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»Wir hätten zum Treibstoffgenerator fliegen und da auftanken können, so wie wir's mit der Karre hier machen.«

»Vielleicht. Aber wir hätten mehrmals auftanken müssen, und das hätte mindestens noch zwei Sprünge für den Generator bedeutet. Und zwei weitere Landungen für das Flugzeug.«

»Zu riskant, hm?«

»Ach, das Risiko würde mir nichts ausmachen«, sagte Dex rasch. »Aber das Raketenflugzeug könnte die alten Geräte gar nicht transportieren. Jedenfalls nicht zusammen mit einer vollen Treibstoffladung.«

Craig ließ einen langen Seufzer ertönen, der fast schon ein Stöhnen war. »Also fahren wir.«

»Wir kommen schon hin, Wiley.«

»Aber furchtbar langsam.«

»Wir stellen einen neuen Rekord für eine Überlandtraverse auf einer anderen Welt auf. Wenn wir wieder in der Basis sind, haben wir annähernd zehntausend Klicks zurückgelegt.«

»Mehr als die Jungs, die das Mare Imbrium auf dem Mond umrundet haben?«

»Auf alle Fälle. Die haben nur zweitausendfünfhundert Kilometer geschafft.«

»Hm.«

»Schlappe Säcke.«

»Dödelkram.«

Trumball grinste seinen Partner an. Auf beider Kinn und Wangen machten sich die stoppeligen Ansätze eines Bartes breit; sie hatten vereinbart, sich bis zur Rückkehr zur Basis nicht zu rasieren.

»Wir fahren über einen ehemaligen Meeresboden«, sagte Trumball mit einer Handbewegung zu dem hügeligen Gelände draußen. »Wenn wir anhalten und ein bisschen graben würden, fänden wir unter Garantie jede Menge Fossilien.«

Craig sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Und woran willste erkennen, ob irgendwas 'n Fossil is oder ob du's nur mit altem Gestein zu tun hast? Denkste, du findest Trilobiten oder einen gekammerten Nautilus, der genauso aussieht wie die Fossilien auf der Erde?«

Dex atmete tief durch. Es klang fast wie ein Seufzer. »Ich weiß das, Wiley. Das hab ich Jamie schon an dem Tag erklärt, als wir gelandet sind.«

Craig grunzte.

Nach einem kurzen Schweigen sagte Dex: »Ich will dich mal was fragen, Wiley.«

»Was denn?«

»Es geht um diese Diskussion, ob wir die Basis in den Canyon verlegen sollten: Auf welcher Seite stehst du? Auf meiner oder auf der von Jamie?«

Jamie starrte das dreidimensionale Bild der Felswand an.

Er beugte sich über das Display des Immersionstisches und konzentrierte sich, als könnte er das alte Dorf durch reine Willenskraft zwingen, vor seinen Augen zu erscheinen.

Stacy Deschurowa saß wie üblich an der Kommunikationskonsole. Trudy und Vijay kümmerten sich um den hydroponischen Garten. Und Jamie wurde immer ungeduldiger.

Ich hätte Dex gar nicht erst zu dieser verrückten Exkursion aufbrechen lassen dürfen, sagte er sich. Nicht nur, dass ich deshalb Krach mit seinem Vater kriege, es vermasselt mir auch noch die Mission zu dem alten Dorf.

Jamie wusste, dass er nicht zum Canyon fahren konnte, solange vier Expeditionsmitglieder draußen unterwegs waren. Er musste warten, bis sie zur Kuppel zurückkehrten.

Fuchida und Rodriguez würden in ein paar Tagen wiederkommen, sofern sie nicht in Schwierigkeiten gerieten. Aber Trumball und Craig würden frühestens in rund vier Wochen zurück sein.

Mach dich deswegen nicht verrückt, sagte er sich stumm.

Hab Geduld. Wenn es sich bei dem, was sich da in die Klippen schmiegt, wirklich um ein altes Dorf handelt, dann ist es schon sehr, sehr lange dort. Ein paar Wochen mehr oder weniger machen da auch nicht viel aus.

Trotzdem brannte er darauf, dorthin aufzubrechen, aus dieser Kuppel herauszukommen, hinaus ins Gelände, weg von den anderen.

Weg von Vijay, erkannte er.

Sie hat es geschafft, dass ich so angespannt bin wie eine bis zum Anschlag aufgezogene Feder. Erst nein, dann ja, und jetzt vielleicht. Tut sie das mit Absicht? Will sie mich verrückt machen? Ist das ihre Art von Humor?

Seltsamerweise merkte er, dass er bei dem Gedanken grinste. Wir sind ja schon verrückt. Sonst wären wir nicht hier. Das verleiht dem Irrsinn nur eine weitere, neue Dimension.

Sei gelassen, riet der Navajo in ihm. Suche den Weg des Gleichgewichts. Nur wenn du im Gleichgewicht bist, kannst du Schönheit finden.

Sex. Wir machen ein Riesengewese darum. Und weshalb?

Sie wird nicht schwanger werden. Nicht hier. Nicht, wenn sie es nicht wirklich will, und dazu ist sie zu klug. Was macht es also schon aus, wenn man mal kurz miteinander in die Kiste springt?

Dann dachte er an ihr Geständnis, dass sie mit Trumball geschlafen hatte, und begriff, dass Sex ein Kurzschluss sein konnte, der eine Explosion auslöste.

Immer eins nach dem anderen, dachte er. Einen Tag nach dem anderen. Dann grinste er erneut. Eine Nacht nach der anderen.

Deschurowas Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. »Jamie, das solltest du dir ansehen.«

Jamie richtete sich auf, merkte, wie seine Wirbel knackten, und drehte sich zur Kommunikationskonsole um, wo Stacy mit einem Headset auf dem strähnigen, sandblonden Haar saß.

»Was gibt's?«

»Die letzte Wettervorhersage von Tarawa.«

Jamie sah eine Polarprojektionskarte beider Hemisphären des Mars nebeneinander auf Deschurowas Hauptbildschirm. Meteorologische Isobaren und Symbole für Hoch-und Tiefdruckgebiete waren darauf verteilt.

Stacy tippte mit einem Fingernagel auf ein rotes T weit unten in der südlichen Hemisphäre. Jamie fiel auf, dass ihre Nägel manikürt und dunkelrot lackiert waren.

»Das ist ein Staubsturm«, sagte sie.

Jamie beugte sich über ihre Schulter, um sich die Karte genauer anzusehen. Er nickte. Und bemerkte, dass Stacy ein blumiges Parfüm aufgelegt hatte.

»Ganz unten auf der anderen Seite von Hellas«, murmelte er.

»Aber sie sagen voraus, dass er wachsen wird.« Sie drückte auf eine Taste, und die Karte für den nächsten Tag erschien auf dem Bildschirm. Der Sturm war größer und zog nach Westen.

»Immer noch ein gutes Stück unterhalb des Äquators«, sagte Jamie.

»Trotzdem.«

»Kannst du ein Echtzeitbild des Gebiets aufrufen?«

»Auf zwei«, erwiderte sie. Der Bildschirm direkt zu ihrer Rechten wurde hell und zeigte ein Satellitenbild der Region.

»Ein Staubsturm, klarer Fall«, sagte Jamie. »Ganz schön groß.«

»Und er wird größer.«

Er überlegte laut. »Selbst wenn er zu globaler Größe heranwächst, wird es über eine Woche dauern, bis er uns hier zu schaffen macht. Bis dahin sind Fuchida und Rodriguez längst zurück.«

»Aber Dex und Possum …«

Jamie stellte sich Dex' Reaktion vor, wenn er wegen der Möglichkeit, in einen Staubsturm zu geraten, zur Basis zurückbeordert wurde. Ich müsste ihm den Befehl erteilen zurückzukommen, dachte Jamie. Und es könnte sein, dass er ihn einfach ignoriert.

»Sag Tarawa, dass ich sofort mit den Meteorologen sprechen muss«, wandte er sich an Stacy.

»Okay.«

»He, Mitsuo«, rief Rodriguez.

Fuchida blickte automatisch auf. Aber der Astronaut war nicht mehr zu sehen. Fuchida war allein auf dem Sims unten in der abschüssigen, steinernen Flanke der Caldera. Das Buckyball-Seil, das ihn mit der Winde oben verband, übertrug auch den Anzugfunk, über den sie miteinander sprachen.

»Was ist?«, erwiderte er, froh darüber, Rodriguez' Stimme zu hören.

»Wie sieht's aus, Mann?«

»Kommt darauf an«, sagte Fuchida.

»Worauf?«

Der Biologe zögerte. Er arbeitete nun schon stundenlang an diesem Felsensims, schlug Proben ab, maß den Wärmestrom, trieb geduldig einen Bohrer in den harten Basalt, um zu sehen, ob in dem Gestein womöglich Wassereis eingeschlossen war.

Er befand sich jetzt im Schatten. Die Sonne war weitergezogen. Als er hochschaute, sah er erleichtert, dass der Himmel immer noch dunkelblau war. Da oben war es noch hell. Rodriguez würde ihn nicht bis nach Sonnenuntergang hier unten bleiben lassen, das wusste er, dennoch war es ein tröstliches Gefühl, dass es oben noch helllichter Tag war.