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Wenigstens befolgte er den Rat des Puppenspielers und nahm ein Breitband-Antiallergikum ein.

»Es wird Zeit, daß wir uns über die Eingeborenen unterhalten«, meinte Nessus.

»Eingeborene?« wiederholte Teela mit großen Augen. Louis berichtete in wenigen Worten.

»Aber warum sind wir geflüchtet? Was hätten sie uns denn tun können? Waren sie wirklich menschlich?«

Louis beantwortete die letzte Frage, weil sie ihn die ganze Zeit über beschäftigt hatte. »Ich kann es selbst nicht begreifen. Was suchen Menschen so weit von unserem Raum entfernt?«

»Trotzdem besteht kein Zweifel«, unterbrach Der-zu-den-Tierenspricht. »Vertrauen Sie Ihren Sinnen, Louis. Wahrscheinlich werden wir feststellen, daß sie einer anderen Rasse angehören als Sie oder Teela, aber es waren Menschen.«

»Weshalb sind Sie so sicher, Sprecher-zu-den-Tieren?«

»Ich kann sie riechen, Louis. Der Geruch stieg mir in die Nase, als ich die Schallfalte abstellte. Verlassen Sie sich auf meine Nase, Louis.«

Louis nahm es hin. Kzintinasen gehörten jagenden Fleischfressern. »Parallele Evolution?« schlug er vor.

»Unsinn«, flötete Nessus.

»Richtig.« Die menschliche Gestalt war adäquat für ein Wesen, das Werkzeuge benutzte, aber nicht mehr als andere Körperformen auch. Intelligenz kam in allen möglichen Gestalten daher.

»Wir vergeuden unsere Zeit«, fauchte Der-zu-den-Tieren-spricht. »Das Problem lautet nicht, wie Menschen herkommen konnten. Das Problem lautet: Wie stellen wir den ersten Kontakt her? Für uns wird jeder Kontakt ein Erstkontakt werden.«

Er hat recht, überlegte Louis. Die Flugräder kamen schneller voran als jede Nachrichtenübermittlung, über die die Einheimischen wahrscheinlich verfügten. Es sei denn, sie verwendeten Semaphore…

Der-zu-den-Tieren-spricht fuhr fort: »Wir müssen wissen, wie sich Menschen im Stadium des Barbarentums verhalten. Louis? Teela?«

»Ich kenne mich ein wenig in Anthropologie aus«, antwortete Louis.

»Schön, dann werden wir mit ihnen in Kontakt treten, und Sie werden für uns reden. Ich hoffe nur, daß der Autopilot einen akzeptablen Dolmetscher abgibt. Wir treten mit den nächsten Humanoiden in Kontakt, denen wir begegnen.«

Sie war kaum wieder in der Luft, als der Wald den Blick auf ein Schachbrettmuster bebauter Felder freigab. Sekunden später entdeckte Teela die Stadt.

Sie erinnerte an irdische Städte vergangener Jahrhunderte. Es gab zahlreiche Gebäude, die nur wenige Stockwerke hoch waren, dicht aneinandergedrängt in einer regellosen Anhäufung. Ein paar schlanke Türme ragten aus der Ansammlung hervor. Sie waren untereinander durch geschwungene Rampen für Bodenfahrzeuge verbunden: definitiv kein typisches Merkmal irdischer Städte. Irdische Städte aus vergleichbarer Zeit hatten eher Hubschrauberlandeplätze auf den Türmen gehabt.

»Vielleicht ist unsere Suche hier zu Ende«, sagte Der-zu-denTieren-spricht hoffnungsvoll.

»Ich wette, sie ist unbewohnt!« erwiderte Louis.

Es war nur eine Vermutung, doch er sollte recht behalten. Es wurde offensichtlich, als sie die Stadt überflogen.

In ihrer Blütezeit mußte die Stadt von geradezu überwältigender Schönheit gewesen sein. Besonders ein Merkmal hätte selbst heute noch den Neid jeder Stadt im Bekannten Weltraum erweckt: Zahlreiche Gebäude hatten gar nicht auf dem Boden gestanden, sondern in der Luft geschwebt. Rampen und Aufzugtürme hatten sie mit den Nachbarhäusern und dem Boden verbunden. Frei von den Fesseln der Schwerkraft und von horizontalen oder vertikalen Beschränkungen kamen die Traumschlösser in allen Formen und Variationen daher.

Jetzt flogen vier Räder über ihre Ruinen. Jedes der schwebenden Bauwerke hatte niedrigere Gebäude am Boden unter sich begraben, als es abgestürzt war. Überall zerbrochene Steine und Mauern und Glas und Beton, zerrissener Stahl und verbogene Rampen und Aufzugtürme, die noch immer in die Höhe ragten.

Der Anblick ließ Louis erneut über die Eingeborenen nachdenken. Menschliche Architekten bauten keine Luftschlösser; sie waren zu sicherheitsbewußt.

»Sie müssen alle auf einmal abgestürzt sein«, sagte Nessus. »Ich sehe nirgendwo ein Zeichen von Reparaturversuchen. Ein Energieausfall, ohne Zweifel. Sprecher-zu-den-Tieren, würden Kzinti so leichtsinnig bauen?«

»Wir mögen die Höhe nicht besonders. Menschen sind da vielleicht anders. Vielleicht hängen sie nicht so an ihrem Leben.«

»Boosterspice!« rief Louis. »Das ist die Antwort! Sie hatten kein Boosterspice.«

»Ja, deswegen waren sie weniger sicherheitsbewußt. Sie hatten weniger Lebensspanne, die sich zu schützen lohnte«, spekulierte der Puppenspieler. »Das erscheint mysteriös, oder nicht? Wenn sie sich nicht um ihr Leben sorgen, dann werden sie sich erst recht nicht um das unsrige kümmern.«

»Sie reden den Ärger förmlich herbei.«

»Wir werden es bald genug herausfinden. Sprecher-zu-den-Tieren, sehen Sie das letzte Bauwerk, das große, cremefarbene mit den zerbrochenen Scheiben…?«

Sie waren darüber hinweggeflogen, während der Puppenspieler gesprochen hatte. Louis, der mit dem Steuern der Flugräder an der Reihe war, wendete für einen zweiten Blick.

»Ich hatte recht. Sehen Sie das, Sprecher? Rauch!«

Das Gebäude war eine kunstvoll verdrehte und verzierte Säule von vielleicht zwanzig Stockwerken Höhe. Die Fenster waren Reihen schwarzer Ovale. Die meisten Fenster der unteren Etage waren verschüttet. Die wenigen offenen entließen grauen Rauch in den Wind.

Der Turm stand versunken zwischen ein- und zweistöckigen Häusern. Eine Reihe dieser Häuser war von einem rollenden Zylinder zerstört worden, der anscheinend aus dem Himmel gefallen war. Doch die rollende Ruine hatte sich in Betontrümmer aufgelöst, bevor sie den einzelnen Turm erreichen konnte.

Die Rückseite des Turms bildete den äußersten Rand der Stadt. Dahinter befanden sich nur noch Ackerflächen. Humanoide Gestalten rannten von den Feldern herbei, während die Flugräder landeten.

Gebäude, die aus der Luft betrachtet intakt ausgesehen hatten, waren aus Höhe der Dächer nur noch Ruinen. Nichts war verschont geblieben. Der Energieausfall und das begleitende Desaster mußten Generationen zuvor stattgefunden haben. Dann waren Vandalismus, Regen und all die verschiedenen Formen der Verwitterung gekommen, die kleinere Lebensformen verursachten. Rost und Erosion hatten ein Übriges getan. Ein Übriges, das in der prähistorischen Vergangenheit der Erde Hügel über den Städten hatte entstehen lassen, die Archäologen späterer Zeitalter durchsieben konnten.

Die Stadtbewohner hatten ihre Stadt nach dem Unglück nicht wieder aufgebaut. Sie waren auch nicht weggezogen. Sie waren in den Ruinen geblieben.

Und der Müll, den sie hinterließen, stapelte sich ringsum auf.

Abfall. Leere Schachteln. Vom Wind herangetragener Staub. Unverdauliche Nahrungsbestandteile, Knochen, Reste, die Karottengrün und Maisstrünken ähnelten. Zerbrochene Werkzeuge. Ein Hügel, der immer größer wurde, wenn die Bevölkerung zu träge war oder von harter Arbeit zu erschöpft, um den Abfall zu beseitigen. Er wurde größer, seine Bestandteile zersetzten und vermischten sich; der Haufen sackte unter seinem eigenen Gewicht zusammen und wurde von schweren Füßen weiter verdichtet, Jahr um Jahr, Generation um Generation.

Der ursprüngliche Eingang zum Turm war bereits versunken, so hoch war der Boden angestiegen. Während die Flugräder auf festem Dreck landeten, zehn Fuß über dem, was möglicherweise einst ein Parkplatz für große erdgebundene Fahrzeuge gewesen war, traten fünf eingeborene Humanoide in feierlicher Würde durch ein Fenster im ersten Stock nach draußen.

Es war ein zweiflügeliges Fenster, groß genug, um eine derartige Prozession zu ermöglichen. Das Sims und der Sturz waren mit dreißig oder vierzig humanoid aussehenden Schädeln geschmückt. Louis erkannte kein offensichtliches Muster in ihrer Anordnung.