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Um acht Uhr morgens holte ich Honey ab, nachdem ich ihren Mini an der nächstbesten Tankstelle vollgetankt hatte. Sie hatte ein paar Liter verdient bei dem Handel. Das ging in Ordnung.

Aber was nicht in Ordnung ging, waren die Neuigkeiten, mit denen sie mich begrüßte.

«Colin Ross möchte, daß Sie ihn anrufen. Er meldete sich gestern abend, ungefähr eine halbe Stunde, nachdem Sie abgedampft waren.«

«Hat er gesagt. weswegen?«

«Er bat mich, Ihnen eine Nachricht zu hinterlassen, aber ich habe es ehrlich gesagt vergessen. Ich war bis neun Uhr im Tower, und dann wollte mein Onkel schnell nach Hause, und ich bin mit ihm und habe völlig vergessen, Ihnen die Nachricht herunterzubringen. Und was machen ein paar Stunden auch schon aus?«

«Wie lautete denn die Nachricht?«

«Ich sollte Ihnen sagen, daß seine Schwester niemanden namens Chanter in Liverpool getroffen hat. Irgend etwas von einem Streik, und daß dieser Chanter nicht dort gewesen sei. Ich weiß es nicht mehr genau… Ich hatte gerade zwei Flugzeuge am Funkgerät und habe nicht so genau darauf achtgegeben. Wenn ich es mir jetzt überlege, dann hat er wohl großen Wert darauf gelegt, daß ich Ihnen die Nachricht gestern abend überbrachte, aber wie gesagt, ich habe es vergessen. Tut mir leid und so weiter. War es wichtig?«

Ich holte tief Luft. Wenn ich an die letzte Nacht dachte, hätte ich sie mit Wonne erwürgen mögen.»Danke fürs Ausrichten.«

Sie musterte mich prüfend.»Sie wirken ja völlig entkräftet. Haben Sie es die ganze Nacht über getrieben? Sie sehen nicht so aus, als seien Sie fit fürs Fliegen.«

«Habe mich selten besser gefühlt«, sagte ich wahrheitsgemäß.»Und nein, habe ich nicht.«

«Schonen Sie sich für mich.«

«Rechnen Sie nicht darauf.«

«Biest.«

Als ich vom Telefon im Wartesaal aus Colins Nummer wählte, kam Midge an den Apparat. Die Erleichterung in ihrer Stimme war genauso überwältigend wie meine eigene.

«Matt!.. «Ich hörte sie schlucken und wußte, daß sie mit den Tränen kämpfte.»O Matt — ich bin so froh, daß Sie anrufen. Sie ist Chanter nicht nachgelaufen. Sie hat es nicht getan. Es ist alles gut. Oje… nur einen Augenblick…«Sie schniefte und hatte danach ihre Stimme wieder unter Kontrolle.»Sie rief gestern abend an, und wir haben lange mit ihr gesprochen. Sie sagte, es tue ihr leid, daß sie uns so aufgeregt habe; sie sei im Grunde fortgegangen, weil sie so wütend auf sich selbst war, sich so gedemütigt fühlte, weil sie sich in solch dumme Träumereien über Sie verstrickt hatte… Sie sagte, es sei alles ihre eigene Schuld, daß Sie sie in keiner Weise getäuscht hätten, daß sie sich vielmehr selbst getäuscht hätte… Sie wollte uns sagen, daß sie nicht fortgelaufen ist, weil sie wütend auf Sie war, sondern weil sie glaubte, sich selbst zum Narren gemacht zu haben… Jedenfalls meinte sie, sie sei schon wieder ganz ruhig gewesen, als ihr Zug in Liverpool ankam, nur ein bißchen elend, und als sie dann feststellte, daß Chanter wegen des Streiks gar nicht da war, habe sie das wirklich erleichtert. Chanters Vermieterin habe ihr erzählt, wo er stecke — irgendwo in Manchester, um Fabrikschornsteine zu bemalen, meinte sie —, aber Nancy war sich inzwischen klar darüber, daß sie Chanter gar nicht wollte… und sie wußte nicht mehr recht weiter, sie war immer noch etwas verwirrt. und dann traf sie an der Kunstakademie eine ehemalige Kommilitonin von uns aus Londoner Zeiten. Sie war gerade im Aufbruch zu einem Campingurlaub in der Nähe von Stratford, und… nun, Nancy entschloß sich, mit ihr zu gehen. Sie meinte, ein paar Tage Ruhe und etwas Landschaftsmalerei würden ihr wieder auf die Beine helfen… Also rief sie zu Hause an und hatte unsere Reinemachefrau am Apparat… Nancy schwört, sie hätte ihr gesagt, daß sie mit Jill zusammen sei und nicht mit Chanter, aber wir haben natürlich diesen Teil der Botschaft nie erhalten…«Sie schwieg, und als ich nicht sofort antwortete, sagte sie ängstlich:»Matt, sind Sie noch da?«

«Ja.«

«Sie waren so still.«

«Ich habe über die letzten vier Tage nachgedacht.«

Vier erbärmliche, zähe Tage. Vier endlose Nächte, die sich qualvoll langsam dahinschleppten. Und alles war unnötig gewesen. Sie war gar nicht mit Chanter zusammengewesen. Wenn ihr das, was sie mir unterstellt hatte, das Herz zerrissen hatte, so war es mir umgekehrt nicht besser ergangen. Womit wir, dachte ich, in etwa quitt wären.

«Colin hat ihr gesagt, sie hätte Sie nach dieser Verurteilung fragen sollen, statt selbst voreilige Schlüsse zu ziehen«, sagte Midge.

«Sie hat sie nicht selbst gezogen, sie wurde dazu verleitet.«

«Ja. Das weiß sie jetzt. Sie ist ziemlich fassungslos. Am liebsten würde sie Sie in Warwick gar nicht treffen — nachdem sie alles so vermasselt hat…«

«Ich werde ihr schon nicht den Kopf abreißen.«

Sie lachte ein wenig.»Ich werde sie beschützen. Ich fahre zusammen mit Colin hin, wir werden uns also sehen.«

«Wunderbar.«

«Colin ist gerade draußen beim Galopp. Wir brechen auf, wenn er zurück ist und etwas gegessen hat.«

«Sagen Sie ihm, er soll vorsichtig fahren. Er soll an Ambrose denken.«

«Ja… Ist das nicht entsetzlich mit diesem Unfall?«

«Wissen Sie genau, was passiert ist?«

«Offensichtlich hat Ambrose versucht, in einer Kurve einen langsamen Laster zu überholen, und dabei kam ihm ein weiterer entgegen. Mit dem stieß er frontal zusammen, woraufhin sich einer der Lastwagen überschlug und das nächste Auto, in dem die drei Pferdepfleger saßen, zerquetschte. In der Sporting Life von heute wird ausführlich darüber berichtet.«

«Dann werde ich es ja wohl zu lesen bekommen. Und Midge… Sagen Sie Colin dankeschön für seine Nachricht von gestern abend.«

«Das mache ich. Er sagte, er wolle nicht, daß Sie sich weiter quälen. Er meinte offenbar, daß Sie sich fast so viel Sorgen um Nancy gemacht haben wie wir.«

«Fast«, stimmte ich trocken zu.»Wir sehen uns in Warwick.«

Kapitel 14

Nach Honeys Planung hatte ich ein Ehepaar White-knight mit seinen beiden jungen Töchtern nach Lydd zu fliegen, wo die Töchter zusammen mit Freunden mit der Auto-Flug-Fähre zum Urlaub in Frankreich nach Le Toquet fliegen würden. Nachdem sie ihre Töchter verabschiedet hatten, wollten die Whiteknights zurück nach Warwick gebracht werden, um dort ihr Pferd im ersten Rennen starten zu sehen. Da es in Warwick an der Rennbahn kein Flugfeld gab, hieß das, in Coventry zu landen und von dort aus ein Taxi zu nehmen.

Gehorsam pickte ich die Familie in Buckingham auf und nahm mit der Six Kurs auf Kent. Die beiden Töchter, ungefähr vierzehn und sechzehn, waren weltverdrossene, unerfreuliche Geschöpfe und blickten auf alles um sie herum mit tiefverwurzelter Verachtung herab. Ihre Mutter behandelte mich kühl und herablassend; sie war die unangefochtene Herrscherin der Familie. Der barsche, von seinen Frauen weitgehend ignorierte Mr. Whiteknight, ein unterdrückter Familienversorger, bildete wohl gewohnheitsmäßig die Nachhut.

In Lydd schleppte ich, ohne ein Wort des Dankes dafür zu hören, die Koffer der Töchter ins Terminal, ging dann wieder zurück zur Maschine, um dort das Ende der Abschiedszeremonie abzuwarten. Mr. Whiteknight hatte zuvorkommenderweise seine Sporting Life auf seinem Sitz liegengelassen. Ich nahm sie mir und schaute hinein. Ein

Bild vom Ambrose-Unfall. Wie üblich zerfetztes Metall am Straßenrand, das traurige Ergebnis von Ungeduld.