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Mein Herz ist im Hochland, mein Herz ist nicht hier,

Mein Herz ist im Hochland, zu jagen das Tier,

Zu jagen das Tier, zu ereilen das Reh,

Mein Herz ist im Hochland, wo immer ich geh.

Neugierig, was David Gellatley zu solch weiter Reise bestimmt haben könnte, kleidete Edward sich schnell an, und dieweil hörte er weiter:

Nichts gibts ja im Hochland als Hafer und Lauch,

Langstelzige Buben ohne Hosen am Bauch,

Ohne Hosen am Bauch, und ohne Strümpfe und Schuh,

Doch setzt es wohl Hosen, kommt Jakob herzu.

Inzwischen war Waverley in den Hof hinausgegangen, wo sich David an ein paar Müßiggänger, wie sich ihrer in den Hochlanden viele umhertreiben, angeschlossen hatte, und tanzte und hüpfte lustig den landesüblichen Schottisch nach einer Musik, die er sich selbst pfiff, und zwar so lange, bis ein andrer Pfeifer der Aufforderung der Umstehenden folgte und ihn im Pfeifen ablöste. Und nun mischte sich jung und alt in den Tanz, wer nur Mittänzer finden konnte. David ließ sich durch Waverleys Erscheinen nicht stören, wenngleich er sich alle mögliche Mühe gab, ihm durch Grinsen und Blinzeln und durch ein paar Knickse verständlich zu machen, daß er ihn wiedererkenne. Und während er nun hüpfte und jubelte und mit den Fingern schnippte und mit der Zunge schnalzte, machte er plötzlich ein paar lange Schritte seitwärts in der Richtung auf Waverley zu, hielt im Takte inne, wie Harlekin in seiner Pantomime, langte einen Brief aus seinem Brustlatz und schob ihn in Waverleys Hand. Dann hüpfte und tanzte und schnippte und schnalzte er wieder, ohne weitere Pausen zu machen.

Edward sah, daß die Aufschrift von Rosas Hand war, und begab sich sofort in die Stube, wo er das Folgende las:

»Mein teurer Herr!« ... (so hatte, wie Edward ganz deutlich sehen konnte, zuerst dagestanden, dann aber war das zweite Wort wegradiert worden, so daß bloß das kahle und nüchterne »Mein Herr« dastand) ... »ich fürchte beinahe, mir eine Freiheit zu nehmen, zu der ich keine Berechtigung genieße, aber ich kann sonst niemand Dinge anvertrauen, die sich bei uns ereignet haben und deren Kenntnis nach meinem Dafürhalten für Euch nicht ohne Belang sein dürfte. Verzeiht mir, falls ich unrecht darin tue. Aber ich habe zurzeit keinen andern Berater weiter als mein Herz. Denn mein lieber guter Vater ist fort von hier, und wann er wieder zurückkehren wird, das steht in Gottes Hand. Es ist Euch wahrscheinlich zu Ohren gekommen, daß infolge beunruhigender Nachrichten aus dem Hochlande Verhaftsbefehle gegen verschiedne Edelleute erlassen worden sind. Hiervon ist auch mein Vater betroffen worden. All mein Bitten und Weinen, sich der Regierung willig zu unterwerfen, hat nichts gefruchtet, er ist mit Mr. Falconer und mehreren andern Edelleuten, zusammen an die vierzig Reiter, nach Norden aufgebrochen. »Um meine Sicherheit ist mir ja weniger bange, als darum, was uns die Zukunft bringen wird, denn diese Unruhen sind ja doch erst in den, Anfängen. Aber dies alles betrifft ja Euch noch nicht, Mr. Waverley, ich glaubte nur, es möchte Euch eine Beruhigung sein zu wissen, daß mein Vater sich geflüchtet hat, für den Fall, daß Euch zu Ohren kommen sollte, er befände sich in Gefahr.

»Aber kaum war er fort, da kam ein Kommando nach Tully-Beolan marschiert, das mit dem Schösser Macwheeble sehr roh und unmannierlich verfuhr, aber gegen mich war der Offizier sehr artig und sagte nur, seine Pflicht geböte ihm, das Haus nach Waffen und Papieren zu untersuchen. Das hatte mein Vater vorausgesehen, und alle Waffen mit hinweggenommen bis auf die nutzlosen Zierate, die in der Halle hängen. Auch alle Papiere hatte er beiseite geschafft oder vernichtet. Aber wie soll ich es Euch mitteilen, Mr. Waverley? Auch nach Euch haben sie eifrig geforscht und sich erkundigt, wann Ihr in Tully-Beolan gewesen seiet, und wann Ihr weggereist seiet, und wo Ihr Euch jetzt aufhieltet u.s.w.

»Der Offizier ist mit seinem Kommando wieder abmarschiert, hat aber einen Unteroffizier mit vier Mann als Einquartierung oder Besatzung zurückgelassen, die sich ja ganz manierlich betragen, sind wir doch gezwungen, sie bei guter Stimmung zu erhalten: Aber sie haben des öftern sich dahin geäußert, daß Ihr in schlimme Strafe genommen werden würdet, wenn Ihr gefaßt werden solltet. Ich kann es nicht über mich bringen, Euch hiervon ohne Kenntnis zu lassen, wenn ich auch bestimmt weiß, daß alles, was sie von Euch reden, bloß törichtes Geschwätz ist. Aber Ihr werdet ja nun am besten zu beurteilen wissen, was Ihr zu tun und zu lassen habt.

»Mit dem Kommando hat Euer Diener mit hinweg gemußt mit Euren beiden Pferden und allem, was Ihr in Tully-Beolan zurückgelassen hattet.

»Ich hoffe und bete, daß Gott Euch in seinen Schutz nehmen möge, daß Ihr heil und gesund nach England zurückkehren möchtet, wo es ja, wie Ihr mir erzählt habt, keine Fehden zwischen Stämmen und Sippen und Häuptlingen gibt, sondern alles auf grund der bestehenden Gesetze geordnet und geschlichtet wird, die jedem Bürger und Bewohner den gleichen Schutz gewähren, der sich ruhig verhält, seinen Pflichten nachkommt und sich nichts zu schulden kommen läßt.

»Ihr werdet, so hoffe und bitte ich, meine Kühnheit gütigst entschuldigen, desgleichen hoffe und bete ich, daß Euch nicht dadurch Ungemach entstehen möge, daß ich an den Ort Eures früheren Aufenthalts und nicht an den jetzigen schreibe, wo Euch vielleicht Gefahr für Eure Ehre und Sicherheit droht. Mein Vater, das weiß ich, würde meinen Brief billigen, und auch der gute Mr. Rubric, der zu seinen Vettern nach Duchran geflohen ist. Schösser Macwheeble mischt sich nicht gern in fremde Dinge, wiewohl meines Dafürhaltens eine Gefälligkeit gegen einen Freund meines Vaters nicht als ein »fremdes Ding« aufgefaßt werden kann.

»Lebt jetzt wohl, Kapitän Waverley! Es wird wohl kaum der Fall sein, daß wir uns wiedersehen werden, denn für Euch dürfte es wohl kaum geraten sein, jetzt nach Tully-Beolan zu kommen, und ich möchte Euch auch nicht dazu auffordern, selbst wenn diese Soldaten wieder abmarschieren sollten. Aber immer werde ich mich dankbar Eurer Liebe und Güte erinnern, und niemals werde ich die Stunden vergessen, in denen ich Eure Schülerin und Ihr mein Lehrer waret, noch weniger die herzliche Freundschaft, die Euch mit meinem Vater verbunden hat und die er Euch so gern erzeigte. Ich verbleibe

Eure allzeit ergebene Dienerin Rosa Conyne Bradwardine.«

P. S.

»Ich rechne darauf und bitte recht darum, mir durch David Gellatley mit ein paar Zeilen den Empfang dieses Briefes zu bestätigen, ebenso bitte ich Euch aufs dringendste, auf Eure Sicherheit bedacht zu sein, und Euch in keine Kabalen solch unglückseliger Art einzulassen, wie sie meinen armen Vater zur Flucht genötigt haben. Verlaßt nur recht bald das unglückliche Schottland und kehrt zurück in Euer glückliches England! ... An meine gute Flora und an Glennaquoich bitte ich meine besten Empfehlungen zu bestellen. Flora ist doch sicher die schöne junge Dame geworden, wie ich sie Euch geschildert habe.«

So endete Rosas Brief. Sein Inhalt überraschte Edward auf das höchste und versetzte ihn in eine Aufregung sondergleichen. Daß der Baron der am Ruder befindlichen Regierung infolge der das Land erregenden Agitation für das Haus Stuart in Verdacht geraten war, schien ihm bei der bekannten Vorliebe des Barons für die alte Dynastie nur plausibel; wie man ihn aber mit in diesen Verdacht hatte einbeziehen können, das wollte ihm ganz und gar nicht einleuchten, denn er hatte doch nicht mit dem leisesten Gedanken sich gegen das herrschende Haus gekehrt. Sowohl der Baron in Tully-Veolan als der Häuptling in Glennaquoich hatten sein Verhältnis als königlich britischer Soldat durchaus respektiert, und wenn auch dann und wann ein Wink gefallen war, der darauf schließen ließ, daß sowohl der Baron als der Häuptling zum mißvergnügten Adel Schottlands gehörten, der noch immer ziemlich zahlreich war, so war doch ihm gegenüber so lange nichts Positives verlautet, bis er nicht durch seine Kassation des Verhältnisses zum regierenden Königshause enthoben worden war.