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13-3-2-21-1-1-8-5 O, Draconian devil! Oh, lame Saint!

Was war mit diesen Zahlen?

»Er hat die Fibonacci-Reihe durcheinander geschüttelt, damit wir uns etwas dabei denken«, sagte Langdon und nahm das Blatt in die Hand. »Sein Verfahren mit den Zahlen ist ein Hinweis darauf, wie man mit dem Rest der Botschaft umgehen soll. Die Zeilen als solche bedeuten gar nichts. Das sind lediglich ein paar Buchstaben ohne jede Ordnung.«

Sophie hatte sofort begriffen, worauf Langdon hinauswollte. Die Lösung schien geradezu lächerlich einfach zu sein. »Sie meinen, diese Botschaft ist … une anagramme?« Sie sah ihn skeptisch an. »Wie ein Rebus aus der Rätselzeitung?«

Langdon konnte Sophies Zweifel gut verstehen. Die wenigsten Leute wussten, dass Anagramme mehr waren als ein kurzweiliges Vergnügen für Zeitungsleser. Sie hatten eine reichhaltige Geschichte voller Bezüge zu heiligen Symbolen.

Die mystischen Lehren der Kabbala stützten sich in hohem Umfang auf Anagramme – die Neuordnung der Buchstaben hebräischer Texte, wodurch diesen Texten eine neue Bedeutung zukam. Während der gesamten Renaissancezeit waren die französischen Könige von der heiligen Macht der Anagramme so sehr überzeugt, dass sie an ihrem Hof königliche Anagrammatiker beschäftigten, die ihnen durch die anagrammatische Analyse wichtiger Dokumente zu klügeren Entscheidungen verhelfen sollten. Die alten Römer bezeichneten das Studium der Anagramme als ars magna, »große Kunst«.

Langdon sah Sophie in die Augen. »Was Ihr Großvater sagen wollte, hatten wir die ganze Zeit schon vor der Nase. Er hat uns Hinweise in Hülle und Fülle hinterlassen, damit wir es sehen.«

Ohne ein weiteres Wort zog er einen Kugelschreiber heraus und schrieb die Buchstaben der einzelnen Zeilen in einer anderen Anordnung auf.

O, Draconian devil! Oh, lame saint!

war das lückenlose Anagramm von:

Leonardo da Vinci! The Mona Lisa!

21. KAPITEL

Die Mona Lisa.

Einen Augenblick lang vergaß Sophie, dass sie soeben noch über die Nottreppen aus dem Louvre hatte fliehen wollen.

Ihr Schock wurde nur noch von ihrer Verlegenheit übertroffen, weil sie nicht von allein auf die Lösung gekommen war. Ihre berufsbedingte Fixierung auf komplizierte Zusammenhänge hatte sie ein schlichtes Wortspiel übersehen lassen, doch es hätte ihr nicht entgehen dürfen. Schließlich war sie mit Anagrammen bestens vertraut, vor allem mit solchen in englischer Sprache.

Als Sophie ein Kind gewesen war, hatte ihr Großvater gern Anagramme als Übungsfeld für die englische Rechtschreibung benutzt. Einmal hatte er das englische Wort »planets« für Planeten aufgeschrieben und Sophie mit der Behauptung neugierig gemacht, dass man aus den paar Buchstaben dieses Wortes zweiundneunzig andere englische Wörter verschiedener Länge zusammensetzen könne. Sophie hatte sich drei Tage lang mit einem englischen Wörterbuch hingesetzt und sämtliche zweiundneunzig Wörter ausgeknobelt.

»Ich kann nicht begreifen, wie Ihr Großvater in den wenigen Minuten vor seinem Tod noch in der Lage gewesen ist, sich ein so raffiniertes Anagramm auszudenken«, sagte Langdon mit einem Blick auf den Computerausdruck.

Sophie wusste es sehr wohl, und der Gedanke war ihr erst recht peinlich. Dass du das nicht gesehen hast! Sie erinnerte sich daran, dass ihr Großvater, der Kunstkenner und Liebhaber von Wortspielen, sich als junger Mann zum Spaß Anagramme auf die Titel berühmter Kunstwerke ausgedacht hatte. Eines seiner Anagramme hatte ihn sogar in gewisse Schwierigkeiten gebracht. Beim Interview mit einer amerikanischen Kunstzeitschrift hatte er sein Missfallen an der modernen Kunstrichtung des Kubismus zum Ausdruck gebracht, indem er bemerkte, der Titel von Picassos Meisterwerk Les Demoiselles d'Avignon (Die Mädchen von Avignon) sei ein perfektes Anagramm von vile meaningless doodles (eitles nichtiges Gekritzel).

Die Picasso-Liebhaber waren alles andere als begeistert.

»Mein Großvater hat sich das Mona-Lisa-Anagramm vermutlich schon vor langer Zeit überlegt«, meinte Sophie mit einem Seitenblick auf Langdon. Und heute Nacht war er gezwungen gewesen, es als improvisierten Code einzusetzen. Die Stimme ihres Großvaters hatte mit einer Klarheit aus dem Jenseits zu ihr herübergerufen, die sie betroffen machte.

Leonardo da Vinci!

Die Mona Lisa!

Sophie hatte keine Ahnung, weshalb seine letzten Worte ein Verweis auf das berühmte Gemälde waren, aber sie konnte sich nur einen Grund vorstellen. Einen beunruhigenden Grund.

Es waren gar nicht seine letzten Worte.

Wollte er sie zum berühmtesten Gemälde der Welt schicken, der Mona Lisa? Hatte ihr Großvater dort eine Nachricht für sie hinterlassen? Es schien durchaus plausibel. Das Gemälde hing in der Salle des États, einem abgeschlossenen Ausstellungsraum, der nur von der Grande Galerie aus zugänglich war. Sophie fiel ein, dass man die Leiche ihres Großvaters nur zwanzig Meter vom Saaleingang entfernt aufgefunden hatte.

Vor seinem Tod hätte er ohne weiteres noch zur Mona Lisa gehen können.

Innerlich hin und her gerissen schaute Sophie das Nottreppenhaus hinauf. Sie wusste, dass sie Langdon unverzüglich aus dem Museum schaffen musste, doch eine innere Stimme forderte genau das Gegenteil. Wenn ihr Großvater ihr ein Geheimnis mitzuteilen hatte, konnte es kaum einen geeigneteren Ort dafür gehen als Leonardo da Vincis Mona Lisa.

Ihr erster Besuch beim berühmtesten Gemälde der Welt kam Sophie in den Sinn. Sie war damals noch ein Kind gewesen …

»Nur noch ein kleines Stück«, hatte ihr Großvater geflüstert, als er Sophie an ihrer winzigen Hand nach Besuchsschluss durch das verlassene Museum geführt hatte.

Sie war damals sechs Jahre alt gewesen. Der Blick hinauf zur gewaltigen Decke und hinunter auf das verwirrende Muster des Fußbodens verlieh ihr das Gefühl, klein und unbedeutend zu sein. Das verlassene Museum machte ihr Angst, doch ihr Großvater sollte nichts davon merken. Sophie setzte ein entschlossenes Gesicht auf und ließ seine Hand los.

»Gleich da vorn ist der Salle des États«, hatte Großvater ihr gesagt. Die Vorfreude war ihm anzusehen, doch Sophie wollte lieber nach Hause. Sie kannte die Mona Lisa aus Büchern und konnte gar nicht verstehen, warum die Erwachsenen einen solchen Wirbel um das Gemälde machten. Ihr gefiel es nicht einmal.

»C'est ennuyeux«, murrte sie.

»Wenn es dich langweilt, musst du sagen: ›It's boring‹«, antwortete der Großvater. »Französisch in der Schule und Englisch zu Hause.«

»Der Louvre ist aber nicht zu Hause«, hatte sie widersprochen.

Der Großvater hatte ein wenig müde, aber geduldig gelächelt. »Da hast du Recht. Dann lass uns nur zum Spaß Englisch sprechen.«

Sophie hatte eine Schnute gezogen, war aber brav weitermarschiert. Als sie den Salle des États betraten, huschte ihr suchender Blick durch den Raum und blieb an der Stelle ruhen, wo unverkennbar der Ehrenplatz war – die Mitte der rechten Wand, an der hinter einer Schutzscheibe aus Plexiglas ein einsames Porträt hing. Der Großvater blieb an der Schwelle stehen und deutete auf das Gemälde.

»Geh zu ihr, Sophie«, sagte er. »Nicht viele Leute haben die Ehre einer Privataudienz.«

Sophie schluckte ihren Widerwillen hinunter und näherte sich tapfer dem Gemälde. Nach allem, was sie von der Mona Lisa gehört hatte, kam es ihr vor, als müsste sie einer Königin Guten Tag sagen. Vor der schützenden Plexiglasscheibe angekommen, hob sie erwartungsvoll den Blick und nahm alles in sich auf.