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Der nächste Randwall war mindestens fünfundzwanzigtausend Meilen weit entfernt sein.

Wenn man auf der Erde so weit flog, war man wieder am Ausgangspunkt zurück. Der nächste Randwall konnte noch viel weiter weg sein.

»Wir können die Liar nicht hinter den Flugrädern herschleppen«, gab Der-zu-den-Tieren-spricht zu bedenken. »Falls man uns angreift, müßten wir das Schiff losschneiden. Besser, wir lassen es hier, in der Nähe eines markanten Geländepunktes.«

»Wer hat denn etwas von Abschleppen gesagt?«

»Ein guter Krieger denkt an alles. Am Ende werden wir das Raumschiff vielleicht doch noch schleppen, falls wir am Randwall keine Hilfe finden.«

»Wir werden Hilfe finden«, sagte Nessus.

»Wahrscheinlich hat er recht«, murmelte Louis. »Die Raumhäfen liegen auf dem Randwall. Wenn der gesamte Ring in die Steinzeit zurückgefallen ist und die Zivilisation sich neu entwickeln muß, dann fängt sie mit zurückkehrenden Ramjetschiffen an. Das ist logisch.«

»Sie spekulieren nur!« widersprach der Kzin.

»Vielleicht.«

»Trotzdem stimme ich Ihnen zu. Außerdem möchte ich hinzufügen, daß wir am Raumhafen vielleicht Maschinen finden, auch wenn die Ringwelt all ihre großartigen Geheimnisse längst verloren hat. Funktionierende Maschinen oder Maschinen, die wir reparieren können.«

Doch welcher Randwall lag näher?

»Teela hat recht. Wir sollten lieber an die Arbeit gehen. Heute Abend wissen wir mehr.«

Stunden harter Arbeit folgten. Sie suchten Geräte aus, sortierten, brachten schwere Maschinen mit Hilfe von Seilzügen aus der Luftschleuse nach unten. Die plötzlichen Veränderungen der Gravitationsrichtung verursachten Probleme, aber kein Teil der Ausrüstung war ausgesprochen zerbrechlich.

Einmal während dieser Zeit paßte Louis Teela ab. Die beiden Aliens waren draußen. »Du machst ein Gesicht, als hätte jemand dein Lieblingsorchideenwesen vergiftet. Willst du reden?«

Sie schüttelte den Kopf und wich seinem Blick aus. Ihre Lippen bildeten einen perfekten Schmollmund. Sie war eine jener seltenen, glücklichen Frauen, die nicht häßlich wurden, wenn sie weinten.

»Gut, dann werde ich es dir sagen. Als du ohne Raumanzug durch die Luftschleuse gestolpert bist, habe ich dir eine Predigt gehalten. Eine Viertelstunde später versuchst du, einen Abhang aus erstarrender Lava hinaufzuklettern — mit nichts an den Füßen außer Bordschuhen!«

»Du wolltest, daß ich mir die Füße verbrenne!«

»Stimmt haargenau. Sieh mich nicht so entgeistert an! Wir brauchen dich. Wir wollen nicht, daß du stirbst. Ich will, daß du lernst, vorsichtig zu sein. Du hattest es nie nötig, also mußt du es jetzt lernen! Du wirst dich länger an deine verbrannten Füße erinnern als an meine Vorträge.«

»Ihr und mich brauchen! Daß ich nicht lache! Du weißt, weshalb Nessus mich hergebracht hat. Ich bin sein Talisman, und ich habe versagt.«

»Ich gebe zu, da ist etwas dran. Als Talisman bist du gefeuert. Komm schon, lach mal wieder. Wir brauchen dich. Wir brauchen dich, um mich zufrieden zu machen, damit ich nicht Nessus vergewaltigen muß. Wir brauchen dich für all die schwere Arbeit, damit wir in der Sonne liegen können. Wir brauchen dich, damit du intelligente Vorschläge machen kannst.«

Sie zwang sich zu einem Lächeln. Es brach, und sie fing an zu weinen. Sie vergrub das Gesicht an Louis’ Schulter und schluchzte jämmerlich. Ihre Fingernägel gruben sich in seinen Rücken.

Es war nicht das erste Mal, daß eine Frau an Louis Wus Schulter geweint hatte — allerdings hatte Teela wahrscheinlich mehr Grund dazu als die meisten. Er hielt sie fest und massierte halb automatisch die Muskeln in ihrem Nacken, während er wartete, daß sie sich beruhigte.

Sie redete in das Material seines Druckanzugs. »Woher sollte ich denn wissen, daß ich mich an den Felsen verbrenne?«

»Erinnerst du dich an Finagles Gesetz? Die Perversität des Universums strebt einem Maximum entgegen. Das Universum ist feindselig.«

»Es hat weh getan!«

»Der Fels hat sich gegen dich gewandt. Er hat dich angegriffen. Hör zu«, Louis flehte jetzt beinahe. »Du mußt lernen, paranoide zu denken. Denk wie Nessus!«

»Ich kann nicht. Ich weiß nicht, wie er denkt! Ich verstehe ihn einfach nicht!« Sie blickte ihn mit tränennassem Gesicht an. »Ich verstehe dich nicht!«

»Ja.« Er strich mit beiden Daumen am Rand ihrer Schulterblätter entlang, dann über ihre Wirbelsäule. »Hör zu, Teela«, sagte er schließlich. »Wenn ich behaupte, das Universum sei mein Feind — würdest du mich dann für verrückt halten?«

Sie nickte heftig. Wütend.

»Das Universum ist gegen mich«, sagte Louis Wu. »Das Universum haßt mich. Das Universum nimmt keine Rücksicht auf einen Zweihundertjährigen.

Wie entwickelt sich eine Spezies? Durch Evolution, nicht wahr? Die Evolution hat dem Sprecher-zu-den-Tieren seine Nachtsicht und den Gleichgewichtssinn gegeben. Die Evolution hat Nessus den Reflex gegeben, jeder Gefahr den Rücken zuzuwenden. Die Evolution schaltet den Sexualtrieb beim Menschen ab, wenn er fünfzig oder sechzig Jahre alt ist. Und dann hört die Evolution auf.

Weil die Evolution sich nicht mehr für einen Organismus interessiert, der zu alt zur Fortpflanzung ist. Kannst du mir folgen?«

»Sicher. Du bist zu alt, um dich fortzupflanzen«, spottete sie bitter.

»Richtig. Vor ein paar Jahrhunderten knackten ein paar Biogenetiker den genetischen Kode des Ambrosiakrautes und produzierten daraus Boosterspice. Als Resultat bin ich zweihundert Jahre alt und noch immer gesund. Aber nicht etwa, weil das Universum mich liebt.

Das Universum haßt mich«, sagte Louis Wu. »Es hat schon oft versucht, mich umzubringen. Ich wünschte, ich könnte dir die Narben zeigen. Es wird nicht aufgeben.«

»Weil du zu alt bist, um dich fortzupflanzen!«

»Finagles Hysterie, Frau! Du bist diejenige, die nicht weiß, wie man auf sich achtgibt! Wir befinden uns in unbekanntem Gebiet. Wir kennen die Regeln nicht, und wir wissen nicht, was auf uns zukommt. Wenn du das nächste Mal versuchst, auf heißer Lava zu spazieren, könntest du dir Schlimmeres holen als verbrannte Füße! Sei vorsichtig! Verstehst du, was ich meine?«

»Nein«, rief Teela. »Nein!«

Später, nachdem sie sich das Gesicht gewaschen hatte, trugen sie das vierte Flugrad in die Luftschleuse. Eine geschlagene halbe Stunde lang hatten der Kzin und der Puppenspieler sie in Ruhe gelassen. Hatten die beiden etwa beschlossen, sich aus rein zwischenmenschlichen Problemen herauszuhalten? Vielleicht. Vielleicht.

Zwischen zwei hohen Wällen aus schwarzer Lava erstreckte sich ein Streifen aus Fundamentmaterial scheinbar bis in die Unendlichkeit. Das Material war glatt und glänzte wie eine polierte Tischplatte. Am vorderen Ende des Streifens lag eine gewaltige gläserne Kathodenröhre auf der Seite. Unter der gewölbten Flanke waren Maschinen und Geräte aufgestapelt. Daneben standen vier seltsame Gestalten verloren herum.

»Was ist mit Wasser?« fragte Louis. »Ich habe nirgendwo Seen entdecken können. Müssen wir unser eigenes Wasser mitschleppen?«

»Nein.« Nessus öffnete eine Klappe am Heck seines Flugrads und deutete auf den Wassertank mit dem Kühlkondensator, der Feuchtigkeit aus der Luft einsammelte.

Die Flugräder waren Wunderwerke kompakter Technik. Abgesehen von den individuell geformten Sätteln sahen sie vollkommen gleich aus. Zwei gut einen Meter durchmessende Kugeln waren mit einem Gestänge verbunden, auf dem sich der Sattel für den Piloten befand. Im hinteren Teil des Flugrads befanden sich der Gepäckraum und zusätzliche Halterungen zum Festschnallen sperriger Ausrüstung. Vier Stützen, auf denen die Räder jetzt standen, wurden für den Flug in die Kugeln eingezogen.