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»Tut mir leid, Mavra«, drang Obies Stimme zu ihr. »Ich möchte Sie nicht gegen Ihren Willen dazu drängen.«

Obie! dachte sie erbost. Was, zum Teufel…

»Ich bin an Ihr Gehirn und das zentrale Nervensystem angeschlossen, versteht sich«, erwiderte der Computer. »Es tut mir leid. Sie müssen verstehen, das sind meine Kindeskinder. Ich habe sie geschaffen — muß Bescheid wissen.«

Die ganze Sache mit der Geburt — das hast du veranlaßt! Du hast es auf irgendeine Weise arrangiert!

»Damit geht nicht viel Zeit verloren«, entschuldigte sich Obie. »Ich muß sehen, wie die Männer sind. Ich habe nichts einprogrammiert, um sie anders zu machen.«

Nun, wenn sie nicht künstlich befruchten, was ich nicht glaube, werde ich binnen Sekunden einem wildgeilen Mann gegenüberstehen, und das verdanke ich dir. Hol mich hier heraus!

»Ich bin überzeugt davon, daß Sie damit fertig werden.«

Obie — mach so etwas ohne mein Wissen oder meine Erlaubnis ja nicht wieder, hörst du? Sie war von kalter Wut erfüllt.

Es gab eine Pause, dann erwiderte die ferne Maschine ein wenig zerknirscht: »Gut, Mavra.«

Sie hatte solche Gedankenverbindungen schon oft erlebt, aber nie unter vergleichbaren Umständen, und nicht, wenn sie nicht vollständige Kontrolle über sich hatte.

Die Tür öffnete sich auf ein Schlafzimmer; der ganze Boden war das Bett. Schön eingerichtet, mit sanfter, indirekter Beleuchtung ausgestattet, leise Musik, süßer Duft, und überall Kissen. Auf der anderen Seite lag ein olympischer Mann.

Er sah aus, wie sie und Obie erwartet hatten — die Verkörperung der Männlichkeit, unglaublich gutaussehend und dazu noch muskulös, genau so, wie Obie vor so vielen Jahrhunderten nach Ben Yulins Anweisungen den Entwurf ausgeführt hatte.

Sie ging wachsam auf den Mann zu und versuchte, einen Weg zu finden, der die Situation bereinigte.

»Hallo«, grüßte er sanft und mit sinnlicher Stimme. »Bitte, komm her und leg dich zu mir.«

»Ihr Hypnomittel wirkt bei Olympiern«, versicherte ihr Obie.

Sie waren dank Obie gegen fast jedes Gift immun, aber da er sie geschaffen hatte, wußte er natürlich, wie seine eigenen Maßnahmen zu umgehen waren.

Sie bewegte kleine Muskeln in den Fingerspitzen und spürte, wie das Toxin aus winzigen Drüsen in die nadelartigen Röhrchen quoll, die Obie unter ihre Fingernägel praktiziert hatte. Das gab ihr Sicherheit; sie konnte wieder Herrin der Lage sein.

Nervös, als stünde sie immer noch unter dem Einfluß der Aphrodisiaka, ging sie zu ihm, legte sich hin und umschlang ihn mit den Armen, wie er es erwartete. Sie schob kleine Nadelspitzen in seinen Rücken, ohne daß er es auch nur bemerkte. Innerhalb von Sekunden war er in Trance. Sie ließ ihn los, setzte sich auf und befahl ihm, dasselbe zu tun. Er gehorchte.

»Wie heißt du?«

»Doney«, erwiderte er langsam, die Augen geschlossen.

Mavra nickte zufrieden.

»Wie lange bist du schon hier, Doney?«Sie versuchte, ihre eigene Neugier ebenso zu befriedigen wie die von Obie.

»Ich weiß nicht«, antwortete er. »Lange Zeit.«

»Wie alt bist du?«

Er wußte es nicht.

»Tust du außer dieser Sache noch etwas anderes?«

Er war trotz der Hypnosedroge überrascht.

»Was tun Männer sonst? Dafür kommen wir auf die Welt.«

Der Rest des Verhörs legte das Verhaltensschema für die olympischen Männer ziemlich klar. Sie wurden vom Tempel aufgezogen, nur zu einem einzigen Zweck. Von der Außenwelt wußten sie überhaupt nichts, ja, nicht einmal, daß es eine solche gab. Sie hatten eine sorgenfreie, wenn auch abgeschiedene Kindheit, voller Spielsachen, Spiele, Sport und wenig anderem. Man brachte ihnen Lesen und Schreiben nicht bei, nicht einmal die einfachsten Rechenarten. In der Pubertät lehrte man sie die für ihre Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse. Ansonsten blieben sie Kinder, trieben Sport und Spiel in einem großen Spielplatz mit Turnanlagen. Selbst ihr Wortschatz wurde sorgfältig kleingehalten; jeder ihrer wachen Augenblicke war vom Tempel programmiert. Sie stellten nichts in Frage, machten sich nie über irgend etwas Gedanken. Die Überlegenheit der Frauen in allen Beziehungen wurde nie in Zweifel gezogen; Männer existierten zum Dienen und Bedienen, zu nichts anderem.

Mavra fand das abstoßend. Obie versuchte, die Situation zu analysieren.

»Vergessen Sie nicht, daß Ihr Großvater eine Frau war, die Frauen schätzte, um durch Nathan Brazil dann zu einem Mann und vom Schacht wiederum zu einer Yaxa gemacht zu werden — zum Mitglied einer Schmetterlingsrasse, die ausschließlich weiblich war und Männer nur als hirnlose Sexmaschinen kannte. Die Frühkultur hier war ausnahmslos weiblich, die dominierenden Persönlichkeiten sind dank der Schacht-Welt extrem weiblich orientiert gewesen. Und die beiden männlichen Kinder waren natürlich wichtig; sie mußten geschützt werden. Leicht zu sehen, wie so ein System entstehen konnte.«

Ich finde das abscheulich, gab Mavra zurück. Das ist nicht anders als in den Prostitutions-Häusern der Partei, in denen Frauen als Huren großgezogen wurden.

»O gewiß«, bestätigte Obie. »Ich habe das nicht gebilligt, sondern nur festgestellt, wie ein derartiges System sich unter den Umständen der Gründung dieses Planeten logisch entwickeln konnte. Aber faszinierend ist das doch.«

Wir sollten etwas dagegen tun! dachte Mavra entrüstet.

»Wir könnten nicht viel tun, wenn ich nicht hergehen und den ganzen Planeten ummodeln soll«, antwortete der Computer. »Außerdem befassen wir uns jetzt mit der praktischen Vernichtung des ganzen Kom-Bundes und vielleicht der gesamten Wirklichkeit. Lassen Sie Olympus und seine Gesellschaft sein; was spielt das für eine Rolle?«

Darauf gab es nun wirklich keine Antwort, und Mavra ließ das Thema auf sich beruhen.

Wie lange soll ich hierbleiben? fragte sie mehr sich selbst als Obie.

Der Computer antwortete trotzdem.

»Ungefähr eine Stunde — geben Sie dem Burschen die Erinnerung an ein glückliches Zusammensein, und versetzen Sie ihn in Schlaf! Ich gebe Ihnen Bescheid, wann es Zeit ist, zu gehen.«

Sie tat es und war bei den hypnotischen Erinnerungen, die sie einprägte, besonders einfallsreich. Bald schlief er glücklich, ein Kissen wie einen Teddybär umarmend, und lächelte.

Sie verbrachte die restliche Zeit mit der Planung neuer Schritte zusammen mit Obie.

»Gehen Sie zum Muttertempel«, schlug er vor. »Wir müssen mit der obersten Sprosse der politischen Leiter sprechen, wer immer das sein mag. Es deutet manches daraufhin, daß eine bestimmte Person alles entscheidet. Stellen Sie fest, wer das ist. Ich komme auf jeden Fall mit.«

Die Stunde verging langsam.

* * *

Yua strahlte; sie schien geraume Zeit, nachdem sie den Geburtstempel verlassen hatten, wie betäubt zu sein. Sie fuhren mit einer Tram zum Muttertempel, dessen Türme in der Ferne zu sehen waren.

»Wem erstatten Sie Bericht?«fragte Mavra.

»Der Oberin«, antwortete Yua. »Sie ist eine Athene«, fügte sie ein wenig angewidert hinzu.

»Aber wer erhält ihren Bericht? Ich meine, wer hat hier das Sagen?«