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Und so weiter. Janet wandte sich ihm zu; und Ann nahm mit enttäuschtem Gesicht ihren Kaffee und verschwand damit.

Danach konzentrierte sich Maya und suchte, sich die Mienen wieder ins Gedächtnis zu rufen, die Boone und Chalmers ausgetauscht hatten. Sie waren wie eine Art Code gewesen oder wie die privaten Sprachen, die identische Zwillinge manchmal für sich erfinden.

Die Wochen vergingen, und die Tage begannen alle mit einem lässigen Frühstück. Die nachfolgenden Vormittage waren viel geschäftiger. Jeder hatte einen Zeitplan, wenn auch manche voller waren als andere. Der von Frank war gedrängt voll, so wie er es liebte, ein manischer Nebel von Aktivität. Aber die notwendige Arbeit war durchaus nicht immer so großartig. Sie mussten sich am Leben und in Form halten, das Schiff in Gang halten und sich auf den Mars vorbereiten. Die Wartung des Schiffs erstreckte sich von den Finessen des Programmierens oder Reparaturen bis hin zu primitiven Tätigkeiten wie Vorräte aus dem Lager holen oder Abfall zu den Aufbereitern bringen. Das Biosphärenteam verbrachte den größten Teil seiner Zeit auf der Farm, die große Teile der Torusse C, E und F einnahm. Und jedermann an Bord hatte auf der Farm zu arbeiten. Die meisten hatten daran Freude, und manche kehrten sogar in ihren freien Stunden dorthin zurück. Auf Anweisung der Ärzte mussten alle täglich drei Stunden mit Tretmühlen, Rolltreppen, Laufrädern oder Gewichtsapparaten zubringen. Diese Stunden wurden genossen, ertragen oder geschmäht, je nach Temperament; aber selbst jene, welche behaupteten, sie nicht zu mögen, erledigten ihre Übungen in merklich (und sogar messbar) besserer Stimmung. »Beta-Endorphine sind die beste Droge«, würde Michel Duval sagen.

»Was ein Glück ist, da wir keine anderen haben«, würde John Boone antworten.

»Oh, es gibt Koffein …«

»Macht mich schläfrig.«

»Alkohol …«

»Bereitet mir Kopfschmerzen.«

»Prokain, Darvon, Morphin …«

»Morphin?«

»In den medizinischen Vorräten. Nicht für allgemeinen Gebrauch.«

Arkady lächelte. »Vielleicht sollte ich lieber krank werden.«

Die Ingenieure einschließlich Maya verbrachten viele Vormittage beim Training von Simulationen. Diese fanden auf der Ersatzbrücke in Torus B statt, der die neuesten Errungenschaften an Bildsynthesizern hatte. Die Simulationen waren so geschickt, dass es kaum einen sichtbaren Unterschied zwischen ihnen und der eigentlichen Aktion gab. Das machte sie nicht unbedingt interessant. Die standardisierte Orbitalannäherung, allwöchentlich geübt, hatte den Spitznamen ›Der Mantra-Lauf‹ und wurde für jegliche Flugmannschaft zu einer langweiligen Plage.

Aber manchmal war selbst Langeweile den Alternativen vorzuziehen. Arkady war ihr Trainigsspezialist und hatte ein geradezu perverses Talent zum Entwerfen von Problemläufen, die so hart waren, dass sie oft jeden ›töteten‹. Diese Läufe waren eigenartig unangenehme Erfahrungen und machten Arkady bei seinen Opfern nicht beliebt. Er mischte willkürlich Problemläufe mit Mantraläufen, aber es waren immer mehr Problemläufe. Sie ›näherten sich dem Mars‹, und rote Lampen flammten auf, bisweilen mit Sirenen; und sie waren wieder in Schwierigkeiten. Einmal hatten sie einen Treffer durch ein Planetesimal von etwa fünfzehn Gramm, das einen großen Riss im Hitzeschild hinterließ. Sax Russell hatte ausgerechnet, dass ihre Chancen, mit etwas größer als ein Gramm zusammenzutreffen, ungefähr zu eins in siebentausend Reisejahren stünden; aber es gab sie dennoch: Notfall! Adrenalin durchströmte sie, obwohl sie schon über diese Idee die Nase rümpften. Sie rannten in die Nabe und legten Anzüge für Außenarbeiten an, um das Loch zu verstopfen, ehe sie in die Marsatmosphäre gerieten und knusprig gebraten würden. Als sie halb soweit waren, kam über ihre Interkoms Arkadys Stimme: »Nicht schnell genug! Wir sind längst alle tot!«

Aber das war noch ein einfacherer Fall. Andere … Zum Beispiel wurde das Schiff durch Drahtflugsystem gesteuert, was bedeutete, dass die Piloten in die Flugcomputer Befehle eingaben, die diese dann in die tatsächlichen Schübe umsetzten, um das verlangte Resultat zu erzielen. Das sollte sein; denn wenn man sich mit ihrer Geschwindigkeit einer gravitierenden Masse wie dem Mars näherte, war es glatt unmöglich zu fühlen oder zu ahnen, welche Zündperioden die gewünschten Effekte erzielen würden. Darum waren sie alle keine Flugzeugpiloten im üblichen Sinne. Nichtsdestoweniger ließ Arkady öfters das ganze massiv redundante System hochgehen, gerade wenn sie einen kritischen Moment erreichten (ein Versagen, das, wie Russell sagte, ungefähr mit einer Wahrscheinlichkeit von einmal in zehn Milliarden Fällen eintrat), und sie mussten übernehmen und alle Raketen mechanisch bedienen, wobei sie die Monitore und ein orangefarbenes Bild auf schwarzem Grund des auf sie zukommenden Mars beobachten mussten. Dann konnten sie entweder weitermachen, in den tiefen Raum entweichen und eines langsamen Todes sterben, oder kurz auf den Planeten prallen und sofort sterben. In diesem Falle mussten sie das bis hin zu dem simulierten tödlichen Zerschellen mit 120 Kilometern in der Sekunde erleben.

Oder es könnte ein mechanisches Versagen eintreten: Hauptantrieb, Stabilisierungsraketen, Computerhardware oder -Software, Entfaltung des Hitzeschildes; all das musste bei der Annäherung perfekt funktionieren. Und Versager in diesen Systemen waren am allerwahrscheinlichsten — im Bereich von, wie Sax sagte (obwohl andere seine Risikoabschätzungsmethoden in Frage stellten) einer bei zehntausend Annäherungen. Also machten sie es noch einmal, und rote Lampen würden aufleuchten, und sie wurden stöhnen und einen ›Mantralauf‹ herbeisehnen, obwohl sie zum Teil die neue Herausforderung begrüßten. Wenn sie es schafften, einen mechanischen Fehler zu überleben, waren sie kolossal stolz. Das konnte der Höhepunkt einer Woche sein. Einmal gelang es John Boone, erfolgreich von Hand eine aerodynamische Bremsung auszuführen bei nur einer funktionierenden Rakete, indem er die sichere Bogenmillisekunde bei der einzig möglichen Geschwindigkeit traf. Niemand konnte das glauben. »Reines Glück«, sagte Boone und grinste breit, als die Tat beim Essen zur Sprache kam.

Die meisten von Arkadys Übungsläufen endeten aber mit Versagen, was für alle den Tod bedeutete. Simuliert oder nicht, es war für alle hart, bei diesen Erfahrungen nicht ernüchtert zu werden und überdies gereizt, weil Arkady sie erfunden hatte. Einmal reparierten sie jeden Monitor auf der Brücke gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie die Schirme den Treffer eines kleinen Asteroiden verzeichneten, der durch die Nabe stieß und sie alle tötete. Ein andermal machte Arkady als Teil des Navigationsteams einen ›Fehler‹ und wies die Computer an, die Rotation des Schiffs zu erhöhen, anstatt sie herabzusetzen. »Mit sechs G auf den Fußboden genagelt!« schrie er in gespieltem Entsetzen; und sie mussten eine halbe Stunde lang auf dem Boden kriechen und so tun, als ob sie den Fehler berichtigten, während sie jeder eine halbe Tonne wogen. Als sie Erfolg hatten, sprang Arkady vom Boden auf und fing an, sie vom Kontrollmonitor wegzustoßen.

»Was, zum Teufel, machst du?« kreischte Maya.

»Er ist verrückt geworden«, sagte Janet.

»Er hat simuliert, dass er verrückt wurde«, korrigierte Nadia sie. »Wir müssen uns vorstellen …« — dabei drehte sie eine letzte Runde um Arcady —, »wie man mit jemand zurechtkommt, der auf der Brücke verrückt wird!«

Was ohne Zweifel stimmte. Aber sie konnten die ganze Zeit das Weiße in Arkadys Augen sehen, und es war keine Spur von Erkennen in ihm, während er sie stumm attackierte. Alle fünf waren nötig, um ihn festzuhalten, und Janet und Phyllis Boyle wurden durch seine spitzigen Ellbogen verletzt.

»Nun?« sagte er später beim Essen und grinste schief, als er eine Schnute zog. »Wie, wenn das passiert? Wir stehen hier oben unter Druck, und die Annäherung wird das Allerschlimmste sein. Was, wenn jemand zusammenbricht?« Er wandte sich zu Russell, und sein Grinsen wurde noch wilder. »Wie stehen die Chancen dafür, he?« Und er stimmte ein Lied aus Jamaika an mit slawisch karibischem Akzent: »Druckabfall, oh, Druckabfall, oho, der Druck wird fallen auch bei euch, oho!«