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Selbst noch Tages zuvor hatt er sich dorten erlustigt.

Aber der Bär ging weiter nach Malepartus; da hatte

Reineke schöne Gebäude. Von allen Schlössern und Burgen,

Deren ihm viele gehörten, war Malepartus die beste.

Reineke wohnte daselbst, sobald er Übels besorgte.

Braun erreichte das Schloß und fand die gewöhnliche Pforte

Fest verschlossen. Da trat er davor und besann sich ein wenig;

Endlich rief er und sprach: Herr Oheim, seid Ihr zu Hause?

Braun, der Bär, ist gekommen, des Königs gerichtlicher Bote.

Denn es hat der König geschworen, Ihr sollet bei Hofe

Vor Gericht Euch stellen, ich soll Euch holen, damit Ihr

Recht zu nehmen und Recht zu geben keinem verweigert,

Oder es soll Euch das Leben kosten; denn bleibt Ihr dahinten,

Ist mit Galgen und Rad Euch gedroht. Drum wählet das Beste,

Kommt und folget mir nach, sonst möcht es Euch übel bekommen.

Reineke hörte genau vom Anfang zum Ende die Rede,

Lag und lauerte still und dachte: Wenn es gelänge,

Daß ich dem plumpen Kompan die stolzen Worte bezahlte?

Laßt uns die Sache bedenken. Er ging in die Tiefe der Wohnung,

In die Winkel des Schlosses, denn künstlich war es gebauet:

Löcher fanden sich hier und Höhlen mit vielerlei Gängen,

Eng und lang, und mancherlei Türen zum Öffnen und Schließen,

Wie es Zeit war und Not. Erfuhr er, daß man ihn suchte

Wegen schelmischer Tat, da fand er die beste Beschirmung.

Auch aus Einfalt hatten sich oft in diesen Mäandern

Arme Tiere gefangen, willkommene Beute dem Räuber.

Reineke hatte die Worte gehört, doch fürchtet' er klüglich,

Andre möchten noch neben dem Boten im Hinterhalt liegen,

Als er sich aber versichert, der Bär sei einzeln gekommen,

Ging er listig hinaus und sagte: Wertester Oheim,

Seid willkommen! Verzeiht mir! ich habe Vesper gelesen,

Darum ließ ich Euch warten. Ich dank Euch, daß Ihr gekommen,

Denn es nutzt mir gewiß bei Hofe, so darf ich es hoffen.

Seid zu jeglicher Stunde, mein Oheim, willkommen! Indessen

Bleibt der Tadel für den, der Euch die Reise befohlen,

Denn sie ist weit und beschwerlich. O Himmel! wie Ihr erhitzt seid!

Eure Haare sind naß und Euer Odem beklommen.

Hatte der mächtige König sonst keinen Boten zu senden,

Als den edelsten Mann, den er am meisten erhöhet?

Aber so sollt es wohl sein zu meinem Vorteil; ich bitte,

Helft mir am Hofe des Königs, allwo man mich übel verleumdet.

Morgen, setzt ich mir vor, trotz meiner mißlichen Lage,

Frei nach Hofe zu gehen, und so gedenk ich noch immer.

Nur für heute bin ich zu schwer, die Reise zu machen.

Leider hab ich zu viel von einer Speise gegessen,

Die mir übel bekommt; sie schmerzt mich gewaltig im Leibe.

Braun versetzte darauf. Was war es, Oheim? Der andre

Sagte dagegen: Was könnt es Euch helfen, und wenn ichs erzählte!

Kümmerlich frist ich mein Leben; ich leid es aber geduldig,

Ist ein armer Mann doch kein Graf! und findet zuweilen

Sich für uns und die Unsern nichts Besseres, müssen wir freilich

Honigscheiben verzehren, die sind wohl immer zu haben.

Doch ich esse sie nur aus Not; nun bin ich geschwollen.

Wider Willen schluckt ich das Zeug, wie sollt es gedeihen?

Kann ich es immer vermeiden, so bleibt mirs ferne vom Gaumen.

Ei! was hab ich gehört! versetzte der Braune, Herr Oheim!

Ei! verschmähet Ihr so den Honig, den mancher begehret?

Honig, muß ich Euch sagen, geht über alle Gerichte,

Wenigstens mir; o schafft mir davon, es soll Euch nicht reuen!

Dienen werd ich Euch wieder. — Ihr spottet, sagte der andre.

Nein, wahrhaftig! verschwor sich der Bär, es ist ernstlich gesprochen.

Ist dem also, versetzte der Rote: da kann ich Euch dienen,

Denn der Bauer Rüsteviel wohnt am Fuße des Berges.

Honig hat er! Gewiß, mit allem Eurem Geschlechte

Saht Ihr niemal so viel beisammen. Da lüstet' es Braunen

Übermäßig nach dieser geliebten Speise. O führt mich,

Rief er, eilig dahin! Herr Oheim, ich will es gedenken,

Schafft mir Honig, und wenn ich auch nicht gesättigt werde.

Gehen wir, sagte der Fuchs: es soll an Honig nicht fehlen.

Heute bin ich zwar schlecht zu Fuße; doch soll mir die Liebe,

Die ich Euch lange gewidmet, die sauern Tritte versüßen.

Denn ich kenne niemand von allen meinen Verwandten,

Den ich verehrte, wie Euch! Doch kommt! Ihr werdet dagegen

An des Königes Hof am Herren-Tage mir dienen,

Daß ich der Feinde Gewalt und ihre Klagen beschäme.

Honigsatt mach ich Euch heute, so viel Ihr immer nur tragen

Möget. — Es meinte der Schalk die Schläge der zornigen Bauern.

Reineke lief ihm zuvor, und blindlings folgte der Braune.

Will mirs gelingen, so dachte der Fuchs: ich bringe dich heute

Noch zu Markte, wo dir ein bittrer Honig zuteil wird.

Und sie kamen zu Rüsteviels Hofe; das freute den Bären,

Aber vergebens, wie Toren sich oft mit Hoffnung betrügen.

Abend war es geworden, und Reineke wußte, gewöhnlich

Liege Rüsteviel nun in seiner Kammer zu Bette,

Der ein Zimmermann war, ein tüchtiger Meister. Im Hofe

Lag ein eichener Stamm; er hatte, diesen zu trennen,

Schon zwei tüchtige Keile hineingetrieben, und oben,

Klaffte gespalten der Baum fast ellenweit. Reineke merkt' es,

Und er sagte: Mein Oheim, in diesem Baume befindet

Sich des Honigs mehr, als Ihr vermutet; nun stecket

Eure Schnauze hinein, so tief Ihr möget. Nur rat ich,

Nehmt nicht gierig zu viel, es möcht Euch übel bekommen.

Meint Ihr, sagte der Bär, ich sei ein Vielfraß? mitnichten!

Maß ist überall gut, bei allen Dingen. Und also

Ließ der Bär sich betören und steckte den Kopf in die Spalte

Bis an die Ohren hinein und auch die vordersten Füße.

Reineke machte sich dran, mit vielem Ziehen und Zerren

Bracht er die Keile heraus: nun war der Braune gefangen,

Haupt und Füße geklemmt; es half kein Schelten noch Schmeicheln.

Vollauf hatte der Braune zu tun, so stark er und kühn war,

Und so hielt der Neffe mit List den Oheim gefangen.

Heulend plärrte der Bär, und mit den hintersten Füßen

Scharrt' er grimmig und lärmte so sehr, daß Rüsteviel aufsprang.

Was es wäre? dachte der Meister und brachte sein Beil mit,

Daß man bewaffnet ihn fände, wenn jemand zu schaden gedächte.

Braun befand sich indes in großen Ängsten; die Spalte

Klemmt' ihn gewaltig, er zog und zerrte, brüllend vor Schmerzen.

Aber mit alle der Pein war nichts gewonnen; er glaubte

Nimmer von dannen zu kommen; so meint' auch Reineke freudig.

Als er Rüsteviel sah von ferne schreiten, da rief er:

Braun, wie steht es? Mäßiget Euch und schonet des Honigs!

Sagt, wie schmeckt es? Rüsteviel kommt und will Euch bewirten!

Nach der Mahlzeit bringt er ein Schlückchen, es mag Euch bekommen!

Da ging Reineke wieder nach Malepartus, der Feste.

Aber Rüsteviel kam, und als er den Bären erblickte,

Lief er, die Bauern zu rufen, die noch in der Schenke beisammen

Schmauseten. Kommt! so rief er: in meinem Hofe gefangen

Hat sich ein Bär, ich sage die Wahrheit. Sie folgten und liefen,

Jeder bewehrte sich eilig, so gut er konnte. Der eine

Nahm die Gabel zur Hand, und seinen Rechen der andre,

Und der dritte, der vierte, mit Spieß und Hacke bewaffnet,

Kamen gesprungen, der fünfte mit einem Pfahle gerüstet.

Ja, der Pfarrer und Küster, sie kamen mit ihrem Geräte.

Auch die Köchin des Pfaffen (sie hieß Frau Jutte, sie konnte

Grütze bereiten und kochen wie keine) blieb nicht dahinten,

Kam mit dem Rocken gelaufen, bei dem sie am Tage gesessen,

Dem unglücklichen Bären den Pelz zu waschen. Der Braune

Hörte den wachsenden Lärm in seinen schrecklichen Nöten,

Und er riß mit Gewalt das Haupt aus der Spalte; da blieb ihm

Haut und Haar des Gesichts bis zu den Ohren im Baume.

Nein! kein kläglicher Tier hat jemand gesehen! es rieselt'

Über die Ohren das Blut. Was half ihm, das Haupt zu befreien?

Denn es blieben die Pfoten im Baume stecken; da riß er

Hastig sie ruckend heraus; er raste sinnlos, die Klauen

Und von den Füßen das Fell blieb in der klemmenden Spalte.

Leider schmeckte dies nicht nach süßem Honig, wozu ihm

Reineke Hoffnung gemacht; die Reise war übel geraten,

Eine sorgliche Fahrt war Braunen geworden. Es blutet'

Ihm der Bart und die Füße dazu, er konnte nicht stehen,

Konnte nicht kriechen, noch gehn. Und Rüsteviel eilte, zu schlagen,

Alle fielen ihn an, die mit dem Meister gekommen;

Ihn zu töten, war ihr Begehr. Es führte der Pater

Einen langen Stab in der Hand und schlug ihn von ferne.

Kümmerlich wandt er sich hin und her, es drängt' ihn der Haufen,