultur von beinahe steinzeitartigem Zuschnitt lebten. Sie besaßen aber zwei Vorteile: ein großes, Zinsen tragendes Konto bei der Kom-Bank und ständige Verbindung mit dem Kom-Bund und seinen Hilfsmitteln.

Nach einigen Monaten entdeckten alle Kom-Mütter, daß sie schwanger waren. Bis auf zwei waren alle Kinder, die zur Welt kamen, weiblich. Erst dann wurde ihnen klar, daß sie in der Tat eine neue Rasse gründen konnten.

Man bediente sich der Klon-Technik auf anderen Welten, um für eine große und ständige Zufuhr von Frauen zu sorgen, die zur Reifezeit ungefähr im selben Alter sein würden wie die beiden Männer.

Die Mädchen wurden in dem Glauben aufgezogen, es sei ihre Pflicht, Kinder zu bekommen, solange und sooft sie dazu imstande seien, und die Bevölkerung vermehrte sich sehr rasch. Die Olympierinnen konnten schließlich sogar auf das Kloning verzichten und so die von außen kommenden Interessen abweisen, die zu beanspruchen dabei nötig gewesen war. Nun, über siebenhundert Jahre später, betrug die Bevölkerung von Olympus weit über dreißig Millionen und wuchs immer noch, obschon die Geburtenrate Jahrhunderte vorher eingeschränkt worden war.

Und alle Frauen sahen bis auf Haar- und Augenfarbe gleich aus, mit einem zusätzlichen Unterschied. Von den Ersten Müttern hatte Yulin zwei geschaffen, bevor er den dekorativen Pferdeschweif hinzufügte. Nach sieben Jahrhunderten entbehrten zehn Prozent der Bevölkerung den Schweif. Sie waren die Athenen. Die geschweifte Mehrheit hieß die Aphroditen (gesprochen ›Afrodeits‹). Sie nannten ihre Rasse die Pallas, obwohl jedermann außerhalb ihrer Kultur sie nach ihrem Planeten als Olympier bezeichnete.

Mavra Tschang näherte sich, als eine Pallas getarnt, zusammen mit Yua, die durch Obie zu ihrer Dienerin gemacht worden war, in einem olympischen Schiff dem Planeten, nachdem sie von einem konventionellen Frachter umgestiegen waren. Da die Ersten Mütter die Naivität und Verwundbarkeit ihres Frühzustandes erkannt hatten, war von ihnen der Zugang zu Olympus streng beschränkt worden. Im Laufe der Jahrhunderte hatte man die Regeln in Stein gemeißelt und immer strenger ausgelegt. Nur Olympier durften auf den Planeten. Selbst die Raumfrachter mußten Olympiern gehören und von solchen betrieben werden.

Obwohl der Planet jetzt modern und zivilisiert war, brachte er wenig Verkäufliches hervor. Die alten Bankguthaben waren jedoch in den Frachtbetrieb gesteckt worden, der auch für Kom-Welten tätig wurde. Es war zwar nur wenig bekannt, aber tüchtige Olympierinnen konnten als Kuriere, als Wachen, als private Schiffskapitäne gemietet werden. Sie waren ihren Arbeitgebern absolut treu, völlig unbestechlich, und als Superfrauen keine leichten Gegnerinnen. Auch der Tempel investierte in großem Umfang in Kom-Unternehmen; das kürzliche Wachstum hatte ihm immensen Reichtum eingebracht.

All dies entnahm Obie aus Yuas Gehirn, ebenso die linguistischen Unterschiede, kulturellen Erscheinungen und Haltungen. Mavra würde keine auffälligen Fehler begehen. Yua war jedoch keine besonders große Hilfe. Sie hatte von Anfang an Priesterin werden sollen, so daß sie wenig Berührung mit der eigentlichen Gesellschaft ihres Heimatplaneten gehabt hatte.

Beispielsweise hatte sie nie einen männlichen Olympier gesehen. Sie wußte natürlich, daß es sie gab; sexuell war sie nicht unwissend, obschon man ihre Triebe in dieser Richtung auf irgendeine Weise beschnitten hatte. Sie war zwar noch keinem von diesen Männern begegnet, vertrat aber eine sehr niedrige Meinung von dem Geschlecht im allgemeinen, die nach ihrer Ansicht wenig mehr waren als kluge Tiere, Sex-Maschinen, die für wenig anderes taugten.

Mavra und Obie fanden diese Einstellung sonderbar, behielten sich ein endgültiges Urteil aber vor. Es gab gar keinen Grund, weshalb die Männer so sein sollten. In die Biologie der olympischen Männer hatte Obie ganz gewiß keine intellektuelle Unterlegenheit einprogrammiert.

Es gab in dem kleinen, spartanischen Raumflughafen keine Zoll- oder Einwanderungs-Formalitäten; wenn man kein Olympier war, tauchte man dort erst gar nicht auf. Es gab auch keine Kaschemmen, Bars oder andere Hafeneinrichtungen — nur Landedocks für Raumfähren, Lastkahn-Docks und einen kleinen Aufenthaltsraum. Alles war modern und zweckbestimmt.

Sparta, die Hauptstadt, machte ihrem Namen Ehre — kein Schmuck, nur Funktion. Sie lag in einem großen, schüsselförmigen Tal, auf drei Seiten von schneebedeckten Berggipfeln, auf der vierten von einem seltsam beunruhigenden, dunkelroten Ozean umgeben, und man mußte es als Schande empfinden, daß sie nicht so schön war wie ihre Lage. Kantige, gedrungene Gebäude, breite Straßen mit Betonpfeilern, alles stumpfes Grau und Braun. Straßenbahnen beförderten die Bewohner ruhig und lautlos fast überallhin; die Hangbereiche wurden von Gondelliften bedient. Private Fahrzeuge schien es nicht zu geben, auch wenn auf ihren eigenen Fahrspuren viele Lastwagen hin- und herschnurrten.

Die Leute gingen auch viel zu Fuß, in jedem Stadium des Bekleidet- oder Unbekleidetseins, oft mit viel Schminke, Schmuck und allen möglichen Haar- und Schweif-Frisuren und Tätowierungen. Manche sahen aus wie alte Zirkus-Schaustücke.

Mavra verstand die überflüssige Ausschmückung sofort. Alle Olympier sahen ab dem fünfzehnten Lebensjahr gleich aus und blieben so. Sie alterten innerlich, aber nicht äußerlich, bis sie starben, gewöhnlich im Alter von rund zweihundert Jahren. Sie waren alle gleich groß, hatten genau die gleiche Stimme, alles gleich, ausgenommen Haar- und Augenfarbe, was man mit Farbstoffen oder Kontaktlinsen ändern konnte.