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Er stellte sich Trumball mit dem eisernen Kürass und dem Helm eines Conquistadors vor.

Eine Hand schwenkte die Kamera erneut herum. »Ich mach mir keine Sorgen um die nächste Expedition«, sagte Craig düster. »Ich will nur diese Exkursion heil hinter mich bringen.«

»Ich werde mit Tarawa reden müssen«, sagte Jamie und verabscheute sich zugleich dafür, dass er die Entscheidung nach oben abschob.

»Okay, in Ordnung«, sagte Trumballs Stimme. »Wir brauchen noch mindestens eine Woche bis zum Generator.«

Verdammt, dachte Jamie, während er das Gespräch mechanisch weiterführte. Dex weiß ganz genau, dass die Chance, sie zurückzurufen, umso geringer ist, je weiter sie weg sind.

Sobald er sich verabschiedet und die Verbindung zum Rover abgebrochen hatte, schlängelte sich ein anderer Gedanke in sein Bewusstsein: Je länger sie da draußen unterwegs sind, desto länger ist Dex weg von hier. Weg von Vijay.

Dafür verabscheute er sich noch mehr.

»Fertig?«, fragte Rodriguez.

Fuchida hatte sich das Klettergeschirr um den Raumanzug geschnallt. Das Seil war in das Joch eingeklinkt, das unter seinen Armen hindurchlief.

»Ich bin so weit«, gab der Biologe mit einer Selbstsicherheit zurück, die er in Wirklichkeit nicht verspürte. Der dunkle, gähnende Abgrund weckte eine urtümliche Furcht in beiden Männern, aber Fuchida wollte sich das nicht eingestehen und es erst recht nicht seinem Teamkameraden gegenüber zugeben.

Rodriguez hatte den Vormittag damit verbracht, alles für die Kletterpartie vorzubereiten, während Fuchida Steinproben sammelte und dann eine halbstündige VR-Show für die Zuschauer auf der Erde inszenierte. Die Steine waren hier oben auf dem Gipfel des Olympus Mons dünner gesät als unten auf der Ebene, und keiner von ihnen wies die farbigen Intrusionen auf, die auf Kolonien der Marsflechte hindeuteten.

Trotzdem war das Sammeln von Proben der erste Punkt auf der Tagesordnung des Biologen. Er betrachtete es als sein Geschenk an die Geologen, weil er das unerfreuliche, aber sichere Gefühl hatte, dass hier auf dem Dach dieser Welt keine biologischen Prozesse stattfanden. Aber unten, in der Caldera … das war vielleicht etwas anderes.

Fuchida trug immer noch das Virtual-Reality-Gerät an seinem Helm. Sie würden nicht in Echtzeit senden, aber die Aufzeichnung des ersten Abstiegs in die Hauptcaldera des Olympus Mons würde sowohl für die Wissenschaft als auch für die Unterhaltungsbranche von großem Wert sein.

»Okay«, sagte Rodriguez. Sein Widerwille war ihm deutlich anzuhören. »Meinetwegen kann's losgehen.«

Fuchida nickte in seinem Helm. »Dann sollten wir anfangen.«

»Vorsicht jetzt«, sagte Rodriguez, als der Biologe langsam von ihm zurücktrat.

Fuchida antwortete nicht. Er drehte sich um und stieg über den sanft gerundeten Rand des riesigen Loches im Boden. Die Caldera war so groß, dass er eine halbe Stunde brauchen würde, bis er so tief unten war, dass Rodriguez ihn nicht mehr sehen konnte, ohne seine Position an der Seilwinde zu verlassen.

Ich hätte zur Vorbereitung auf dieses Unternehmen Dantes Inferno lesen sollen, dachte Fuchida bei sich.

Der Weg zur Hölle neigte sich ganz allmählich, wie er wusste. Er würde bald steil genug werden.

Dann rutschten ihm beide gestiefelten Füße unter dem Leib weg.

TAGEBUCHEINTRAGUNG

Manchmal glaube ich, ich bin unsichtbar. Sie sehen mich einfach nicht. Ich bin mitten unter ihnen und mache meine Arbeit, aber für sie bin ich nicht da. Ich spreche, aber sie hören mich nicht.

Zumindest hören sie nicht zu. Ich bin genauso gut wie jeder von ihnen, aber sie schauen fast immer einfach durch mich hindurch.

Unsichtbar. Ich bin für sie nicht vorhanden.

NACHMITTAG: SOL 49

»Alles in Ordnung?«, fragte Rodriguez' Stimme aus Fuchidas Helmlautsprechern. Er klang nervös.

»Ich habe eine glatte Stelle erwischt. Hier muss es im Schatten Flecken geben, wo das Gestein von Trockeneis überzogen ist.«

Der Biologe lag auf der Seite; seine Hüfte pochte schmerzhaft von seinem Sturz. Wenn das so weitergeht, dachte er, bin ich von der Taille abwärts bald grün und blau.

»Kannst du aufstehen?«

»Ja. Natürlich.« Fuchida war eher peinlich berührt als verletzt. Er hielt sich wütend am Seil fest und zog sich hoch.

Selbst bei der Drittelschwerkraft des Mars kostete ihn das einige Anstrengung, weil der Anzug und das Tornistergerät schwer auf ihm lasteten und die ganze Ausrüstung an seinem Gurt und seinem Geschirr baumelte.

Sobald er auf den Beinen war, starrte er erneut in die Dunkelheit des gähnenden Schlunds der Caldera. Wie das Maul eines riesigen Tieres, sagte eine Stimme in seinem Kopf. Wie das Tor zur ewigen Hölle.

Er holte tief Luft und sagte dann in sein Helmmikrofon:

»Okay. Ich steige weiter hinunter.«

»Sei vorsichtig, Mann.«

»Danke für den guten Tipp«, knurrte Fuchida.

Sein Ärger schien Rodriguez nicht zu stören. »Vielleicht sollte ich das Seil straffer halten«, schlug er vor. »Damit es nicht so durchhängt.«

Fuchida, der seinen Jähzorn bereute, stimmte zu: »Ja, dann kann ich mich vielleicht besser auf den Beinen halten.« Die Hüfte tat wirklich weh, und sein Hintern schmerzte noch von dem ersten Sturz.

Was für ein Glück, dass der Anzug nicht beschädigt worden ist, dachte er. Oder das Tornistergerät.

»Okay, ich hab die Spannung justiert. Also, immer mit der Ruhe.«

Auch eine Reise von tausend Meilen beginnt mit einem einzelnen Schritt. Mitsuo Fuchida zitierte Laotses alten Spruch, als er einen gestiefelten Fuß auf den Boden vor sich setzte. Der nackte Fels schien guten Halt zu bieten.

Man kann das Eis nicht sehen, sagte er sich. Die Schicht ist zu dünn, als dass sie sichtbar wäre. Mehrere Dutzend Meter rechts von ihm fiel das Sonnenlicht auf die langsam steiler abfallende Flanke der Caldera. Dort wird kein Eis sein, dachte Fuchida. Er bewegte sich langsam in diese Richtung und prüfte bei jedem Schritt, ob seine Füße festen Halt fanden.

Das Seil war vorn an der Brust angebracht, damit er es leicht aushaken konnte, wenn nötig. Wegen der stärkeren Spannung des Seils fiel ihm das Gehen nun sehr viel schwerer. Fuchida kam sich beinahe wie eine Marionette an einem Faden vor.

»Lass ein bisschen lockerer«, rief er Rodriguez zu.

»Bist du sicher?«

Er drehte sich um, schaute zu seinem Teamkameraden hoch und stellte verblüfft fest, dass der Astronaut nicht mehr als ein winziger Klecks hoch oben am Rand war, eine kleine Gestalt im hellen Sonnenschein vor dem tiefblauen Himmel.

»Ja, ich bin sicher«, sagte er mit erzwungener Geduld.

Kurz darauf fragte Rodriguez: »Wie ist es so?«

Der Unterschied war kaum wahrnehmbar, aber Fuchida antwortete: »Besser.«

Etwa zwanzig Meter weiter unten sah er ein von der Sonne beschienenes Sims und beschloss, dorthin zu gehen.

Langsam und vorsichtig stieg er ab.

»Ich sehe dich nicht.« Rodriguez' Stimme klang nicht übermäßig besorgt.

Fuchida schaute nach oben. Er sah nur den tiefblauen Himmel und das sanft abfallende, kahle Gestein. Und das Seil, das ihn hielt, seine Rettungsleine.

»Alles in Ordnung«, sagte er. »Ich zeichne meinen Abstieg mit den VR-Kameras auf. Da unten ist ein Sims, da mache ich Halt und schlage ein paar Steinproben ab.«

»Ich sag dir was: Wir hätten zum Landeplatz des Pathfinder fliegen sollen«, sinnierte Wiley Craig, während er den Rover durch den trockenen, kalten Nachmittag über die kahle Ebene steuerte.

»Keine Lust mehr zu fahren?«, fragte Dex Trumball, der auf dem rechten Cockpitsitz hockte.

»Bisschen langweilig momentan.«

»Hab ich alles gründlich durchdacht«, sagte Dex. »Das Raketenflugzeug hat nicht die erforderliche Reichweite für den Flug zum Ares Vallis.«