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Yeli kannte sie von früher, er war bloß ein Freund. An Dmitri lag ihr nichts, Vlad war älter, Yuri nicht ihr Typ, Alex ein Gefolgsmann Arkadys … und so weiter.

Und was die Amerikaner oder die Internationalen anging — nun, das war ein Problem anderer Art. Mischkulturen, wer konnte das wissen? Aber sie dachte darüber nach. Und gelegentlich, wenn sie morgens aufwachte oder eine Ausarbeitung beendete, schwebte sie auf einer Woge von Verlangen, das sie an der Bettkante oder unter der Dusche davonspülte und das ein Gefühl von Alleinsein hinterließ.

So traf sie eines Morgens spät nach einem besonders anstrengenden Problemlauf, den sie fast gelöst und dann doch verfehlt hatten, im Arboretum auf Frank Chalmers und erwiderte seine Begrüßung. Dann gingen sie etwa zehn Meter weit in den Wald und blieben stehen. Sie trug Shorts und ein knappes Oberteil, war barfüßig, verschwitzt und von der verrückten Simulation erregt. Er trug Shorts und ein T-Shirt, war barfüßig und von der Farm staubig. Plötzlich stieß er sein scharfes Lachen aus und langte hin, um ihren Oberarm mit zwei Fingerspitzen zu berühren. »Heute siehst du glücklich aus.« Mit dem bewussten aggressiven Lächeln.

Die Führer der beiden Hälften der Expedition. Gleichgestellt. Sie hob die Hand, um seine zu berühren, und mehr war nicht nötig.

Sie verließen den Pfad und tauchten in ein dichtes Kieferndickicht ein. Sie blieben stehen, um sich zu küssen. Das war so lange her, dass es ihr seltsam vorkam. Frank stolperte über eine Wurzel und lachte leise vor sich hin — jenes geheimnistuerische Lachen, das Maya fast erschauern ließ. Sie setzten sich auf Kiefernadern hin und rollten sich zusammen wie Studenten bei Schmusespielen im Wald. Sie lachte, sie hatte schon immer den schnellen sexuellen Kontakt geliebt, jene Art, mit der sie einen Mann umhauen konnte, wenn sie wollte.

Und so trieben sie Liebesspiele, und für einige Zeit riss ihre Leidenschaft sie mit. Als es vorbei war, entspannte sie sich und genoss die Brandung der Nachglut. Aber es wurde irgendwie ein wenig unbehaglich. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. An ihm war immer noch etwas Verborgenes, als ob er sich selbst beim Liebesspiel verstecken würde. Und noch schlimmer, was sie hinter seiner Zurückhaltung sehen konnte, war eine Art von Triumph, als ob er etwas gewonnen und sie etwas verloren hätte. Jener puritanische Zug bei Amerikanern, der Gedanke, dass Sex etwas Unrechtes wäre und Männer Frauen dazu verführen müssten. Sie zog sich etwas zurück, verärgert durch sein heimliches Grinsen. Gewinnen und Verlieren — wie Kinder.

Und dennoch waren sie sozusagen Kollegen. Wenn es also für beide auf dasselbe hinauslief.

Sie plauderten einige Zeit recht jovial und liebten sich schließlich noch einmal, ehe sie sich trennten. Aber es war nicht ganz dasselbe wie beim ersten Mal. Sie merkte, dass sie zerstreut war. Beim Sex entzog sich vieles einer rationalen Beurteilung. Maya fühlte bei ihren Partnern immer Dinge, die sie nicht analysieren oder gar ausdrücken konnte. Aber immer gefiel ihr, was sie tat, oder es gefiel ihr nicht. Daran gab es keinen Zweifel. Und als sie nach dem ersten Mal Frank Chalmers ins Gesicht geschaut hatte, wurde sie sicher, dass etwas nicht stimmte. Das machte sie missgestimmt.

Aber sie gab sich freundlich und leidenschaftlich. Es hätte keinen Sinn, in einem solchen Moment abzubrechen. Das würde niemand verzeihen. Sie standen auf, zogen sich an und gingen wieder zum Torus D. Sie speisten am gleichen Tisch mit einigen anderen; und da erschien es ganz richtig, mehr Distanz zu halten. Aber später in den Tagen nach ihrem ersten Beisammensein war sie überrascht und ärgerlich zu merken, dass sie ihn mied und Vorwände suchte, nicht mit ihm allein zu sein. Das war ungeschickt und keineswegs das, was sie gewollt hatte. Sie hätte lieber nicht so gefühlt; und ein paar Mal gingen sie wieder zusammen fort, und als er sie anmachte, trieb sie es wieder mit ihm. Sie wünschte, dass es klappen würde, da sie fühlte, dass sie mit einer Ablehnung einen Fehler gemacht hätte oder dann irgendwie in schlechter Stimmung gewesen wäre. Aber es war immer dasselbe, da war immer dieses angedeutete triumphierende Grinsen, das Ich-habe-dich-bekommen, welches sie so verabscheute, diese moralinsaure, puritanische, doppelbödige Schmuddeligkeit.

Und so mied sie ihn immer mehr, um nicht wieder in die Ausgangssituation zu geraten. Und er kapierte recht schnell, wie der Wind wehte. Eines Nachmittags bat er sie um einen Spaziergang in das Biotop; und als sie unter dem Vorwand, müde zu sein, ablehnte, zog ein Staccato von Überraschung über sein Gesicht, und dann war es wie eine Maske verschlossen. Sie hatte ein schlechtes Gefühl, weil sie es nicht einmal selbst erklären konnte.

Im Versuch, einen solch unvernünftigen Rückzug gutzumachen, war sie danach zu ihm freundlich und aufrichtig, solange die Lage sicher war. Und ein paar Mal gab sie indirekt zu verstehen, dass ihre Begegnungen für sie nur eine Besiegelung ihrer Freundschaft gewesen wären, etwas, das sie auch mit anderen getan hätte. All dies musste aber zwischen den Worten übermittelt werden; und es war möglich, dass er sie missverstand. Nach jenem ersten Ruck von Begreifen schien er nur verwirrt zu sein. Einmal, als sie eine Gruppe verließ, ehe diese aufbrach, hatte sie gesehen, dass er ihr einen prüfenden Blick zuwarf. Danach — nur Distanz und Reserve. Aber er war nie wirklich verärgert gewesen und drängte nie auf dieses Thema oder kam zu ihr, um darüber zu sprechen. Aber das war doch gerade ein Teil des Problems! Es schien, dass er mit ihr nicht darüber sprechen wollte.

Nun, vielleicht hatte er Affären laufen mit anderen Frauen, mit einigen Amerikanerinnen. Das war schwer zu sagen. Er hielt wirklich an sich. Aber es war … peinlich.

Maya beschloss, der vertrackten Verlockung ein Ende zu machen, so aufregend sie auch war. Hiroko hatte recht: In einem geschlossenen System war alles anders. Das war übel für Frank (falls es ihn kümmerte), weil er auf sie in dieser Hinsicht erzieherisch gewirkt hatte. Am Ende beschloss sie, sich mit ihm wieder zu vertragen, indem sie ihm eine gute Freundin war. Sie war so sehr darum bemüht, dass sie es einmal, fast einen Monat später, übertrieb und etwas zu weit ging, soweit, dass sie glaubte, ihn wieder zu verführen. Sie waren Teil einer Gruppe gewesen, hatten bis spät geplaudert. Und sie hatte dicht bei ihm gesessen. Später hatte er deutlich den falschen Eindruck erhalten und ging mit ihr durch Torus D zu den Baderäumen. Dabei redete er in jener charmanten und umgänglichen Art, die er bei einem solchen Stand der Dinge gewöhnlich an den Tag legte. Maya war unsicher. Sie wollte nicht allzu launisch erscheinen, obwohl in diesem Fall jedes mögliche Verhalten so wirken könnte. Also ging sie mit ihm los, nur weil das einfacher war und weil ein Teil von ihr auch Sex wollte. Drum tat sie es, über sich selbst verärgert und entschlossen, dass dies das letzte Mal sein sollte, eine Art Abschiedsgeschenk, das, wie sie hoffte, die ganze Affäre für ihn zu einer guten Erinnerung machen würde. Sie stellte fast, dass sie leidenschaftlicher war als je zuvor. Sie wollte ihm wirklich gefallen. Und dann, kurz vor dem Orgasmus, schaute sie zu seinem Gesicht auf und erblickte die Fenster eines leeren Hauses. Das war das letzte Mal.

Av, V für Geschwindigkeit, Delta für Veränderung. Im Weltraum ist dies das Maß für die Geschwindigkeit, welche erforderlich ist, um von einem Ort zum anderen zu gelangen — mithin ein Maß für die dazu erforderliche Energie.

Alles ist schon in Bewegung. Um aber etwas von der sich bewegenden Oberfläche der Erde in eine Umlaufbahn um sie zu bringen, ist ein Minimum Av von zehn Kilometern in der Sekunde erforderlich. Um den Erd-Orbit zu verlassen und zum Mars zu fliegen, braucht man mindestens ein Av von 3,6 Kilometern in der Sekunde. Der schwierigste Teil ist, die Erde ganz hinter sich zu lassen, denn dabei kommt die tiefste Gravitationssenke ins Spiel. Das Erklimmen dieser steilen Kurve der Raumzeit verlangt ungeheure Energie, um die Richtung einer enormen Trägheit zu verschieben.