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»Hm.« Piper sprang auf und hob die Hände, damit Trainer Hedge sie nicht angriff. »Also eigentlich, Glee – darf ich Sie noch Trainer Hedge nennen? Gleeson kommt mir komisch vor. Eigentlich geht es bei unserem Auftrag um etwas anderes. Wir haben Sie sozusagen zufällig gefunden.«

»Ach.« Der Trainer schien vor Enttäuschung in sich zusammenzusacken, aber nur für eine Sekunde. Dann leuchteten seine Augen wieder auf. »Aber es gibt keine Zufälle! Nicht bei Helden im Einsatz! Das hier musste passieren! Und das ist also das Reich der Hexe, was? Warum ist denn alles aus Gold?«

»Gold?« Jason schaute sich um. So wie Leo und Piper nach Luft schnappten, nahm er an, dass sie es auch noch nicht bemerkt hatten.

Das Zimmer war voller Gold – die Statuen, das von Hedge zertrümmerte Teeservice, der Sessel, der eindeutig ein Thron war. Sogar die Vorhänge – die sich anscheinend bei Tagesanbruch von selbst geöffnet hatten – sahen aus wie aus Goldfasern gewebt.

»Nett«, sagte Leo. »Kein Wunder, dass sie solche Mengen an Sicherheitsvorkehrungen haben.«

»Das ist nicht …« stammelte Piper. »Das ist nicht Medeas Palast, Trainer Hedge. Das hier gehört irgendeinem reichen Menschen in Omaha. Wir sind Medea entkommen und hier abgestürzt.«

»Das ist die Vorsehung, Zuckerpüppchen!«, erklärte Hedge voller Überzeugung. »Ich soll euch beschützen. Worum geht es bei eurem Auftrag?«

Ehe Jason sich entscheiden konnte, ob er das erklären sollte oder ob es besser wäre, Trainer Hedge einfach wieder in den Käfig zu schubsen, wurde am anderen Ende des Saales eine Tür geöffnet.

Ein molliger Mann in einem weißen Bademantel erschien, mit einer goldenen Zahnbürste im Mund. Er hatte einen weißen Bart und trug eine altmodische Zipfelmütze auf seinen weißen Haaren. Er erstarrte, als er die Gäste erblickte, und die Zahnbürste fiel ihm aus dem Mund.

Er sah zurück in das Zimmer, das er gerade verlassen hatte, und rief: »Mein Sohn? Lit, komm bitte mal her. Hier im Thronsaal sind fremde Leute.«

Trainer Hedge tat, was für ihn auf der Hand lag. Er hob die Keule und brüllte: »Stirb!«

XXXII

Jason

Sie konnten den Satyrn nur zu dritt zurückhalten.

»Mann, Trainer Hedge!«, sagte Jason. »Geht’s nicht auch ’ne Nummer kleiner?«

Ein jüngerer Mann kam in den Saal gestürzt. Jason vermutete, es war Lit, der Sohn des Alten. Lit trug eine Schlafanzughose mit einem Muskelshirt mit dem Aufdruck MAISPFLÜCKER und hielt ein Schwert in der Hand, das aussah, als ob es außer Mais auch noch allerlei anderes ummähen könnte. Seine muskulösen Arme waren von Narben bedeckt und sein von dunklen Locken umrahmtes Gesicht wäre hübsch gewesen, wenn es nicht ebenso zernarbt gewesen wäre.

Lit konzentrierte sich sofort auf Jason als die größte Bedrohung, stürzte auf ihn zu und schwenkte sein Schwert über dem Kopf.

»Aufhören!« Piper trat vor und versuchte es mit ihrer besten Beruhigungsstimme. »Das ist nur ein Missverständnis. Alles ist in Ordnung.«

Lit blieb stehen, sah aber weiterhin misstrauisch aus.

Es war auch keine Hilfe, dass Hedge schrie: »Ich hol sie mir! Keine Angst!«

»Trainer Hedge«, bat Jason. »Die könnten doch freundlich gesinnt sein. Außerdem begehen wir hier gerade Hausfriedensbruch.«

»Danke«, sagte der alte Mann im Bademantel. »Aber wer seid ihr und warum seid ihr hier?«

»Lasst uns alle die Waffen niederlegen«, sagte Piper. »Trainer Hedge, Sie zuerst.«

Hedge presste die Zähne aufeinander. »Nur ein Schlag?«

»Nein«, sagte Piper.

»Und wie wäre es dann mit einem Kompromiss? Ich bringe sie um, und wenn es sich dann herausstellt, dass sie freundlich gesinnt waren, entschuldige ich mich.«

»Nein!«, sagte Piper energisch.

»Mäh.« Trainer Hedge ließ die Keule sinken.

Piper bedachte Lit mit einem entschuldigenden Lächeln. Sogar mit verwuschelten Haaren und nach zwei Tagen in denselben Kleidern sah sie umwerfend aus und Jason war ein wenig eifersüchtig, weil sie Lit so anlächelte. Lit schnaubte und steckte das Schwert in die Scheide. »Gut gesprochen, Mädchen – zum Glück für deine Freunde, oder ich hätte sie durchbohrt.«

»Sehr verbunden«, sagte Leo. »Vor dem Mittagessen möchte ich lieber nicht durchbohrt werden.«

Der alte Mann im Bademantel seufzte und versetzte der von Trainer Hedge zerschmetterten Teekanne einen Tritt. »Na, wo ihr schon mal hier seid. Setzen wir uns.«

Lit runzelte die Stirn. »Eure Majestät …«

»Nein, nein, ist schon gut, Lit«, sagte der alte Mann. »Andere Länder, andere Sitten. Sie dürfen in meiner Anwesenheit ruhig sitzen. Sie haben mich schließlich schon im Nachtgewand gesehen. Da braucht man nicht so auf die Formalitäten zu achten.« Er gab sich alle Mühe zu lächeln, auch wenn das Lächeln ein wenig gequält ausfiel. »Willkommen in meiner bescheidenen Hütte. Ich bin König Midas.«

»Midas? Unmöglich«, sagte Trainer Hedge. »Der ist doch tot.«

Sie setzten sich auf die Sofas, während der König es sich auf seinem Thron bequem machte. Was gar nicht so einfach ist in einem Bademantel, und Jason hatte die ganze Zeit Angst, der alte Kerl könnte das vergessen und die Beine spreizen. Hoffentlich trug er darunter goldene Boxershorts.

Lit stand hinter dem Thron, beide Hände auf das Schwert gelegt, starrte Piper an und spielte mit seinen Armmuskeln, nur um Jason zu ärgern. Jason fragte sich, ob er selbst auch so umwerfend aussah, wenn er ein Schwert hielt. Leider bezweifelte er das.

Piper beugte sich vor. »Was unser Freund, der Satyr, meint, Eure Majestät, ist, dass Ihr der zweite Sterbliche seid, dem wir begegnen, der – mit Verlaub – tot sein müsste. König Midas hat vor Jahrtausenden gelebt.«

»Interessant.« Der König schaute aus dem Fenster in den strahlend blauen Himmel und das Wintersonnenlicht. In der Ferne sah die Innenstadt von Omaha aus wie eine Sammlung von Bauklötzen – viel zu sauber und klein für eine echte Stadt.

»Wisst ihr«, sagte der König, »ich glaube wirklich, ich war vorübergehend ein bisschen tot. Schon seltsam. Kommt mir vor wie ein Traum, oder nicht, Lit?«

»Ein sehr langer Traum, Eure Majestät.«

»Aber jetzt sind wir hier und ich unterhalte mich ausgezeichnet. Das Lebendigsein liegt mir sehr viel mehr.«

»Aber wie geht das?«, fragte Piper. »Ihr habt nicht zufällig eine … Beschützerin?«

Midas zögerte, aber in seinen Augen lag ein schlaues Zwinkern. »Spielt das denn irgendeine Rolle, meine Liebe?«

»Wir könnten sie noch mal umbringen«, schlug Hedge vor.

»Trainer Hedge, das bringt uns nicht weiter«, sagte Jason. »Wollen Sie nicht lieber rausgehen und Wache stehen?«

Leo hüstelte. »Geht das denn? Die haben hier heftige Sicherheitsmaßnahmen.«

»Ach, richtig«, sagte der König. »Tut mir leid. Aber das sind tolle Sachen, oder? Umwerfend, was man für Gold noch immer bekommt. Ihr habt in diesem Land hervorragendes Spielzeug.«

Er fischte eine Fernbedienung aus der Tasche seines Bademantels und drückte ein paar Knöpfe – ein Passwort, vermutete Jason.

»So«, sagte Midas. »Jetzt kann man ungefährdet nach draußen gehen.«

Trainer Hedge grunzte. »Schön. Aber wenn ihr mich braucht …« Er zwinkerte Jason vielsagend zu. Daraufhin zeigte er auf sich selbst, wies mit zwei Fingern auf die Gastgeber und fuhr sich dann mit einem Finger über die Kehle. Überaus raffinierte Zeichensprache.

»Ja, danke«, sagte Jason.

Als der Satyr den Raum verlassen hatte, versuchte Piper es mit einem weiteren diplomatischen Lächeln. »Also … Ihr wisst nicht, wie Ihr hierhergekommen seid?«

»Ach, das schon. So ungefähr«, sagte er König. Er sah Lit stirnrunzelnd an. »Warum haben wir uns noch für Omaha entschieden? Nicht wegen des Wetters.«

»Das Orakel«, sagte Lit.

»Genau! Mir wurde gesagt, dass es in Omaha ein Orakel gibt.« Der König zuckte mit den Schultern. »Aber das war offenbar ein Irrtum. Immerhin, das Haus ist gar nicht schlecht, oder? Lit – das ist übrigens die Abkürzung für Lityerses, grauenhafter Name, aber seine Mutter hat darauf bestanden –, Lit hat jede Menge Platz, um Schwertarbeit zu üben. Er ist ziemlich bekannt dafür. In den alten Zeiten wurde er Menschenschnitter genannt.«