Выбрать главу

»Wie sauer Bier im Sommer,« bemerkte David Gellatley, der sich dieser Geheimsitzung näher befunden hatte als man dachte.

Miß Bradwaridine nahm die Gelegenheit in ihrer Einsamkeit wahr, die Edwards Besuch ihr bot, sich mit, der Literatur auf vertrautern Fuß zu setzen. Edward ließ sich einige von seinen Büchern aus der Garnison schicken, von denen das junge Mädchen bislang keine Ahnung gehabt hatte. Musik und Blumen wurden darüber so vernachlässigt, daß Saunders Saunderson nicht bloß zu brummen anfing von müßig verrichteter Arbeit, sondern überhaupt alle Lust verlor, noch was für Blumenfenster zu machen. Keine Frage, daß ans diesem dauernden Zusammensein eine wachsende Gefahr für den Herzensfrieden des jungen Mädchens heranwuchs, die einen um so bedrohlicheren Charakter annahm, als ihr Vater über den ihm obliegenden Arbeiten gar nicht dazu kam, sich Gedanken über solche Frage zu machen, außerdem sich in dem Gefühl seiner Würde für viel zu hoch gestellt dünkte, als daß er sich hätte träumen lassen sollen, was seiner Tochter widerfahren könne. Seiner Meinung nach standen die Töchter der Baronie Bradwardine auf gleicher Höhe mit den Töchtern eines von Bourbon oder von Habsburg. Kurz, er blickte mit solcher Sorglosigkeit auf diese gemeinschaftlichen Leseübungen seiner Tochter und des Junkers, daß die ganze Nachbarschaft sich zum Schlüsse berechtigt hielt, es sei ihm eine Verbindung seiner Tochter mit dem reichen Junker aus England ganz angenehm, und man gab gern zu, daß er in dieser Sache eine weit größere Klugheit bewiesen habe, als es sonst in seiner Weise läge oder gelegen habe.

Hätte aber der Baron sich in der Tat mit solcherlei Gedanken getragen, so wäre doch Waverleys Kälte ein Hindernis für seinen Plan gewesen, mit dem er ernstlich hätte rechnen müssen. Seit sich unser Held in der Welt ein bißchen umgeguckt hatte, verursachte es ihm immer eine Empfindung von Scham und Verdruß, wenn er sich jener frommen Begeisterung erinnerte, mit der er zur heiligen Cäcilia emporgeblickt hatte. Zudem besaß Rosa, so schön und liebenswürdig sie war, nicht jene Art Schönheit und Liebenswürdigkeit, die eine jugendliche Phantasie in Fesseln schlagen kann. Sie war zu unbefangen, zu harmlos, zu gutmütig: bekanntlich Eigenschaften, die bei aller Liebenswürdigkeit doch jenen höhern Zauber vernichten, in den eine jugendliche Phantasie gern den Gegenstand seiner Liebe zu hüllen sucht.

Ich hätte schon einflechten müssen, daß Edward um eine Verlängerung seines Urlaubs beim Regiment eingekommen war. Der Obrist hatte ihm sein Ansuchen bewilligt, indessen nicht für überflüssig erachtet, den jungen Offizier darauf aufmerksam zu machen, daß es im Grunde nicht vorteilhaft für seine Laufbahn sein könne, wenn er sich zu lange in Kreisen aufhielte, deren Unfreundlichkeit gegen die zurzeit herrschende Regierung doch offnes Geheimnis sei, und außerdem befürchte er auch, daß die Prälatenklerisei der schottischen Hochlande, die sich verkehrterweise bemühe, in kirchlichen Dingen königliche Prärogative aufrecht zu halten, ihn in seinem alten Glauben wankend machen könne.

Dieser letzte, doch nur wohlgemeinte Rat legte Waverley die Meinung nahe, daß der Grund dazu in den Vorurteilen des Offiziers zu suchen sei. Er hatte die feste Ueberzeugung, daß der Baron alles mit besondrer Strenge vermieden habe, was auch nur im entferntesten den Zweck hatte haben können, seine politischen Meinungen zu irritieren oder gar ihn in seinem Glauben wankend zu machen. Und gerade darum gelangte Waverley zu der Meinung, daß es unrecht von ihm sei, solchem alten Freunde um der Vorurteile eines vorgesetzten Offiziers willen dadurch zu nahe zu treten, daß er sein Haus früher meide, als es ernstere Gründe notwendig machen sollten. Er beantwortete deshalb das Schreiben seines Obersten in allgemeinen Ausdrücken der Höflichkeit, und gab ihm die beruhigende Versicherung, daß seine loyalen Gesinnungen nicht im geringsten der Gefahr ausgesetzt wären, Schaden zu leiden, und blieb wie bisher ein geschätzter und geehrter Gast des Edelsitzes Tully-Veolan.

Vierzehntes Kapitel

Beinahe sechs Wochen lang war nun Waverley Gast des Edelsitzes, als er eines Morgens bei seinem Frühspaziergang von dem Morgenkaffee die Wahrnehmung machte, daß sich Haus und Familie Bradwardine in ungewöhnlicher Aufregung befanden.

Vier barfüßige Stalldirnen liefen mit Milcheimern in den Händen wie wahnsinnig hin und her und gaben durch lautes Geschrei zu erkennen, daß sie die Beute von Staunen und Schmerz und Jammer seien. Aber mehr als »Gott helf uns« und »Auf! auf! ihr Herren!« war aus ihrer Flut von Stoßseufzern und Wehgeschrei nicht herauszuhören. Daraus ließ sich natürlich nicht schließen auf die Ursache, die ihrem maßlosen Schreck zu grunde lag. Deshalb eilte Waverley in den Vorhof zurück. Dort wurde er des Schössers Macwheeble ansichtig, der eben mit seinem Grauschimmel, so schnell der halblahme Kerl die Beine schwingen konnte, durch die Hauptallee in den Edelsitz hineinstürmte. Wie es schien, trieb ihn irgend eine eilige Botschaft im Verein mit einem reichlichen Dutzend Bauern, denen es schwer fiel, gleichen Schritt mit seinem Gaule zu halten, in den Edelhof hinein.

Der Schösser ließ sich nicht auf Erklärungen gegen Edward ein, sondern berief schleunigst den Seneschall Mr. Saunders Saunderson, der in einer Haltung zum Vorschein kam, die ein wunderliches Gemisch von Schrecken und zeremoniellem Wesen zeigte. Ohne sich aufzuhalten, traten die beiden Schloßbeamten in eine geheime Beratung. Auch David Gellatley ließ sich, müßig wie Diogenes von Sinope, unter der Gruppe sehen. Er wurde immer munter, sobald sich irgend was ereignete, das den gewöhnlichen Schlendrian auf dem Edelsitze unterbrach, gleichviel ob es böser oder guter Art war. Während seine Landsleute sich auf eine förmliche Belagerung gefaßt zu machen schienen, sprang und tanzte und hüpfte er in einem fort, und sang den Schlußreim aus einer alten Ballade: »O, Du lieber Augustin, alles ist hin!« bis ihn sein Mißgeschick in die Nähe des Schössers führte, der ihm einen Denkzettel mit der Reitpeitsche gab, daß all sein Singsang sich in Wehklagen wandelte.

Vom Vorhof aus begab Waverley sich in den Garten, und dort traf er den Baron in Person, wie er im schnellsten Galopptempo die Terrasse maß. und wieder maß. In seiner Haltung kam etwas wie gekränkter Stolz zum Ausdruck; alles an ihm verriet, daß es ihn schmerzlich berühren, wenn nicht gar bitter kränken werde, wenn sich jemand, gleichviel wer, bei ihm nach der Ursache seiner Gemütsstörung erkundigen wollte. Waverley huschte deshalb, ohne ein Wort an ihn zu richten, in das Haus hinein und begab sich in das Frühstückszimmer, wo er seine junge Freundin, Miß Rosa, antraf, die gleichfalls bekümmert und nachdenklich zu sein schien, wenn auch weder so heftig betroffen wie ihr Vater, noch von solch schrecklicher Unruhe erfaßt, wie Schösser Macwheeble oder gar die Stalldirnen im Hofe.

Ein einziges Wort klärte die Situation auf.

»Euer Frühstück wird heute wohl gestört werden, Kapitän Waverley, denn in letzter Nacht ist ein Trupp Katheranen herniedergestiegen aus den Bergen und hat uns all unsre Milchkühe weggetrieben.«

»Katheranen? was ist das?«

»Räuber aus dem nahen Hochlande. So lange wir an Fergus Mac-Ivor-Vich-Ian-Vohr ein Schutzgeld zahlten, sind wir von den Banden verschont geblieben, aber mein Vater hat gemeint, es sei seines Ranges und seiner Geburt unwürdig, solches Schutzgeld langer zu entrichten, und so hat uns denn dieses Unglück heimgesucht. Der Wert, den das Vieh hat, macht mir nicht weiter Sorge, Kapitän Waverley, aber mein Vater fühlt sich durch diesen Schimpf in so hohem Grade beleidigt, daß ich fürchte, er wird sie sich gewaltsam wieder von den Räubern holen wollen; aufbrausend und verwegen ist er genug dazu! und wenn es nun geschehen sollte, daß er ein paar von diesen wilden Banditen tätlich beleidigt, dann würden wir nie mehr Ruhe vor ihnen haben, dann erklären sie uns ewige Fehde!   Ach Gott! ach Gott! wie wird es uns nun bloß ergehen!«