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Der Hausbewohner hatte der Tür den Rücken zugekehrt und zeigte Lioren den Kopf im Dreiviertelproffl von hinten, während er sich mit etwas beschäftigte, das von seinem Oberkörper verdeckt wurde. Da auf seinem Schädel keine unabhängig voneinander beweglichen Augen an Stielen saßen und er somit auch nicht über einen Rundumblick verfügte, war es Lioren möglich, ihn einen Moment lang zu beobachten, ohne selbst von ihm gesehen werden zu können.

Bezüglich des Körperbaus wies der Bewohner mehr Ähnlichkeit mit Lioren als mit den Terrestriern, Nidianern und Orligianern auf, die den Oberstabsarzt begleiteten, wodurch der visuelle Schock des Erstkontakts wesentlich geringer ausfallen dürfte. Bis auf den Unterschied, daß der Hausbewohner drei Gliederpaare besaß — zwei zur Fortbewegung, zwei starke Greiforgane in der Mitte des Körpers und zwei weitere in Höhe des Halses, die zum Essen und zur Verrichtung feiner Arbeiten dienten — sowie einen Schädel, den ein dichtes blaues Fell bedeckte, das sich in einem schmalen Streifen an der Wirbelsäule entlang bis zum rudimentären Schwanz fortsetzte, waren die allgemeinen körperlichen Merkmale auffallend ähnlich. Seine Haut wies die blaßgelb verfärbten Stellen auf, die für die Seuche symptomatisch waren, die, begünstigt durch den grausamen und barbarischen Krieg, alles intelligente Leben vom Planeten zu vertilgen drohte. Die physiologische Klassifikation des Wesens lautete DCSL, und zumindest die Heilung seines Leidens dürfte sich relativ einfach gestalten, sobald sich Lioren erst einmal seiner Mitarbeit versichert hatte.

Zuerst ganz sacht, aber dann mit wachsender Entschlossenheit klatschte Lioren mit zweien seiner in Handschuhen steckenden mittleren Hände, um die Aufmerksamkeit des DCSL zu erregen, und als dieser schließlich herumfuhr, um ihn anzusehen, sagte der Oberstabsarzt: „Wir sind Freunde. Wir sind gekommen, um Sie.“

Zwischen dem Bauch und einer der mittleren Hände hatte der DCSL eine große Schale eingeklemmt gehabt, die zum Teil mit einer blaßgrauen, zähflüssigen Substanz gefüllt gewesen war, während er mit der zweiten mittleren Hand eine kleinere Schale getragen und ihren Inhalt in die erste gegossen hatte. Lioren war noch Zeit geblieben zu bemerken, daß beide Gefäße dickwandig und aus einer harten, aber offensichtlich äußerst zerbrechlichen Keramik gefertigt waren, was durch die Art bewiesen wurde, in der sie zersprangen, als sie zu Boden fielen. Das Klirren war laut genug, um die drei Kinder im anderen Zimmer aus dem Schlaf zu reißen, und eins von ihnen, höchstwahrscheinlich der Säugling, fing an, laute Angstschreie von sich zu geben, die der Translator nicht übersetzte.

„Wir werden Ihnen nichts tun“, begann Lioren aufs neue. „Wir sind gekommen, um Sie von der furchtbaren Krankheit zu heilen, die.“

Der DCSL stieß eine Folge schriller Kollerlaute aus, die vom Translator als „Die Kinder! Was haben Sie mit meinen Kindern gemacht?“ übersetzt wurde, und stürzte sich auf Lioren und Dracht-Yur.

Es handelte sich nicht um einen Angriff mit bloßen Händen.

Aus der Reihe von Küchengeräten, die auf dem in der Nähe stehenden Tisch lagen, hatte sich der DCSL ein Messer geschnappt, mit dem er gegen Liorens Brust ausholte. Die Klinge war lang und spitz, an der einen Seite gezackt und immerhin so scharf, daß sie im Gewebe von Liorens schwerem Raumanzug einen tiefen Riß hinterließ. Doch der DCSL lernte schnell, denn die zweite Attacke bestand aus einem mit gestrecktem Arm geführten Stoß, durch den das Messer in den Anzug eingedrungen wäre, wenn Lioren nicht aufgepaßt hätte. Mit zwei mittleren Händen packte er das Handgelenk des DCSL und zog ihm die Waffe mit der dritten aus den Fingern, wobei er sich an einem der eigenen Finger eine leichte Schnittwunde zuzog, und gleichzeitig hielt er die beiden oberen Hände des DCSL von sich fern, die ihm offenbar ganze Stücke aus dem Gesicht reißen wollten.

Durch die Heftigkeit des Angriffs taumelte Lioren mitsamt dem DCSL rückwärts in den großen Vorraum und erhaschte einen flüchtigen Blick auf den winzigen Dracht-Yur, der sich an die Beine des DCSL warf und seine kurzen, stark behaarten Arme fest um sie schlang. Der DCSL verlor das Gleichgewicht, und alle drei stürzten krachend zu Boden.

„Worauf warten Sie denn noch? Stellen Sie ihn endlich ruhig!“ befahl Lioren den anderen in scharfem Ton. Dann sagte er aus plötzlicher Besorgnis um den DCSL heraus: „Bis jetzt bin ich mit Ihrer inneren Physiologie zwar nicht vertraut, aber ich hoffe, mein Körpergewicht, das auf Ihren unteren Brustkorb drückt, verletzt keine darunter befindlichen Organe.“

Die Reaktion des DCSL bestand in noch heftigerem Widerstand gegen die terrestrischen, orligianischen und tarlanischen Hände, von denen er am Boden gehalten wurde, und nur wenige der Laute, die er ausstieß, waren übersetzbar. Während der Oberstabsarzt das offensichtlich völlig verwirrte und verängstigte Wesen anblickte, machte er sich im stillen und in höchst kritischen Worten ernste Vorhaltungen. Diese Aktion, seinen ersten Kontakt mit einem Mitglied einer neu entdeckten intelligenten Spezies, hatte er alles andere als zufriedenstellend durchgeführt.

„Wir werden Ihnen nichts tun“, redete Lioren auf den Alien ein, wobei er sich bemühte, seiner Stimme einen beruhigenden Klang zu geben, obwohl er lauter schreien mußte als der DCSL und die drei Kinder im Nebenraum, die inzwischen allesamt wach waren und nun ebenfalls ihre unübersetzbaren Laute zu dem allgemeinen Lärm beisteuerten. „Auch Ihren Kindern werden wir nichts tun. Bitte beruhigen Sie sich. Wir wollen Ihnen und allen anderen doch nur helfen, bis an Ihr Ende ohne Krieg und ohne die Krankheit zu leben, von der Sie befallen.“

Der DCSL mußte die Übersetzung von Liorens Beteuerungen verstanden haben, denn er hatte währenddessen aufgehört zu schreien, auch wenn er die Anstrengungen, sich zu befreien, unvermindert fortsetzte.

„Aber wenn wir für dieses unglückselige Leiden ein Heilverfahren finden sollen, müssen wir den Erreger, der die Krankheit verursacht, in Ihrem Körper isolieren und identifizieren“, fuhr Lioren mit leiserer Stimme fort, „und um das zu tun, brauchen wir Blutproben und Proben anderer Körperflüssigkeiten von Ihnen.“

Wenn sowohl der Krieg als auch die Krankheit mit minimaler Verzögerung und geringstmöglichem Verlust von Leben gestoppt werden sollten, benötigte man diese Proben auch, um große Mengen sicherer Betäubungsmittel, gasförmiger Beruhigungsmittel und synthetischer Nahrungsmittel herzustellen, die sich für den Metabolismus der Spezies eigneten. Aber jetzt schien nicht der richtige Moment zu sein, um dem DCSL die ganze Wahrheit zu sagen, denn er hatte seine Bemühungen, sich zu befreien, verstärkt.

Lioren blickte Dracht-Yur an und deutete auf einen der mittleren Arme des DCSL, wo durch die Anspannung der Muskulatur und den erhöhten Blutdruck eine der Adern angeschwollen war, die somit eine ideale Stelle bot, um Blutproben zu entnehmen.

„Wir werden Ihnen nichts tun“, wiederholte Lioren. „Haben Sie keine Angst. Und hören Sie bitte auf, Ihren Arm zu bewegen.“ Doch das große, glitzernde Instrument mit mehreren Kolben, das der nidianische Arzt gerade hervorgeholt hatte, war, auch wenn es bei Gebrauch keinerlei Schmerz verursachte, nicht gerade ein Gegenstand, der Vertrauen einflößte. Wie Lioren nur zu gut wußte, hätte er von dem, was er gerade gesagt hatte, auch kein einziges Wort geglaubt, wenn die Rollen von ihm und dem DCSL vertauscht gewesen wären.

3. Kapitel

Mit Ausnahme von einigen wenigen Gewalttätigkeiten gestalteten sich alle nachfolgenden Kontaktaufnahmen mit den Einheimischen, die ihren Planeten „Cromsag“ nannten, einfacher. Das war in erster Linie das Verdienst der Vespasian, deren Sender auf die Frequenzen der cromsaggischen Rundfunkkanäle eingestellt worden war, so daß ausführlich erklärt werden konnte, um wen es sich bei den fremden Außerplanetariern handelte, woher sie gekommen waren und weshalb sie sich hierherbegeben hatten. Und als das riesige Großkampfschiff schließlich landete und man sich daranmachte, Fertigteile auszuladen, um damit Krankenhäuser und Zentralstellen zur Verteilung von Nahrungsmitteln für die Überlebenden des Kriegs zu errichten, nahmen die bisher rein mündlich geäußerten Beteuerungen Form und konkrete Gestalt an, und jegliche Feindseligkeit gegenüber den fremden Eindringlingen wurde eingestellt.