Выбрать главу

Es kam ein Anruf von der Versorgungszentrale. Sie hatten Schwierigkeiten mit den Computern und wollten, dass Arkady nach dem Rechten sah.

Er verließ die Stadtbüros und ging durch Menlo Park zur Zentrale. Es war kurz nach Sonnenaufgang, und der größte Teil des Carr-Kraters lag noch im Schatten. Zu dieser Stunde erhielten nur der Westrand und die hohen Betonbauten der Versorgungszentrale Sonnenlicht. Die Wände waren im Morgenlicht ganz gelb, und die den Kraterrand hinauflaufenden Pisten waren wie Goldbänder. In den schattigen Straßen begann die Stadt gerade zu erwachen. Eine Menge Rebellen waren von anderen Städten oder aus den mit Kratern bedeckten Gebirgen hereingekommen, und sie schliefen auf dem Gras des Parks. Einige richteten sich auf, die Schlafsäcke noch über den Beinen, die Augen verquollen, mit wirrem Haar. Die nächtliche Temperatur war aufrechterhalten worden, aber es war in der Morgendämmerung immer noch kühl. Die aus den Schlafsäcken Gekrochenen drängten sich um Herde zusammen, pusteten in die Hände und hantierten mit Kaffeekannen und Samowars. Sie schauten nach Westen, um zu sehen, wie weit die Linie des Sonnenscheins schon heruntergekrochen war. Als sie Arkady sahen, winkten sie ihm zu; und ein paar Mal wurde er von Leuten angehalten, die seine Meinung über die Neuigkeiten hören oder ihm Ratschläge erteilen wollten. Arkady antwortete allen fröhlich. Er spürte wieder jenen Unterschied in der Luft, das Gefühl, sie wären alle in einem neuen Raum beisammen, wobei jeder vor den gleichen Problemen stünde, alle einander gleich und jeder (das empfand er beim Anblick einer Heizspule, die unter einem Kaffeetopf glühte) glühend von der Elektrizität der Freiheit.

Beim Weitergehen fühlte er sich leichter und sprach dabei in seinen Armbandrecorder. »Der Park erinnert mich an das, was Orwell gesagt hat über Barcelona in den Händen von Anarchisten: ›Es ist die Euphorie eines neuen Sozialvertrags, einer Wiederkehr zu jenem Kindertraum von Fairness, mit der wir alle begonnen haben.‹«

Sein Armbandgerät piepte, und Phyllis erschien auf dem kleinen Schirm. Das war beunruhigend. Er fragte: »Was willst du?«

»Nemesis ist vernichtet. Wir wollen, dass ihr euch ergebt, ehe weiterer Schaden entsteht. Arkady, es ist jetzt ganz einfach. Kapitulation oder Tod.«

Er musste fast lachen. Sie war wie die böse Hexe in dem Film von Oz, die unerwartet in seiner Kristallkugel erschien.

»Da gibt es nichts zu lachen!« schrie sie. Er sah plötzlich, dass sie verstört war.

»Du weißt, dass wir mit Nemesis nichts zu tun hatten«, sagte er. »Das ist irrelevant.«

»Wie kannst du nur so ein Narr sein?«

»Das ist keine Narretei. Hör zu, sag deinen Herren folgendes: Wenn sie versuchen, die freien Städte hier auf dem Mars zu unterjochen, werden wir alles auf dem Mars zerstören.« Das war die Schweizer Verteidigung.

»Glaubst du, dass das etwas ausmacht?« Sie hatte blasse Lippen, und ihr kleines Bild zeigte die Maske einer Furie.

»O doch! Schau, Phyllis, ich bin nur die Polkappe davon. Es gibt einen massiven Untergrundblock, den du nicht sehen kannst. Er ist wirklich riesig; und sie haben die Mittel zum Gegenschlag, wenn sie das wollen.«

Sie musste den Arm gesenkt haben; denn das Bild auf seinem kleinen Schirm schaukelte wild und zeigte dann einen Fußboden. Ihre körperlose Stimme sagte: »Du bist immer ein Tor gewesen. Sogar schon auf der Ares.«

Die Verbindung riss ab.

Arkady ging weiter. Das Gewühl der Stadt war nicht mehr so erheiternd wie zuvor. Wenn Phyllis Angst hatte …

An der Versorgungszentrale ließen sie emsig eine Fehlersuche laufen. Vor ein paar Stunden hatte das Sauerstoffniveau in der Stadt zu steigen begonnen, aber die Warnlichter waren nicht angegangen. Ein Techniker hatte das durch Zufall bemerkt.

Nach einer halben Stunde Arbeit fanden sie es. Ein Programm war ausgetauscht worden. Sie ersetzten es; aber Tati Anokhin war nicht glücklich. »Schau, das muss Sabotage gewesen sein, und es gibt immer noch mehr Sauerstoff, als sein sollte. Schau, da draußen sind es immer noch fast vierzig Prozent.«

»Kein Wunder, dass alle heute morgen in so guter Stimmung sind.«

»Ich bin es nicht. Außerdem ist dies Gerede von der Stimmung eine Legende.«

»Bist du sicher? Geh noch einmal durch das Programm und sieh dir die Kennzeichen der Verschlüsselung an und schau, ob darunter noch eine andere Substitution verborgen ist.«

Er machte sich wieder auf den Weg zu den Stadtbüros.

Auf halbem Weg hörte er in der Höhe einen lauten Knall. Er schaute hoch und sah ein kleines Loch in der Kuppel. Die Luft gewann plötzlich einen irisierenden Schimmer, als ob sie in einer großen Seifenblase wären. Ein heller Blitz und ein lauter Bums warf ihn um. Als er sich hochrappelte, sah er, wie alles zugleich Feuer fing. Menschen brannten wie Fackeln, und direkt vor seinen Augen geriet sein Arm in Brand.

Es ist nicht schwer, Städte auf dem Mars zu zerstören. Nicht schwerer, als eine Fensterscheibe zu zerbrechen oder einen Ballon zum Platzen zu bringen.

Nadia Cherneshevsky entdeckte dies, während sie in den Stadtbüros von Laßwitz versteckt war, einer Kuppelstadt, die eines Abends gleich nach Sonnenuntergang ein Loch bekommen hatte. Alle überlebenden Einwohner hatten sich in den Stadtbüros oder der Versorgungszentrale zusammengedrängt. Drei Tage lang hatten sie ihre Zeit damit verbracht, nach draußen zu gehen und die Kuppel zu reparieren. Im Fernsehen hatten sie versucht herauszufinden, was vor sich ging. Aber die Nachrichtenblöcke von der Erde waren mit ihren eigenen Angelegenheiten beschäftigt, wo die verschiedenen kleinen Kriege sich zu einem einzigen großen verschmelzen schienen. Nur ab und zu kam eine kurze Meldung über die zerstörten Städte auf dem Mars. In einer davon hieß es, dass viele überkuppelte Krater von Geschossen getroffen worden seien, die über den Horizont gekommen waren. Gewöhnlich wurde zunächst Sauerstoff oder mit Luft gemischte Treibstoffe hineingeschickt und gleich danach ein Zünder, der Explosionen verschiedener Intensität bewirkte — von Menschen tötenden Feuern über Explosionen, die die Kuppel aufrissen, bis hin zu wirklich großen Detonationen, die den Krater praktisch entkernten. Sauerstoffbrände gegen Menschen schienen am häufigsten zu sein. Sie ließen die Infrastruktur größtenteils intakt.

Mit Kuppelstädten war es noch einfacher. Die meisten waren durch Laser von der Basis Phobos aus perforiert worden. Bei manchen waren die Versorgungszentralen durch gesteuerte Marschflugkörper getroffen worden. Andere waren von Truppen der einen oder anderen Seite erobert worden, die Raumhäfen besetzt und mit gepanzerten Rovern die Stadtwände durchbrochen hatten, und in seltenen Fällen waren Fallschirmspringer mit Raketen von oben eingefallen.

Nadia beobachtete die zitternden Fernsehbilder, die deutlich die Angst der Kameraleute zeigten. Ihr Magen krampfte sich zu einem faustgroßen Ball zusammen. »Was tun sie? Testen sie verschiedene Methoden?« rief sie.

»Das bezweifle ich«, sagte Veli Zudov. »Es sind wohl nur verschiedene Gruppen, die unterschiedliche Methoden verwenden. Manche sehen so aus, als ob sie möglichst wenig Schaden anrichten wollten, aber andere scheinen so viele von uns töten zu wollen, wie sie können, um neuen Raum für Auswanderer zu schaffen.«

Nadia wandte sich angewidert ab. Sie stand auf und ging in die Küche, leicht gebeugt wegen ihres verkrampften Magens. Sie wollte unbedingt etwas tun. In der Küche hatten sie einen Generator angestellt und wärmten gefrorene Mahlzeiten mit Mikrowelle auf. Sie half bei der Ausgabe und ging an einer Reihe von Leuten auf und ab, die draußen in der Halle saßen. Ungewaschene Gesichter mit schwarzen Frostblasen. Einige Leute redeten lebhaft, andere saßen da wie Stählen oder schliefen gegeneinander gelehnt. Die meisten von ihnen hatten in Laßwitz gewohnt, aber eine große Anzahl war aus Kuppeln oder Verstecken gekommen, die aus dem Weltraum zerstört oder durch Landstreitkräfte angegriffen worden waren. Eine alte arabische Frau sagte zu einem kleinen knorrigen Mann: »Das ist dumm. Meine Eltern waren beim Roten Halbmond in Bagdad, als die Amerikaner es bombardierten. Wenn sie die Lufthoheit haben, kann man nichts tun — gar nichts! Wir müssen uns ergeben. So bald wie möglich.«