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»Wo haben Sie sich denn so lange versteckt? Und wo zum Kuckuck sind wir hier?«

»Das ist im Augenblick nicht wichtig. Sind Sie Louis Wu MMGREWPLH?«

»Sie kennen meinen Kode? Sie haben mich gesucht!«

»Richtig. Wir fanden eine Möglichkeit, das Netzwerk der Transferkabinen Ihrer Welt zu manipulieren.«

Das läßt sich machen, dachte Louis. Es muß ein Vermögen an Bestechungsgeldern kosten, doch es ist technisch nicht unmöglich. Aber… »Warum?«

»Dazu muß ich zu einer längeren Erklärung ausholen…«

»Wollen Sie mich denn nicht hereinlassen?«

Der Puppenspieler überlegte. »Vermutlich muß ich das. Aber ich warne Sie! Ich bin nicht ohne Schutz! Meine Waffen werden jedem Angriff wirksam begegnen!«

Louis Wu gab einen ärgerlichen Laut von sich. »Warum sollte ich Sie angreifen?«

Der Puppenspieler schwieg.

»Jetzt erinnere ich mich! Sie sind als Feiglinge verschrien. Ihr gesamtes ethisches System baut auf Feigheit!«

»Nicht ganz zutreffend, aber hinreichend.«

»Nun, es könnte schlimmer sein«, räumte Louis ein. Jede intelligente Spezies hatte ihre Macken. Ganz gewiß war ein Puppenspieler umgänglicher als die rassisch paranoiden Trinocs oder die Kzinti mit ihren hypernervösen Killerinstinkten. Oder die Grogs mit ihren… ihren unglaublichen Ersatzhänden.

Der Anblick des Pierson-Puppenspielers weckte in Louis einen Wust verstaubter Erinnerungen. Mit den Daten über die PiersonPuppenspieler und ihr Handelsimperium, ihren Wechselbeziehungen zur Menschheit und ihrem plötzlichen, schockierenden Verschwinden mischte sich die Erinnerung an die erste Zigarette, das Gefühl der Computertastatur unter den noch ungeübten, ungeschickten Fingern, an das seitenweise Auswendiglernen von Interspeak-Vokabeln, an die Laute und Betonungen der englischen Sprache, die Ungewißheiten und Ängste der frühen Jugend. Er hatte am College einen Geschichtskurs über die Pierson-Puppenspieler belegt und sie vor hundertachtzig Jahren einfach vergessen. Bis zum heutigen Tag. Unglaublich, daß der Verstand eines Menschen so viel behalten konnte!

»Wenn Ihnen das angenehmer ist, werde ich hier in der Kabine bleiben«, sagte er zu dem Puppenspieler.

»Nein. Wir müssen uns näher kennenlernen.«

Muskeln bewegten sich und zuckten unter der ledrig weißen Haut. Der Puppenspieler faßte sich ein Herz. Die Tür der Transferkabine öffnete sich mit einem Klicken, und Louis Wu betrat das Zimmer.

Der Puppenspieler wich ein paar Schritte zurück.

Louis ließ sich in einen Sessel fallen, mehr zur Beruhigung des Puppenspielers als zu seiner Bequemlichkeit. Im Sitzen würde er harmloser aussehen. Der Sessel war ein Standardmodell, ein selbstjustierender Massagesitz für humanoide Wesen. Louis bemerkte einen Duft, der ihn an ein Gewürzbord und eine chemische Experimentierausrüstung erinnerte — durchaus nicht unangenehm.

Der Fremdling hockte sich auf sein zusammengefaltetes Hinterbein. »Sie wundern sich, warum ich Sie herholte. Das bedarf einiger Erklärungen. Was wissen Sie über meine Rasse?«

»Meine Collegezeit liegt lange zurück. Sie hatten früher einmal ein Handelsimperium, nicht wahr? Was wir als ›Bekannten Weltraum‹ zu bezeichnen pflegen, war nur ein kleiner Teil davon. Wir wissen, daß Ihr Volk schon sehr lange mit den Trinocs Handel trieb, als wir den Trinocs vor zwanzig Jahren zum ersten Mal im All begegnet sind.«

»Ja, wir trieben Handel mit den Trinocs. Größtenteils durch Roboter, wie ich mich entsinne.«

»Ihr Handelsimperium war Tausende von Jahren alt und umspannte Dutzende von Lichtjahren. Und dann verschwanden Sie plötzlich und ließen alles hinter sich. Warum?«

»Sollte Ihre Rasse das tatsächlich vergessen haben? Wir flohen vor der Explosion des galaktischen Zentrums!«

»Darüber weiß ich Bescheid.« Vage erinnerte sich Louis, daß Aliens die Kettenreaktionen der Novae im Zentrum der Milchstraße entdeckt hatten. »Aber warum flüchten Sie schon jetzt? Die Sonnen im galaktischen Zentrum wurden vor zehntausend Jahren zu Novae! Das Licht der Explosion erreicht den Bekannten Weltraum nicht vor zwanzigtausend Jahren.«

»Menschen!« sagte der Puppenspieler. »Man sollte Sie nicht frei herumlaufen lassen. Sie schaden sich immer selbst. Sehen Sie denn nicht die Gefahr? Die harten Strahlen der Wellenfront werden die gesamte Galaxis unbewohnbar machen!«

»Zwanzigtausend Jahre sind eine lange Zeit.«

»Ob morgen oder in zwanzigtausend Jahren — das ändert nichts an der Tatsache der Vernichtung. Meine Spezies floh in Richtung der Magellanschen Wolken. Ein paar von uns blieben zurück, falls dem Exodus der Puppenspieler eine Gefahr erwachsen würde. Dieser Fall ist eingetreten.«

»Oh? Was denn für eine Gefahr?«

»Diese Frage darf ich Ihnen noch nicht beantworten. Aber schauen Sie sich einmal das hier an.« Der Puppenspieler langte nach einem Gegenstand auf dem Tisch.

Louis hatte sich die ganze Zeit über gewundert, wo der Puppenspieler seine Hände versteckte. Jetzt sah er, daß die Münder des Puppenspielers zugleich Hände waren. Gute Hände obendrein, dachte Louis, als der Puppenspieler ihm ein Hologramm reichte. Die sensiblen, gummiartigen Lippen ragten ein paar Zoll über das Puppenspieler-Äquivalent von Zähnen hinaus und wiesen fingerartige Fortsätze auf, die so trocken waren wie eine menschliche Hand. Hinter den breiten Vegetarierzähnen erkannte Louis eine gegabelte Zunge.

Er nahm das Holo entgegen und betrachtete es.

Zuerst ergab es keinen Sinn. Louis studierte das Gebilde weiter und wartete auf eine Eingebung. Das Holo zeigte eine kleine, gleißend helle Scheibe, eine Sonne der Größe G0 oder K9 oder K8, mit einem schmalen, scharf abgegrenzten schwarzen Sehnenschnitt am Rand. Doch das gleißende Objekt konnte unmöglich eine Sonne sein! Vor dem vakuumschwarzen Hintergrund zeichnete sich, teilweise verdeckt von dem sonnenähnlichen Objekt, ein himmelblauer Streifen ab. Dieser Streifen war vollkommen gerade, scharf umrissen, massiv, von künstlicher Beschaffenheit und breiter als die leuchtende Scheibe.

»Sieht aus wie ein Stern, der von einem breiten Ring umgeben ist«, sagte Louis. »Was stellt es dar?«

»Wenn Sie wollen, dürfen Sie die Abbildung behalten, um sie eingehender zu studieren. Ich beabsichtige, eine Expedition zusammenzustellen, die aus vier Mitgliedern besteht. Sie und ich gehören dazu.«

»Um was zu erforschen?«

»Es steht mir nicht frei, Ihnen das zu verraten.«

»Oh, kommen Sie! Ich wäre verrückt, mich mit verbundenen Augen auf ein Abenteuer einzulassen.«

»Meinen Glückwunsch zum zweihundertsten Geburtstag«, sagte der Puppenspieler.

»Vielen Dank«, erwiderte Louis verwirrt.

»Warum haben Sie Ihre eigene Party verlassen?«

»Das geht Sie nichts an.«

»Aber doch! Seien Sie ehrlich, Louis Wu. Warum haben Sie Ihre eigene Geburtstagsparty verlassen?«

»Ich entschied, daß vierundzwanzig Stunden zu kurz wären für einen zweihundertsten Geburtstag. Deshalb dehnte ich ihn aus, indem ich vor der Mitternachtslinie hereilte. Ein fremdes Wesen wie Sie kann das nicht begreifen…«

»Sie waren also glücklich über Ihr erfülltes Leben?«

»Nicht ganz. Nein…«

Nicht glücklich — eher das Gegenteil. Obgleich sich die Party recht erfreulich entwickelt hatte.

Die Feier hatte eine Minute nach Mitternacht an seinem Geburtstag begonnen. Warum nicht? Louis’ Freunde wohnten in sämtlichen Zeitzonen. Es gab keinen Grund, auch nur eine Minute des Tages zu verschwenden. Schlafgeräte waren über das ganze Haus verteilt, für schnelle, kurze Tiefschlaf-Pausen. Für Gäste, die nichts versäumen wollten, standen Amphetamine bereit, einige davon mit interessanten Nebenwirkungen.