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»Hier ist aber nichts!«

Plötzlich sah Langdon auf dem Plexiglasschutz einen ganz schwachen violetten Schimmer. Er ergriff Sophies Handgelenk und führte es sanft nach oben, bis das Licht auf das Bild selbst fiel.

Beide erstarrten.

Auf dem Glas, quer über das Gesicht der Mona Lisa geschrieben, glühten violett sechs Wörter auf.

27. KAPITEL

Leutnant Collet saß fassungslos an Saunières Schreibtisch und presste sich den Telefonhörer ans Ohr. Hast du richtig gehört! Fache hat ein Stück Seife verhaftet? »Aber woher konnte Langdon etwas von dem Minisender wissen?«

»Von Sophie Neveu natürlich«, blaffte Fache. »Sie hat es ihm gesteckt.«

»Wie? Und warum?«

»Verdammt gute Fragen. Aber ich habe gerade die Aufzeichnung eines Gesprächs abgehört, die bestätigt, dass es tatsächlich Sophie Neveu gewesen ist.«

Collet war sprachlos. Was ging nur in Neveus Kopf vor? Fache hatte nun den Beweis, dass sie eine verdeckte Ermittlung des DCPJ torpediert hatte. Sophie würde nicht nur hochkant rausfliegen, sie würde auch noch im Gefängnis landen. »Aber, Capitaine … wo steckt dieser Langdon jetzt?«

»Wurde irgendwo ein Feueralarm ausgelöst?«

»Nein, Chef.«

»Und es ist auch niemand aus dem Ausgang unter der Grande Galerie herausgekommen?«

»Nein, niemand. Wir haben dort einen Wachmann des Louvre postiert. Genau, wie Sie es verlangt haben.«

»In Ordnung, dann muss Langdon sich noch in der Grande Galerie befinden.«

»Er ist noch drin? Aber was will er denn da?«

»Ist der Wachmann des Louvre bewaffnet?«

»Ja, Chef. Der Mann gehört zum leitenden Wachpersonal.«

»Dann schicken Sie ihn rein«, ordnete Fache an. »Es wird noch ein paar Minuten dauern, bis unsere Leute sich wieder an sämtlichen Ausgängen postieren können, und ich will nicht riskieren, dass Langdon in der Zwischenzeit die Fliege macht.« Fache hielt inne. »Und sagen Sie dem Mann, dass Agentin Neveu sich möglicherweise bei Langdon im Gebäude befindet.«

»Ich dachte, sie wäre schon gegangen.«

»Haben Sie sie hinausgehen sehen?«

»Das nicht, Chef, aber …

»Von unseren Posten, die um das Gebäude verteilt sind, hat sie auch keiner gesehen. Man hat sie lediglich hineingehen sehen.«

Collet wusste nicht, was er zu so viel Kaltblütigkeit sagen sollte. Sie ist immer noch im Gebäude?

»An die Gewehre!«, rief Fache. »Wenn ich zurückkomme, will ich diesen Langdon und Sophie Neveu mit erhobenen Händen auf mich warten sehen.«

Capitaine Fache ließ den Sattelschlepper seiner Wege fahren und rief seine Leute zusammen. Robert Langdon hatte sich als ein sehr scheues Wild erwiesen. Er war vermutlich nicht so leicht in die Enge zu treiben wie erwartet – zumal Agentin Neveu sich als seine Helfershelferin erwiesen hatte.

Fache beschloss, kein Risiko mehr einzugehen. Um alle Eventualitäten auszuschließen, beorderte er nur die Hälfte seiner Beamten zum Louvre zurück. Die andere Hälfte scheuchte er an den einzigen Ort in ganz Paris, wo Langdon Zuflucht finden konnte.

28. KAPITEL

Langdon betrachtete staunend die sechs Wörter, die auf der Plexiglasscheibe aufleuchteten. Der Text, der einen zackigen Schatten auf das rätselhafte Lächeln der Mona Lisa warf, schien im leeren Raum zu schweben.

»Die Bruderschaft … «, flüsterte Langdon. »Hier haben wir den Beweis, dass Ihr Großvater dazugehörte.«

Sophie blickte Langdon fassungslos an. »Sie können diesen Text verstehen

»Ja, und er lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig«, sagte Langdon. Seine Gedanken rasten. »Wir haben hier eine Proklamation des fundamentalsten Gedankenguts der Prieurè de Sion vor uns.«

Verwirrt betrachtete Sophie die auch diesmal in Englisch geschriebene Botschaft, die quer über dem Gesicht der Mona Lisa geisterhaft schimmerte.

So Dark The Con Of Man

(Etwa: Oh, ein dunkles Kapitel ist der Betrug an der Menschheit.)

»Sophie«, sagte Langdon eindringlich, »Ihr Großvater beklagt hier ›das dunkle Kapitel des Betrugs an der Menschheit‹. Die Prieuré de Sion sorgt für die ununterbrochene Fortführung der uralten Traditionen der Verehrung des göttlich Weiblichen. Sie wirft der katholischen Kirche vor, die Welt betrogen zu haben, indem sie zugunsten des Männlichen verleumderische Unwahrheiten über das Weibliche verbreitet hat.«

Stumm betrachtete Sophie die Zeile.

»Die Prieuré ist überzeugt, dass Kaiser Konstantin und seine männlichen Nachfolger den Übergang der Welt vom heidnisch-matriarchalischen Mutterkult zum patriarchalischen Christentum mit einem Propagandafeldzug ohnegleichen durchgedrückt haben, der das göttlich Weibliche dämonisiert und die Göttinnen für immer aus der modernen Religionsausübung verdrängt hat.«

Sophie schaute immer noch skeptisch drein. »Mein Großvater hat mich hierher gelotst, damit ich diese Botschaft finde. Er muss sich dabei doch noch etwas anderes gedacht haben als das.«

Langdon verstand, was sie bewegte. Sie glaubt, das ist wieder nur ein Code. Er konnte nicht auf Anhieb sagen, ob in der Zeile noch eine weitere Bedeutung versteckt war. Er war immer noch mit der überwältigenden Klarheit von Saunières Botschaft als solcher beschäftigt.

Ein dunkles Kapitel ist der Betrug an der Menschheit, dachte er. Und was für ein dunkles Kapitel!

Niemand konnte bestreiten, dass die katholische Kirche in der Gegenwart viel Gutes tat, aber dessen ungeachtet wimmelte es in ihrer Geschichte von Betrug und Gewalttaten. Der blutige Kreuzzug zur »Bekehrung« der Anhänger der alten heidnischen, das Weibliche verehrenden Religionen währte drei Jahrhunderte, wobei die Kirche mit ebenso wirksamen wie grausamen Methoden vorgegangen war.

Die katholische Inquisition hatte ein Buch veröffentlicht, das man vielleicht als das blutrünstigste Druckwerk der Menschheitsgeschichte bezeichnen könnte. Die vom Volksmund »Hexenhammer« genannte lateinische Schrift Malleus Maleficorum beschwor vor der Welt die »Gefahr durch freidenkerische Frauen« herauf und leitete den Klerus an, wie diese gefährlichen Frauen ausfindig zu machen, durch Folter zum Geständnis zu bringen und anschließend unschädlich zu machen seien. Zu dem von der katholischen Kirche als »Hexen« bezeichneten Personenkreis gehörten die gelehrten Frauen, die Priesterinnen, Zigeunerinnen, Mystikerinnen, Naturliebhaberinnen, Kräutersammlerinnen und überhaupt alle Frauen, die sich »in verdächtiger Weise im Einklang mit der Natur befinden«. Auch Hebammen fielen den Schergen der Inquisition zum Opfer und wurden getötet, weil sie in gotteslästerlicher Weise durch den Einsatz von Kräutern die Pein der Gebärenden zu lindern wussten – war diese Pein doch, wie die Kirche behauptete, Gottes gerechte Strafe dafür, dass Eva vom Apfel der Erkenntnis gegessen und damit die Erbsünde über die Menschheit gebracht hatte. In den drei Jahrhunderten der Hexenjagd hatte die Kirche die erschütternde Zahl von fünf Millionen Frauen auf den Scheiterhaufen gebracht und grausam verbrannt.

Die Propaganda und das Morden haben ihre Wirkung getan – die heutige Welt lieferte den lebendigen Beweis dafür.

Frauen, die einst als die wesentliche Hälfte der Erleuchtung des Menschen verehrt und gefeiert wurden, waren aus den Heiligtümern der Welt verbannt. Es gab keine orthodoxen Rabbinerinnen, keine katholischen Priesterinnen, keine weiblichen islamischen Mullahs. Der einst geheiligte Akt des hieros Gamos – die natürliche sexuelle Vereinigung von Mann und Frau, wodurch beide der spirituellen Ganzheit teilhaftig wurden – wurde als schändliches, sündhaftes Tun verworfen. Während heilige Männer einst die Vereinigung mit Gott in der sexuellen Vereinigung mit den dafür ausersehenen Frauen vollzogen hatten, bekämpfte die heutige Geistlichkeit ihre sexuellen Bedürfnisse als Werk des Teufels, der heimtückisch mit seiner natürlichen Komplizin zusammenarbeitet … der Frau.