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Frau oder Füchsin. Für einen Moment schien Fuchs beides. Doch es war die Füchsin, die ihn biss, so fest, dass er Clara losließ, auch wenn alles in ihm sie weiter halten wollte.

Clara stolperte zurück und fuhr sich über den Mund, als könnte sie seine Küsse fortwischen.

»Sieh einer an!« Valiant richtete die Taschenlampe auf sie beide und bedachte Jacob mit einem schmutzigen Lächeln. »Heißt das, wir vergessen deinen Bruder?«

Fuchs sah ihn an, als hätte er sie getreten. Mensch und Tier, Füchsin und Frau. Sie schien immer noch beides zugleich, doch sie war ganz Fuchs, als sie an den Bach lief und die leblosen Vögel musterte.

»Seid wann bist du so dumm, Lerchenwasser zu trinken?«

»Verdammt. Es war dunkel, Fuchs.« Das Herz schlug ihm immer noch bis zum Hals.

»Lerchenwasser?« Clara strich sich mit zitternden Händen das Haar zurück. Sie blickte ihn nicht an.

»Ja. Abscheulich.« Valiant schenkte ihr ein übertrieben mitfühlendes Lächeln. »Man fällt über das hässlichste Mädchen her, wenn man davon trinkt. Bei Zwergen wirkt es kaum. Aber leider«, setzte er mit einem hämischen Blick in Jacobs Richtung hinzu, »war nicht ich, sondern er zur Stelle.«

»Wie lange wirkt es?« Claras Stimme war kaum hörbar.

»Manche behaupten, dass die Wirkung nach einem Anfall verfliegt. Aber es gibt auch die Ansicht, dass sie Monate anhält.

Und die Hexen -«, Valiant lächelte Jacob anzüglich zu, »die Hexen glauben, dass es nur zum Vorschein bringt, was eh schon da ist.«

»Du scheinst ja alles über Lerchenwasser zu wissen. Ziehst du es auf Flaschen und handelst damit?«, fuhr Jacob den Zwerg an.

Valiant zuckte bedauernd die Achseln. »Leider hält es sich nicht. Und die Wirkung ist zu unberechenbar. Eine Schande. Kannst du dir vorstellen, welche Geschäfte man damit machen könnte?«

Jacob spürte Claras Blick, aber sie wandte den Kopf ab, sobald er ihn erwiderte. Er fühlte ihre Haut noch unter den Fingern. Hör auf, Jacob.

»Habt ihr den Eingang gefunden?«, fragte er Fuchs.

»Ja.« Sie wandte ihm den Rücken zu. »Er riecht nach Tod.«

»Ach was.« Valiant winkte verächtlich ab. »Es ist ein natürlicher Tunnel, der auf eine ihrer unterirdischen Straßen stößt. Die meisten lassen sie inzwischen bewachen, aber dieser ist ziemlich sicher.«

»Ziemlich?« Jacob glaubte, die Narben auf seinem Rücken zu spüren. »Woher weißt du von ihm?«

Valiant verdrehte die Augen über so viel Misstrauen. »Ihr König hat den Verkauf einiger Halbedelsteine verboten, die sehr gefragt sind. Aber einige seiner Untertanen sind zum Glück ebenso an einem gesunden Handel interessiert wie ich.«

»Ich sage, er riecht nach Tod.« Fuchs' Stimme klang noch heiserer als üblich.

»Ihr könnt es auch gern mit dem Haupteingang versuchen!«, sagte Valiant spöttisch. »Vielleicht ist Jacob Reckless ja der einzige Mensch, der in die Königsfestung der Goyl spaziert, ohne in Bernstein gegossen zu werden.«

Clara verbarg die Hände hinter dem Rücken, als könnte sie so vergessen, wen sie berührt hatten.

Jacob mied es, sie anzusehen. Er lud die Pistole nach und nahm ein paar Dinge aus den Satteltaschen: das Fernrohr, die Schnupftabakdose, das Fläschchen aus grünem Glas und Chanutes Messer. Dann füllte er sich die Manteltaschen mit Munition.

Fuchs saß unter den Büschen. Sie duckte sich, sobald er auf sie zutrat, wie damals, als er sie in der Falle gefunden hatte.

»Nehmt euch vor den Goylpatrouillen in Acht«, sagte er. »Am besten versteckt ihr euch zwischen den Felsen. Wenn ich bis morgen Abend nicht zurück bin, bringst du sie zu der Ruine.«

Sie. Er traute sich nicht mal mehr, ihren Namen auszusprechen.

»Ich will nicht bei ihr bleiben.«

»Bitte, Fuchs.«

»Du wirst nicht zurückkommen. Diesmal nicht.«

Sie entblößte die Zähne, aber sie biss nicht zu. In ihren Bissen war immer Liebe zu spüren gewesen.

»Reckless.« Der Zwerg stieß ihm ungeduldig den Flintengriff in den Rücken. »Ich dachte, du hättest es eilig.«

Valiant hatte die Flinte zu einer abenteuerlichen Waffe umgeformt. Es gab Gerüchte, dass Metall unter Zwergenhänden sogar Wurzeln trieb.

Jacob richtete sich auf.

Clara stand immer noch am Bach. Sie wandte sich ab, als er auf sie zutrat, aber Jacob zog sie mit sich. Fort von dem Zwerg. Fort von Fuchs und ihrem Zorn. »Sieh mich an.«

Sie wollte sich losmachen, aber er hielt sie fest, auch wenn das sein Herz gleich wieder schneller schlagen ließ. »Es bedeutet nichts, Clara. Gar nichts!« Ihre Augen waren dunkel vor Scham.

»Du liebst Will, hörst du? Wenn du das vergisst, können wir ihm nicht helfen. Niemand kann ihm dann helfen.«

Sie nickte, aber Jacob sah in ihrem Blick denselben Wahnsinn, den er selbst noch spürte. Wie lange wirkt es?

»Du wolltest wissen, was ich vorhabe.« Er griff nach ihrer Hand. »Ich muss die Dunkle Fee finden und sie zwingen, Will seine Haut zurückzugeben.«

Er sah den Schreck in ihren Augen und legte ihr warnend den Finger auf die Lippen. »Fuchs darf nichts davon erfahren«, flüsterte er ihr zu. »Sonst kommt sie mir nach. Aber ich schwöre es dir: Ich werde die Fee finden. Du wirst Will wecken. Und alles wird gut.«

Er wollte sie halten. Er hatte nie etwas mehr gewollt. Jacob blickte nicht zurück, als er Valiant in die Nacht folgte. Und Fuchs kam ihm nicht nach.

35

IM SCHOSS DER ERDE

Fuchs hatte recht. Die Höhle, zu der Valiant Jacob führte, roch nach Tod, und man brauchte nicht die feine Nase einer Füchsin, um ihn zu wittern. Ein Blick, und Jacob wusste, wer darin hauste.

Der Boden war übersät mit Knochen. Menschenfresser lebten zwischen den Resten ihrer Mahlzeiten und ihr Name täuschte. Sie fraßen sich auch an Goyl- und Zwergenfleisch satt. Zwischen den Knochen lagen die Dinge, die die Opfer sichtbar machten: eine Taschenuhr, der zerfetzte Ärmel eines Kleides, ein Kinderschuh - bestürzend klein -, ein Notizbuch mit getrocknetem Blut auf den Seiten. Für einen Moment wollte Jacob umdrehen, um Clara zu warnen, doch der Zwerg zog ihn weiter.

»Keine Sorge«, zischte Valiant ihm zu. »Die Goyl haben alle Menschenfresser in dieser Gegend längst erschlagen. Aber den Tunnel haben sie zum Glück nicht gefunden.«

Der Spalt in der Höhlenwand, durch den er verschwand, war für einen Zwerg mehr als weit genug, aber Jacob musste sich hindurchzwängen. Der Tunnel dahinter war so niedrig, dass er auf den ersten Metern kaum aufrecht gehen konnte, und führte schon bald tückisch steil in die Tiefe. Jacob fiel in dem engen Gang das Atmen schwer, und er war sehr erleichtert, als sie endlich auf eine der unterirdischen Straßen stießen, die die Festungen der Goyl miteinander verbanden. Sie war breit wie eine Menschenstraße und mit phosphoreszierenden Steinen gepflastert, die im Schein der Taschenlampe ein mattes Licht abgaben. Jacob glaubte, in der Ferne Maschinen zu hören und ein Summen wie von Wespen über einer Wiese voll Fallobst.

»Was ist das?«, fragte er den Zwerg mit gesenkter Stimme.

»Insekten, die die Abwässer der Goyl klären. Ihre Städte riechen wesentlich besser als unsere.« Valiant zog einen Stift aus der Jacke. »Bück dich! Zeit für dein Sklavenzeichen! P für Prussan«, raunte er, während er Jacob den Goyl-Buchstaben auf die Stirn malte. »Das ist der Name deines Besitzers, falls man dich fragt. Prussan ist ein Händler, mit dem ich Geschäfte mache. Allerdings sind seine Sklaven wesentlich sauberer als du und tragen ganz bestimmt keinen Waffengürtel. Du solltest ihn besser mir geben.«