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In demselben, absteigenden Verhältnis bewegten sich die Getränke. Trefflicher Claret und Champagner kreiste an dem obern Ende der Tafel; reiner, unverdünnter Whisky und Kraftbier wurden den nächsten im Range kredenzt; Whisky, verdünnt, und Dünnbier waren die Erfrischungen am untern Ende; aber niemand tat darüber empfindlich, denn jeder wußte, daß sich die Bewirtung streng nach dem Range richtete, der ihm an der Tafel gebührte.

Während des Schmauses spielten Dudelsackpfeifer, drei an der Zahl, auf, und eine schrille Kriegsmusik war es, die im Verein mit den kreischenden Lauten der keltischen Sprache einen so schrecklichen Lärm in der geräumigen Halle verursachte, daß Edward meinte, sein Gehör einzubüßen. Mac-Ivor entschuldigte sich bei ihm ob dieses Lärms, den solche zahlreiche Versammlung mache, mit dem Hinweise, daß ihn seine Stellung im Lande zu solcher Gastfreiheit zwinge.

Edward gratulierte ihm zu solcher Menge von Hörigen und Stammesgenossen, die doch ebenso viel getreue Anhänger darstellten.

»Ja doch,« erwiderte der Häuptling, »dächte ich wie mein Vater und machte mich voraus weg, mir einen Schlag auf den Schädel oder ein paar in den Nacken zu holen, dann stünden die Halunken wohl an meiner Seite. Aber wer kann so was zu unsrer Zeit sich vornehmen? jetzt heißt doch die Rede: »Besser eine alte Frau mit einem Beutel voll Geld in der Hand als drei Männer mit Säbeln und Gehänge.«

Dann brachte er Waverleys Gesundheit aus »als eines Freundes seines guten Nachbarn und Bundesgenossen, des Barons von Bradwardine«.

»Wenn er von Cosmo Comyne Bradwardine kommt, so ist er bei uns willkommen,« riefen die Aeltesten.

Und als Waverley auf diese Artigkeit in freundlicher Weise erwidert hatte, gab der Häuptling den Pfeifern ein Zeichen zu schweigen, und rief mit lauter Stimme:

»Wohin hat sich denn der Gesang verborgen? wie kommt es, daß ich Mac-Murraugh nicht finden kann?«

Sogleich gehorchte Mac-Murraugh, der Barde des Hauses, ein Greis, dem Winke und begann in tiefem Baß eine Reihe keltischer Verse zu singen, die von allen Anwesenden mit Beifall und Begeisterung aufgenommen wurden. Bald schwoll sein Sang an zu wilden, leidenschaftlichen Lauten, und Waverley war es in gewissen Augenblicken, als höre er aus den ihm unverständlichen Worten den eignen Namen heraus. Seine Vermutung bestätigte sich, denn er sah, daß sich manches Auge der Gäste auf ihn richtete. Die Begeisterung des Sängers schien sich den Hörern mitzuteilen, die sich zu ihm hinbeugten, die Arme vor Entzücken heftig hin und her schlenkernd oder mit der Rechten nach dem Schwerte greifend.

Als der Sänger schwieg, trat eine tiefe Stille ein. Dann kehrte auch in den Gemütern der Kelten wieder Ruhe ein. Dann wurden gälische Trinksprüche ausgebracht, von denen der Häuptling seinem Gaste einige wie folgt verdolmetschte:

»Dem, der den Rücken weder Freund noch Feind zukehrt.«

»Dem, der nie Gerechtsame kaufte oder verkaufte.«

»Gastfreiheit den Verbannten und zerschlagne Beine den Tyrannen!«

»Hochländer Schulter an Schulter!«

Als der Lärm einigermaßen verstummt war, wandte der Häuptling sich an Edward mit den Worten:

»Ihr habt, wie ich gesehen habe, dreimal den Humpen an Euch vorbeigehen lassen, ohne zu trinken. Ich schließe daraus, daß Euch andre Gesellschaft vielleicht angenehmer sein möchte. Ich möchte Euch demgemäß fragen, ob es Euch recht wäre, wenn wir meiner Schwester einen Besuch machten?«

Edward stimmte mit Freuden bei, und der Häuptling erhob sich von der Tafel, nahm Edward unter den Arm, nachdem er seiner nächsten Umgebung noch ein paar Worte gewidmet hatte, und verließ die Halle.

Draußen hörten sie noch, wie unter lautem Geschrei aber- und abermals die Gesundheit Vich-Ian-Vohrs ausgebracht wurde, ein Zeichen dafür, daß die Zufriedenheit der Gäste sich noch auf der alten Höhe hielt.

Zwanzigstes Kapitel

Was Zimmer, das Flora Mac-Ivor für sich bewohnte, war äußerst schlicht und einfach eingerichtet; denn in Glennaquoich wurden alle Ausgaben auf das möglichste eingeschränkt, um nicht die Gastfreiheit zu beeinträchtigen, die als die Hauptpflicht des Burgherrn galt. Aber keine Spur von solcher Sparsamkeit ließ sich in der Garderobe der Dame wahrnehmen, die aus den geschmackvollsten, reichsten Stoffen sich zusammensetzte und teilweis Pariser, teilweis die einfachere Mode des Hochlands zeigte, aber auf das geschickteste zu einem schönen Ganzen gefügt war. Ihr Haar wallte in natürlichen Locken ihren Nacken hernieder und wurde bloß durch einen Diamanten-Reif zusammengehalten. Sie hatte die auffälligste Ähnlichkeit mit ihrem Bruder Fergus und war eine große Dame. Sie hatte das gleiche Profil wie er, von eben solcher Reinheit und antikem Schnitt, sie hatte dieselben Augenbrauen, dieselben Wimpern, die gleiche zarte Gesichtsfarbe, nur mit dem Unterschiede, daß die Farbe bei Fergus einen Stich ins Bräunliche aufwies als Folge der vielen Bewegung im Freien und der größeren Strapazen. An Stelle der Strenge aber, die das Merkmal von den Gesichtszügen des Bruders bildete, zeigte das Antlitz der Schwester eine liebliche Weichheit und Sanftmut. Auch ihre Stimmen wiesen hohe Verwandtschaft im Klange auf und unterschieden sich nur durch die verschiedne Lage. So sanft und süß wie die Stimme des Mädchens klang, so dröhnend und gewaltig war die des Bruders. Während in seinem Auge wildes Feuer loderte, lagerte in ihrem Auge tiefe Schwermut. Sein Blick schien nach Ruhm und Macht, nach allem, was ihn über die Mitmenschheit herausheben konnte, zu lechzen; ihr Blick hingegen mitleidsvoll auf die herabzusehen, die nach anderm als Herzensruhme trachteten. Ihre Empfindungen standen mit dem Ausdruck ihres ganzen Wesens in innigster Harmonie. Die Erziehung, die sie genossen hatte, hatte in ihr Herz dieselbe Anhänglichkeit an das alte Königshaus gepflanzt, wie in das des Bruders, und sie hielt es für dessen Pflicht, wie für die Pflicht jedes Mannes und jedes Clans in England wie Schottland, welches Los auch ihrer harren möchte, für die Wiedereinsetzung des alten Königshauses einzutreten mit allen Kräften des Geistes und Leibes und mit allen Fasern dafür zu kämpfen.

Aber während der Bruder dabei die eignen Interessen mit verfolgte, wie der Leser aus der ihm kurz gegebnen Charakteristik bereits ersehen hat, brannte in Floras Herzen die Flamme der Treue gegen das Haus Stuart rein und lauter und ungetrübt von irgend welchem Gefühle des Eigennutzes. Nach dem Hinscheiden seiner Eltern war Fergus eine Zeitlang Edelknabe am Hofe des vertriebenen Fürsten gewesen, während Flora auf Kosten seiner Gemahlin mehrere Jahre in einem französischen Kloster erzogen worden war. Selbstverständlich hatte diese zwiefache Auszeichnung die Liebe der beiden Geschwister noch fester gekittet.

Wir haben nun dem Leser eine ausreichende Schilderung von Floras Wesen und Charakter gegeben und können uns mit allem weitern kurz fassen. Sie verfügte über eine gute Bildung und besaß all jene feineren Sitten, die sich von einem jungen Fräulein erwarten lassen, das schon seine Kindheit, an einem Fürstenhofe zugebracht hat. Aber eins hatte sie nie gelernt: die Sprache der Höflichkeit an die Stelle des wahren Empfindens treten zu lassen. Seit sie in der Einsamkeit von Glennaquoich lebte, pflegte sie neben fleißiger Lektüre die edle Kunst der Musik und beschäftigte sich mit Vorliebe mit der alten Bardendichtung des Hochlands.