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Die Diamantformation der Flugräder löste sich auf und gruppierte sich neu. Der Kzin steuerte nach Backbord und spinwärts auf das Flußtal zu, das Louis zuvor entdeckt hatte. Die anderen folgten ihm.

Sie verloren immer noch an Höhe, als sie den Wasserlauf überquerten. Der-zu-den-Tieren-spricht schwenkte spinwärts, um ihm zu folgen. Inzwischen krochen sie nur noch dicht über den Baumwipfeln dahin. Der Kzin suchte nach einer Stelle am Ufer, die nicht von Bäumen blockiert war.

»Diese Pflanzen scheinen sehr erdähnlich«, sagte Louis. Die beiden Aliens gaben zustimmende Laute von sich.

Sie umrundeten eine Flußbiegung.

Die Eingeborenen standen an einem breiten Abschnitt des Wasserlaufs. Sie brachten ein Fischnetz aus. Als die Reihe von Flugrädern in Sicht kamen, blickten die Eingeborenen auf. Eine ganze Weile unternahmen sie nichts anderes, als das Netz fallenzulassen und mit offenen Mündern hinauf zu den Fremden zu starren.

Louis, der Kzin und Nessus reagierten nicht anders. Sie zogen sofort hoch. Die Eingeborenen schrumpften zu winzigen Punkten, und aus dem Wasserlauf wurde erneut ein silberner Faden. Der üppige Urwald verschwamm wieder zu Grün und Braun.

»Schalten Sie die Autopiloten ein!« rief der Kzin in unmißverständlichem Befehlston. »Ich werde uns zu einem anderen Landeplatz bringen!«

Er muß diese Kommandosprache speziell für den Umgang mit Menschen gelernt haben. Die Pflichten eines Botschafters, überlegte Louis, sind in der Tat sehr vielseitig.

Teela hatte offensichtlich nichts von dem Vorfall bemerkt.

»Nun?« meinte Louis.

»Das waren Menschen!« sagte Nessus.

»Also habe ich mich nicht getäuscht«, erwiderte Louis.

»Ich dachte schon, ich leide an Halluzinationen. Fragt sich nur, wie Menschen hierher kommen konnten!« Weder Nessus noch der Kzin versuchten, Louis eine Antwort zu geben.

KAPITEL ZWÖLF

DIE FAUST GOTTES

Sie landeten in einem Talkessel, der von niedrigen bewaldeten Hügeln eingeschlossen war. Die Hügel verbargen den falschen Horizont, genau wie das Tageslicht das Leuchten des Ringweltbogens, und alles sah aus wie eine Landschaft auf irgendeiner von Menschen besiedelten Welt. Das Gras war zwar genaugenommen kein richtiges Gras, doch es war grün und bildete einen dichten Teppich an Stellen, wo man das auch von irdischem Gras erwartet hätte. Es gab Humus und Felsblöcke und Büsche mit grünen Blättern, die genauso knorrig waren, wie sie sein sollten.

Die Vegetation war geradezu verblüffend erdähnlich, wie Louis feststellte. Es gab Büsche, wo man Büsche erwartete, kahle Stellen, wo kahle Stellen sein sollten. Nach den Instrumenten an Bord der Flugräder waren die Pflanzen bis hinunter auf molekulare Ebene mit der irdischen Flora identisch.

Genau wie Der-zu-den-Tieren-spricht und Louis Wu durch irgendeinen virusähnlichen Vorfahren entfernt miteinander verwandt waren, so waren die Bäume dieser Welt mit beiden verwandt.

Sie entdeckten einen Busch, der sich vorzüglich als Zaunhecke geeignet hätte. Die Pflanze hatte einen holzigen Stamm, doch er wuchs in einem Winkel von 45 Grad aus dem Boden, entwickelte eine Blätterkrone, wuchs im gleichen Winkel wieder nach unten, senkte ein Büschel Wurzeln in den Bogen, beschrieb erneut einen Knick von neunzig Grad… Louis hatte eine ähnliche Pflanze auf Gummidgy gesehen — doch hier war die Heckenreihe saftig grün und borkenbraun, die Farben irdischer Flora. Louis taufte das Gewächs Ellenbogenwurzel.

Nessus trabte in dem kleinen Wäldchen umher und sammelte Insekten und Pflanzen, um sie im Kompaktlabor seines Flugrads zu untersuchen. Er trug seinen Druckanzug — einen durchsichtigen Ballon mit drei Stiefeln und zwei Handschuh-Mundstücken. Nichts auf der Ringwelt konnte ihn angreifen, ohne zuerst diese Barriere zu durchdringen: kein Raubtier, kein Insekt, keine Pollen oder Pilzsporen und kein Virusmolekül.

Teela saß rittlings auf ihrem Flugrad, und ihre mehr großen als sensiblen Hände ruhten leicht auf der Instrumentenkonsole. Ihre Mundwinkel zeigten noch immer leicht nach oben. Sie schien gewappnet gegen plötzliches Beschleunigen, entspannt und wachsam zugleich, und betonte die Kurven und Linien ihres Körpers, als säße sie Modell für ein Gemälde. Ihre grünen Augen sahen durch Louis Wu hindurch, genau wie durch die Barriere niedriger Hügel, und in die Unendlichkeit eines abstrakten Ringwelthorizonts.

»Ich verstehe das nicht«, sagte der Kzin. »Was genau fehlt ihr? Sie schläft nicht, doch sie scheint merkwürdig abwesend.«

»Trance«, murmelte Louis Wu. »Sie wird von selbst wieder zu sich kommen.«

»Dann ist sie also nicht in Gefahr?«

»Jetzt nicht mehr. Ich hatte Angst, sie würde von ihrem Flugrad fallen oder etwas Verrücktes mit ihren Kontrollen anstellen. Auf dem Boden ist sie sicher.«

»Aber weshalb zeigt sie kein Interesse an uns?«

Louis versuchte es ihm zu erklären.

Im Asteroidengürtel des irdischen Sonnensystems verbringen Männer ihr halbes Leben damit, Einmannschiffe zwischen den Felsen hindurchzusteuern. Sie navigieren nach den Sternen. Stundenlang beobachten diese Schürfer die Sterne: die schnellen, hellen Bögen von anderen fusionsgetriebenen Einmannschiffen, die langsamen, treibenden Lichtpunkte naher Asteroiden und die Fixpunkte, die richtigen Sterne und Galaxien.

Ein Mann kann seine Seele unter dem weißen Licht der Sterne verlieren. Manchmal merkt er erst viel später, daß sein Körper automatisch reagiert und das Schiff gesteuert hat, während sein Geist in Sphären weilte, an die er sich nicht erinnern kann. Sie nennen es den entrückten Blick. Es ist gefährlich. Nicht immer kehrt die Seele zurück.

Auf der riesigen Hochebene des Mount Lookitthat kann ein Mann am Rand des Abgrunds stehen und auf die Ewigkeit hinuntersehen. Der Berg ist nur vierzig Meilen hoch, doch das menschliche Auge findet die Ewigkeit im undurchdringlichen Nebel, der den Fuß des Berges verhüllt.

Die Nebel über dem Abgrund ist weiß und gestaltlos und uniform. Er erstreckt sich von der verhüllten Bergflanke bis zum Horizont der Welt. Die Leere kann die Seele eines Menschen entführen und festhalten. Starr und entrückt steht er dann am Rand der Ewigkeit, bis jemand kommt und ihn von dort wegführt. Sie nennen es PlateauTrance.

Und dann gibt es noch den Ringwelthorizont…

»Es handelt sich um Selbsthypnose«, erklärte Louis. Er warf einen prüfenden Blick in Teelas Augen. Sie bewegte sich unruhig. »Ich könnte sie wahrscheinlich aus diesem Zustand aufwecken, aber warum ein unnötiges Risiko eingehen? Lassen wir sie schlafen.«

»Ich verstehe nicht, was Hypnose ist«, sagte Der-zu-den-Tierenspricht. »Ich habe davon gehört, aber ich begreife es nicht.«

Louis nickte. »Das überrascht mich nicht. Kzinti würden sich kaum für eine Hypnose eignen. Das gleiche gilt übrigens auch für Puppenspieler.« Nessus hatte in der Zwischenzeit seinen Streifzug durch das Unterholz abgebrochen und sich still dazugesellt.

»Wir können studieren, was wir nicht verstehen«, sagte der Puppenspieler. »Wir wissen, daß Menschen eine Neigung besitzen, Entscheidungen auszuweichen. Etwas in ihnen verlangt danach, daß ein anderer sagt, was sie tun sollen. Ein leicht zu hypnotisierender Mensch ist vertrauensselig und besitzt gute Konzentrationsfähigkeit. Er unterwirft sich dem Willen des Hypnotiseurs, und das ist der Beginn seiner Hypnose.«

»Aber was ist Hypnose?«