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»Es ist alles seine Schuld«, begehrte Rudd in seinem Lehnstuhl auf. »Wyvern war’s. Sie müssen sich an ihn halten, nicht an mich.«

»Ich glaube Ihnen kein Wort«, log ich.

Usher Rudd versuchte mich zu überzeugen. »Wyvern wollte Ihren Vater aus dem Weg haben. Orinda sollte ins Parlament. Er wollte sie an Dennis’ Stelle nach oben bringen. Er hätte alles getan, damit Ihr Vater nicht gewählt wird.«

»Zum Beispiel seinen Wagen manipuliert?«

»Das sollte ich machen, aber ich wollte nicht. Ich habe nur geschrieben, was er wollte. Ihm zuliebe habe ich wochenlang Paul Bethune beschattet und seine Nebenfrau ans Licht gezerrt, damit die Leute Orinda wählen, aber an einem Range Rover die Bremsschläuche durchschneiden, wie Wyvern es wollte, das ging mir zu weit. Das habe ich nicht gemacht.« »Doch«, hielt ich ihm vor.

»Nein.«

»Was haben Sie denn gemacht?«

»Gar nichts habe ich gemacht.«

»Da sagt Ihr Cousin Basil aber etwas anderes.«

Usher Rudd bedachte Basil mit Ausdrücken, die ich selbst auf der Rennbahn kaum jemals gehört hatte, und irgendwann im Lauf der Tirade schilderte er auch, wie er in dem schwarzen Trainingsanzug, den er am Abend des Diners im Schlafenden Drachen getragen hatte, unter den Range Rover gekrochen war. Der glanzvolle Auftritt meines Vaters damals hatte Wyvern zu der Überzeugung gebracht, daß er ihn schon ernstlich verletzen mußte, um ihn loszuwerden.

Wyvern hatte Usher Rudd zusammengestaucht, weil der Anschlag so kläglich gescheitert war.

Usher Rudds Wut verrauchte allmählich, und er quengelte ein Weilchen, bevor er bestritt, jemals gesagt zu haben, was Samson und ich gerade gehört hatten.

Samson rief die Polizei. Joe Duke hatte dienstfrei, aber Samson kannte die gesamte Mannschaft und sagte, als er auflegte, sie hätten versprochen, sofort zu kommen.

Usher Rudd rief: »Ich will einen Anwalt!«

Er bekam seinen Anwalt, verbrachte die Nacht in einer Zelle und wurde am Montag früh von einem vielbeschäftigten Friedensrichter, der sich von der Hektik, dem Lärm und den Gefahren im Zeitungshaus keine Vorstellung machte, wegen Ruhestörung in den Räumen der Hoopwestern Gazette ermahnt.

Es war ja nichts passiert. Die Zeitung war wie gewohnt erschienen. Usher Rudd, brav und ehrerbietig, ging als freier Mann.

Ich unterhielt mich mit Joe Duke.

Ich sagte: »Usher Rudd hat den Ölablauf des Range Rovers mit Wachs verstopft, und Leonard Kitchens hat den Brand gelegt. Beide haben im Auftrag von Alderney Wyvern gehandelt.«

Joe Duke nickte bedächtig. »Aber aufgehalten hat das Ihren Vater nicht, oder? Und was Sie betrifft« - er lächelte ein wenig -, »ich werde nie vergessen, wie Sie in der Nacht da auf dem Platz saßen, die rote Decke um die Schultern, und sich überhaupt keinen Schmerz haben anmerken lassen, obwohl Sie an Händen und Füßen Verbrennungen hatten und auf das Pflaster geknallt waren. Fühlen Sie niemals Schmerz?«

»Schon, aber da ist so viel passiert -«

»Und Sie fallen oft genug vom Pferd?«

»Manchmal fallen die Pferde . Ja, kann sein. Ich bin schon ganz schön oft auf dem Boden gelandet.«

Das Lächeln wurde breiter. »Warum tun Sie’s dann?«

»Tempo«, sagte ich. »Das Höchste.« Ich schwieg. »Wenn man etwas unbedingt haben will, dann riskiert man unter Umständen sein Leben dafür und findet das völlig normal.«

Er dachte darüber nach. »Wenn man Orinda Nagle unbedingt ins Parlament bringen will, dann riskiert man .«

»So ziemlich alles. Ich glaube, es war Wyvern, der auf meinen Vater geschossen hat.«

»Ich will das nicht bestreiten. Er könnte in seiner Golftasche ein Gewehr transportiert haben, versteckt unter einer Hülle, wie man sie für die Schläger benutzt.«

»Ja.«

»Dann müßte er aber wirklich Mordabsichten gehegt haben.«

»Mhm. Und als er sah, wie mein Vater bei dieser Versammlung ankam, hielt er es für an der Zeit, ihn sofort aus dem Weg zu räumen.« »Er war verrückt.«

»Das ist er immer noch.«

Joe Duke wußte, daß mein Vater in einen Machtkampf verwickelt war, zeigte sich aber bestürzt, als ich von Hudson Hurst erzählte.

»Sie glauben doch nicht«, rief er entsetzt, »Wyvern könnte noch einmal versuchen, Ihren Vater umzubringen?«

»Für Wyvern steht jetzt mehr auf dem Spiel, und mein Vater ist ihm immer noch im Weg. Wenn der Parteivorsitz an meinen Vater geht, wird er in größter Gefahr sein. Ehrlich gesagt, mir graut davor.«

»Wissen Sie, was?« meinte Joe nachdenklich.

»Was?«

»Nur, damit wir Wyvern nicht zu Unrecht verdächtigen, auf Sie geschossen zu haben ... ich meine, bis jetzt haben wir ja eigentlich nur die Theorie. Wie wäre es, wenn Sie und ich die Sache mal inoffiziell durchspielen ... rekonstruieren? Ich nehme einen Gehstock als Gewehr. Verpackt in einer Golftasche. Und ich gehe damit in den kleinen Aufenthaltsraum hinauf, lege auf Sie an, während Sie wie an jenem Abend über den Platz kommen, und schaue mal, wie schwer es ist, den Stock in die Dachrinne zu kriegen. Was halten Sie davon?«

»Kann nichts schaden.«

»Vielleicht stoßen wir dabei auf etwas, das uns bisher entgangen ist. Das geht bei Rekonstruktionen oft so.«

»Okay.«

»Das müssen wir abends machen.«

»Es war nach Mitternacht.«

»Also nach Mitternacht. Außerdienstlich. Nur wir beide.«

Wir verabredeten uns für den gleichen Abend im Schlafenden Drachen und einigten uns darauf, daß Joe dem Direktor sagen sollte, was wir vorhatten.

Ich besuchte Orinda, die endlich von ihrem Wochenende zurückgekommen war und sich wieder am Telefon gemeldet hatte.

Die fünf Jahre hatten es gut mit ihr gemeint. Sie sah so toll aus wie immer, die grünen Augen schwarz bewimpert, das Make-up seidig glänzend. Sie war weniger spröde, weniger gestreßt, ausgefüllter.

Sie zog ihr Lieblingswort nicht gar so lang. »Mein Liieber!«

»Orinda.« Ich umarmte sie.

»Wie erwachsen Sie geworden sind«, rief sie aus. »Ich meine, nicht nur äußerlich.«

Sie wußte von dem Machtkampf in der Partei und bemerkte dazu, daß die Politiker jedesmal, wenn solch ein Führungsstreit entstand, die Regeln änderten.

»Sie denken sich ein Verfahren aus, von dem sie sich ein Ergebnis versprechen, über das keiner meckern kann, wenn auch mit dem Sieger nachher nicht jeder glücklich ist. Jetzt liegt es ganz bei der Fraktion.«

Ich hatte vergessen, wieviel Orinda von Regierungspolitik verstand.

»Dennis hat Ihnen wohl erklärt, wie das alles läuft?«

»Nein, das war Alderney Wyvern.« Sie runzelte die Stirn. »Den Mann will ich nie wiedersehen.«

»Wußten Sie«, sagte ich mit neutraler Stimme, »daß Wyvern jetzt Hudson Hurst steuert, so wie er seinerzeit Sie und Dennis gesteuert hat? Ist Ihnen klar, wenn Hudson Hurst die Abstimmung gewinnt, daß dann effektiv Alderney Wyvern das Land regiert?«

Orinda sah mich entsetzt an, schüttelte aber den Kopf. »Ihr Vater ist bei der Bevölkerung beliebter.«

»Vergessen Sie die schönste aller Freuden nicht.«

Orinda lachte. »Sie meinen die Schadenfreude?«

Ich nickte. »Das halbe Kabinett würde meinen Vater gern auf die Nase fallen sehen, nachdem er aus dem Fischereikrieg so als Held hervorgegangen ist.«

»Für unseren Wahlkreis wäre es fabelhaft, wenn er gewinnen würde.« Sie lächelte breit. »Daß ich das mal sage, hätte ich auch nicht gedacht, aber es stimmt.«

Ich erzählte Orinda von der Rekonstruktion, die Joe Duke und ich geplant hatten.

»Erinnern Sie sich noch gut an den Abend?« fragte ich.

»Und ob. Ich war wütend, daß ich die Kandidatur nicht bekommen hatte.«

»Waren Sie nach der Versammlung noch mit Alderney Wyvern zusammen?«

»Nein. Ich war sauer und unglücklich und bin direkt nach Hause gefahren.«