Das Flugrad des Puppenspielers besaß einen Liegesatteclass="underline" eine Schale, in der der Rumpf ruhte, und drei Ausbuchtungen für die Beine. Nessus würde unbeweglich im Sattel liegen und das Fahrzeug mit seinen beiden Mündern steuern.
Die Räder von Louis und Teela waren mit gepolsterten Konturliegen und Kopfstützen ausgerüstet und besaßen Kontrollen für die Fluglagesteuerung. Wie bei Nessus und dem Kzin befanden sich die Sättel auf dem Gestänge zwischen den beiden Kugeln des hantelförmigen Fahrzeugs. Zu beiden Seiten waren Fußstützen angebracht. Der Sattel von Der-zu-den-Tieren-spricht war erheblich größer und breiter und besaß keine Kopfstütze. Außer den Fußrasten befanden sich links und rechts vom Sattel Halterungen für Werkzeuge. Oder vielleicht für Waffen?
»Wir müssen alles mitnehmen, was sich als Waffe verwenden läßt«, fauchte der Kzin, während er ruhelos zwischen den gestapelten Ausrüstungsgegenständen umherstreifte.
»Wir haben keine Waffen mitgebracht«, erwiderte Nessus. »Wir wollten demonstrieren, daß wir friedlich sind. Deswegen haben wir erst gar keine Waffen eingepackt.«
»Und was ist das hier?« Der Kzin hatte bereits einen — wenn auch spärlichen — Stapel leichter Ausrüstungsteile gesammelt.
»Alles Werkzeug.« Nessus deutete mit beiden Köpfen. »Das dort sind Flashlaser mit variabler Lichtbündlung. Nachts kann man damit auf große Entfernungen sehen, weil man den Lichtstrahl mit diesem Stellring unendlich fein bündeln kann. Man muß natürlich vorsichtig sein, um nahe Gegenstände oder Lebewesen nicht zu verbrennen, weil man den Strahl vollkommen parallel richten und extrem intensiv machen kann.
Diese Duellpistolen dienen dazu, Auseinandersetzungen zwischen den Besatzungsmitgliedern zu schlichten. Sie feuern zehn Sekunden lang. Man darf diese Sicherung hier unter keinen Umständen berühren, weil sonst…«
»… weil sie sonst eine Stunde lang feuern würden, nicht wahr? Das ist ein Modell von Jinx, oder?«
»Ja, Louis. Dieser Gegenstand hier ist ein modifiziertes Grabwerkzeug. Vielleicht erinnern Sie sich an das Werkzeug, das wir in einer Slaver-Stasisbox fanden?«
Der Slaver-Desintegrator, dachte Louis. Der Desintegrator war tatsächlich ein Grabwerkzeug. Wo sein dünner Strahl auftraf, wurde die Ladung der Elektronen vorübergehend neutralisiert. Feste Materie besaß plötzlich eine gewaltige positive Ladung und zerfiel in einen Nebel aus atomarem Staub.
»Das Ding ist als Waffe wertlos«, polterte der Kzin. »Wir haben es gründlich studiert. Es arbeitet zu langsam, um wirksam gegen einen Gegner eingesetzt werden zu können.«
»Ganz recht. Ein harmloses Spielzeug. Das hier…« Der Gegenstand im Mund des Puppenspielers ähnelte einer doppelläufigen Schrotflinte, nur daß der Griff aussah wie für einen Puppenspieler entworfen. Wie Quecksilber, das im Begriff steht, von einer Form in die andere überzufließen.
»… arbeitet ganz genau wie ein Slaver-Desintegrator, nur unterdrückt hier ein weiter Strahl die positive Ladung der Protonen. Man darf auf keinen Fall beide Strahlen zugleich einsetzen, da sie parallel gerichtet sind.«
»Ich verstehe«, sagte der Kzin. »Wenn beide Strahlen gleichzeitig abgefeuert werden, fließt ein Strom.«
»Richtig.«
»Meinen Sie, diese improvisierte Bewaffnung reicht aus? Wir wissen nicht, was uns alles begegnen wird!«
»Das stimmt nicht ganz«, meldete sich Louis Wu zu Wort. »Schließlich ist das hier kein normaler Planet. Falls es Tiere gab, die die Ringweltler nicht mochten, dann haben sie sie sicher zu Hause gelassen. Wir werden wohl kaum Tiger antreffen oder Moskitos.«
»Vielleicht mochten die Ringweltler Tiger?« warf Teela ein.
Ein stichhaltiges Argument, trotz ihres spöttischen Untertons. Was wußten sie von der Physiologie der Ringwelt? Nur, daß die Baumeister ursprünglich von einer Wasserwelt stammten, die einen Stern von annähernd der Kategorie G2 umkreist hatte. Unter dieser Voraussetzung mochten sie vielleicht aussehen wie Menschen oder Puppenspieler oder Delphine oder Kzinti oder Orcas oder Pottwale… aber wahrscheinlich sahen sie ganz anders aus.
»Ich glaube, wir müssen die Ringweltler mehr fürchten als ihre Schoßtiere«, prophezeite der Kzin. »Wir müssen alles mitnehmen, was sich als Waffe gebrauchen läßt. Ich schlage vor, daß ich von jetzt an diese Expedition führe, bis wir den Ring wieder verlassen!«
»Ich verfüge immer noch über den Tasp!«
»Das habe ich nicht vergessen. Betrachten Sie ihn als ultimative Möglichkeit, Ihr Veto einzulegen. Obwohl ich vorschlage, daß Sie nicht zu vorschnell damit sind. Denken Sie doch einmal nach, Sie alle!« Der Kzin ragte über ihnen auf — fünfhundert Pfund Zähne und Krallen und orangefarbenes Fell. »Wir sind alle intelligente Wesen. Denken Sie an unsere Lage! Man hat uns angegriffen. Unser Schiff ist halb zerstört. Wir müssen eine unbekannte Entfernung über unbekanntes Terrain zurücklegen. Die Macht der Ringweltler war einmal unvorstellbar. Ist sie das noch immer, oder benutzen sie heute nichts mehr, das komplizierter ist als ein Speer mit einer Knochenspitze?
Vielleicht besitzen sie noch immer Transmutation oder Umwandlungsstrahlen, alles, was erforderlich war, um diesen…« Der Kzin blickte sich um, musterte den glasartigen Boden und die schwarzen Lavawälle, und vielleicht erschauerte er innerlich. »… diesen unglaublichen Artefakten zu bauen!«
»Ich habe den Tasp«, flötete Nessus zum zweitenmal. »Ich führe die Expedition!«
»Sind Sie mit dem bisherigen Ergebnis zufrieden? Ich will Sie nicht beleidigen, und das soll auch keine Herausforderung sein. Aber Sie müssen mir das Kommando übertragen. Von uns Vieren bin ich der einzige mit einer militärischen Ausbildung.«
»Warten wir doch ab«, schlug Teela vor. »Vielleicht müssen wir gar nicht kämpfen.«
»Einverstanden«, stimmte Louis ihr zu. Ein Kzin als Anführer war nicht gerade nach seinem Geschmack.
»Wie Sie meinen. Aber wir müssen die Waffen mitnehmen!«
Sie verfrachteten die Ladung in die Flugräder.
Neben den Waffen gab es andere Dinge. Trekkingausrüstung, Geräte zum Testen und Aufbereiten von Nahrung, Ampullen mit Vitaminen und anderen Nahrungszusätzen, tragbare Luftfilter…
Es gab Kommunikatorscheiben, die ein Mensch oder ein Kzin am Handgelenk oder ein Puppenspieler um den Hals tragen konnte. Sie waren sperrig und nicht sonderlich bequem.
»Weshalb nehmen wir diese Dinger mit?« erkundigte sich Louis. Der Puppenspieler hatte ihnen bereits die in die Räder eingebaute Sprechanlage erklärt.
»Eigentlich waren sie dafür vorgesehen, mit der Liar zu kommunizieren, damit wir im Notfall das Raumschiff heranholen können.«
»Und wozu brauchen wir sie jetzt?«
»Als Translatoren, Louis. Falls wir vernunftbegabten Wesen begegnen, was wahrscheinlich ist, muß der Schiffsrechner für uns als Dolmetscher fungieren.«
»Oh.«
Sie waren mit dem Beladen fertig. Eine Menge Ausrüstung lagerte noch unter dem Rumpf der Liar, doch es war nutzloses Zeug: Ausrüstung für Schwerelosigkeit, die Druckanzüge, Ersatzteile für Maschinen, die vom Verteidigungssystem der Ringwelt in Dampf verwandelt worden waren. Sie hatten sogar die Luftfilter eingepackt — wohl mehr, weil sie kaum schwerer und sperriger waren als Taschentücher, als daß sie damit rechneten, die Filter zu benötigen.
Louis war zum Umfallen müde. Er stieg auf sein Flugrad, blickte sich um und überlegte, ob er etwas vergessen hatte. Er sah, daß Teela senkrecht nach oben starrte. Selbst durch seine Erschöpfung hindurch bemerkte er ihr Entsetzen.
»Tanj!« fluchte sie. »Es ist immer noch Mittag!«
»Keine Panik. Die…«
»Louis! Wir haben gut sechs Stunden ununterbrochen gearbeitet! Wie kann es jetzt immer noch Mittag sein?«