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Unter solchem Abwägen der ungewissen, gefahrvollen Zukunft, die ihm winkte, führte ihn sein Weg an den Wasserfall, wo er, wie Fergus richtig vermutet hatte, Flora fand.

Sie war allein. Als sie ihn nahen sah, stand sie auf von der Rasenbank, auf der sie saß, und schritt ihm entgegen. Er versuchte, das Gespräch mit ein paar artigen Worten in Gang zu bringen, konnte sie aber nicht finden. Auch Flora schien im ersten Augenblick verlegen zu sein, faßte sich jedoch schneller und steuerte, was keine sonderlich günstigen Aussichten für Waverley zu eröffnen schien, sogleich in den Kern der Sache.

»Was Ihr, Mr. Waverley, angeregt habt, ist für Euch und mich von zu großer Wichtigkeit, als daß es mir beikommen könnte, über meine Gesinnungen den leisesten Zweifel bestehen zu lassen.«

»Entscheidet, Miß Flora,« bat er, »nicht zu schnell! laßt Euch noch Zeit! laßt mir Zeit! vergönnt Eurem Bruder die Möglichkeit ...«

»Mr. Waverley,« unterbrach ihn Flora, »ich würde mich selbst bittersten Vorwürfen aussetzen, wollte ich Euch auch nur eine Minute darüber im Zweifel lassen, daß ich Euch nie anders denn als einen guten Freund ansehen kann. Das größte Unrecht würde ich an Euch begehen, wollte ich auch nur einen Augenblick zögern, dies Euch zu offenbaren ... ich sehe ja doch Euren Schmerz auf Eurem Gesicht, und ich bin selbst nicht frei von Schmerz ... aber besser jetzt als später! o, tausendmal besser, Mr. Waverley, Ihr fühlt jetzt einen kurzen Schmerz über verlorne Hoffnungen, als daß Euch lange Jahre herbe, nagende Reue quälen sollte, die auf jede voreilig geschlossene Verbindung zwischen zwei Menschen, die nicht zusammenpassen, folgen muß!«

»Gerechter Gott! Wie dürft Ihr schon jetzt solche schlimmen Folgen ahnen von einem Bündnisse, das geschlossen werden soll zwischen zwei Personen von gleicher Geburt, unter günstiger Lage der Vermögensverhältnisse, bei Vorhandensein eines, wie ich wohl sagen darf, verwandten Geschmacks ... da Ihr doch selbst ein günstiges Urteil fälltet über denjenigen, den Ihr jetzt verstoßt!« »Mr. Waverley,« erwiderte sie, »ich darf Euch kaum mit Auseinandersetzungen der Empfindungen behelligen, die mich über die Aufgabe der Frau im Leben erfüllen und die erheblich verschieden sind von denen anderer Frauen; ich darf auch kaum darüber zu sprechen versuchen, welchen Charakters Eure Empfindungen sein mögen, weil ich es nicht wagen möchte, Worte zu sagen, die kränken könnten. Aber Ihr müßt gelten lassen, Mr. Waverley, daß ich von meiner Kindheit an bloß den einen Wunsch kenne, daß meine königlichen Wohltäter den Thron wieder einnehmen möchten, den ihre Vorfahren inne gehabt haben. Ich bin nicht im stande Euch darzutun, wie innig sich all mein Denken und Empfinden mit diesem einzigen Gegenstande verwachsen hat, wie stark er meine Seele beherrscht. Wenn ich den Tag erlebe, an welchem sich dieser sehnlichste Wunsch meines ganzen Seins erfüllt, dann soll es mir gleichgültig sein, ob ich mein Leben in einer Hütte des Hochlands, in einem Kloster von Frankreich oder in einem Palast oder Schloß eines englischen Edelmanns beschließe.«

»Aber, teuerste Flora, wie sollte mein Glück unvereinbar sein mit Eurer schwärmerischen Anhänglichkeit an das Haus Stuart?«

»Weil Ihr in mir oder in dem Weibe, dem Ihr Eure Liebe schenkt, ein Wesen zu erwarten hofft, das Euern häuslichen Herd glücklich macht, weil Ihr darauf rechnet, daß Eure schwärmerische Liebe Gegenliebe finde. Ein Mann, der kein solcher Schwärmer wäre wie Ihr, den könnte Flora Mac-Ivor vielleicht glücklich machen, aber ob Euch? das ist ihr zweifelhaft, und doch soll sie es und muß sie es, wenn das entscheidende, bindende Wort erst einmal gefallen ist.«

»Mit andern Worten, Miß Mac-Ivor, Ihr könnt mich nicht lieben?«

»Die Gattin, die Ihr Euch erwählt, Mr. Waverley, soll von jenen Empfindungen beseelt sein, die sich, ganz zu den Eurigen schicken, soll denken und wünschen, soll hoffen und bangen wie Ihr! Und wie meint Ihr das bei mir zu finden, da doch, wie ich Euch eben gesagt habe, mein Herz an jenem einzigen Ziele hängt, nach jenem einzigen Ziele sich sehnt und strebt....«

»Flora! meine Familie ist reich an Gütern und reich an Einfluß ... bekennte sie sich in ihren Grundsätzen zu dem Hause Stuart, und sollte ein glücklicher Umstand es fügen ...«

»Mr. Waverley,« versetzte Flora, »verlassen wir nicht den Boden der ruhigen, gesunden Ueberlegung! und verlaßt Ihr Euch in einem Falle wie dem unsrigen auf nichts als Euer klares, natürliches Urteil! gebt nichts auf eine Meinung, die Ihr vorschnell gefaßt habt, die ein jugendliches weibliches Wesen in Euch geweckt hat. Eure Rolle in diesem Drama, wenn Ihr darin eine spielen wollt, muß auf fester, geschlossener Ueberzeugung fußen, und nicht auf einer wahrscheinlich vorübergehenden Empfindung!«

Waverley versuchte zu antworten, aber er fand keine Worte, denn jedes Wort der Hochländerin kündete davon, daß sie edel und hochherzig fühlte und dachte, daß sie es verschmähte, sich auf Umwege einzulassen und von der Aufgabe nicht wich, die sie sich für ihr Leben gesteckt hatte.... Sie schritten eine kurze Strecke noch nebeneinander, ohne weitere Worte zu wechseln, dann knüpfte Flora die Unterhaltung wieder an. ...

»Ein letztes Wort noch, Mr. Waverley!« sagte sie, »ehe wir diesem Thema für immer Lebewohl sagen. Ich bitte um Verzeihung um deswillen, was ich jetzt sagen will, falls es als unwillkommener oder überflüssiger Rat erscheinen sollte. Mein Bruder Fergus verfolgt eifrig die Absicht, Euch für sein Unternehmen zu werben.... Sagt nicht ja dazu, Mr. Waverley, denn durch Eure persönliche Mitwirkung könnt Ihr dasselbe nur wenig fördern; aber wenn es fehlschlägt, so tragt Ihr die Folgen schwerer, als jeder andre! Ich bitte Euch, begebt Euch, sobald es angängig ist, zurück nach England, und wenn Ihr Euch solcherweise frei haltet von jedem Versuch, der usurpatorischen Regierung zu schaden, so dürft Ihr vielleicht mit um so besserem Recht, wie Eure loyalen Ahnen, an der Spitze Eurer angestammten Begleiter und Anhänger, als ein würdiger Sproß des Hauses Waverley, für den in seinen Stammes- und Thronrechten geschädigten Souverän einzutreten versuchen.«

»Und sollte mir das Glück beschert sein, mich nach dieser Richtung hin auszuzeichnen,« wandte Waverley ein, »dürfte ich dann vielleicht hoffen ...«

»Verzeiht, daß ich unterbreche, Mr. Waverley! Bloß die Gegenwart gehört uns, und in reiner, redlicher Weise kann ich Euch nur von den Empfindungen Rechenschaft geben, die mein Herz jetzt erfüllen.... Was die Zukunft bringt, welche Wandlung Empfindungen und Ereignisse erleiden können, die zu schön find, als daß sie sich hoffen ließen, das auch nur ahnen zu wollen, wäre vergebliches Beginnen. Indessen dürft Ihr Euch überzeugt halten, Mr. Waverley, daß ich nächst dem Ruhm und Glück meines Bruders für nichts so innig beten werde, wie für Euer Glück und Euern Ruhm.«

Mit diesen Worten schied sie von ihm. Sie hatten eine Stelle erreicht, wo sich zwei Wege kreuzten. Waverley kehrte in heftigem Widerstreit seiner Empfindungen in das Schloß zurück. Der Rest des Abends verstrich, ohne daß sich Fergus und Waverley über das Thema noch einmal unterhielten, denn keiner von beiden fand den Mut dazu.

Als Edward wieder auf seinem Zimmer war, überdachte er noch einmal die Vorfälle des ereignisreichen Tages, ohne daß es ihm gelingen wollte, der Ungewißheit ledig zu werden, die ihn nach wie vor quälte, und erst spät brachte ihm ein unruhiger Schlummer halbwegs Erlösung von dem Wirrwarr, der in seinem Gemüte herrschte.

Sechsundzwanzigstes Kapitel

Am Morgen war es ihm, als klänge ihm Musik in seinen Träumen. Er sah sich wieder in Tully-Beolan und meinte David Gellatley zu hören, der im Hofe seinen Tieren was vorträllerte. Aber als der Schlummer von ihm wich, da war es ihm, als klänge ihm die Musik noch immer in den Ohren. Und endlich wurde er wach. Und nun hörte er ganz deutlich draußen vor seinem Fenster die folgenden Strophen: