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»Wer ist das? Was … ist denn passiert?«, stammelte Langdon.

Teabing kam zu ihm gehinkt. »Ein Ritter hat Sie mit seinem Schwert aus der Orthopädiewerkstart gerettet.«

Was? Langdon versuchte sich aufzusetzen.

Sophie drückte ihn mir einer sanften Berührung in die Kissen zurück. »Gönnen Sie sich noch ein paar Minuten Ruhe, Robert.«

»Ich fürchte, ich habe Ihrer Begleiterin soeben eine Demonstration der unfreiwilligen Vorzüge meines Leidens geliefert«, meinte Teabing. »Ich habe den Eindruck, ich werde manchmal etwas unterschätzt.«

Langdon setzte sich langsam auf, betrachtete den riesigen Mönch und versuchte sich vorzustellen, was geschehen war.

»Er hat einen Bußgürtel getragen«, sagte Teabing.

»Einen was?«

Teabing deutete auf ein blutiges, dornenbesetztes Lederband auf dem Boden. »Ein Band, das der Selbstkasteiung dient. Er hat es um den Oberschenkel getragen. Ich habe genau darauf gezielt.«

Langdon rieb sich den Schädel. »Aber wie konnten Sie wissen … «

Teabing grinste. »Christliche Sekten sind mein Spezialgebiet, Robert. Manche machen gar kein Geheimnis aus ihren Praktiken.« Er deutete auf die blutgetränkte Kutte des Mönchs. »Wie in diesem Fall.«

»Opus Dei«, flüsterte Langdon. Er erinnerte sich an das Medienspektakel, das unlängst mehrere bekannte Bostoner Geschäftsleute verursacht hatten, allesamt Mitglieder von Opus Dei. Alarmierte Berufskollegen hatten sie fälschlicherweise öffentlich bezichtigt, unter ihren Dreiteilern Bußgürtel zu tragen, wovon in Wirklichkeit natürlich keine Rede war. Wie die meisten Mitglieder von Opus Dei waren diese Männer »Supernumerarier« und praktizierten keine körperliche Selbstkasteiung. Sie waren bloß fromme Katholiken und treu sorgende Familienväter, die sich nachdrücklich für das Wohl ihrer Gemeinden einsetzten. Es konnte kaum überraschen, dass die Medien dem geistigen und sozialen Engagement dieser Männer wenig Raum gewährten, um desto beflissener mit den strengeren Praktiken der ranghöheren »Numerarier« Sensationsmache zu betreiben, Mitglieder des Opus Dei – wie der Mönch, der jetzt vor Langdon auf dem Boden lag.

Teabing inspizierte den blutigen Lederriemen. »Dann ist also Opus Dei hinter dem Heiligen Gral her … «

Langdon war viel zu erschöpft, um darüber nachzudenken.

»Was ist das, Robert?«, fragte Sophie und hielt die flache hölzerne Rose hoch, die Langdon vom Deckel des Kastens gelöst hatte.

»Darunter steht etwas im Deckel. Der Text kann uns möglicherweise verraten, wie wir das Kryptex aufbekommen.«

Bevor Sophie und Teabing antworten konnten, heulten am Fuß des Hügels Martinshörner los, und eine Karawane blitzender Blaulichter schlängelte sich die anderthalb Kilometer lange Zufahrt herauf.

Teabing runzelte die Stirn. »Liebe Freunde, ich glaube, jetzt muss eine Entscheidung getroffen werden. Und zwar schnell.«

66. KAPITEL

Collet und seine Beamten stürmten mit gezogenen Waffen durch die Eingangstür von Sir Leigh Teabings noblem Wohnsitz und schwärmten im Erdgeschoss aus, um die Räume zu durchsuchen. Im Salon fanden sie ein Einschussloch im Boden, ein wenig eingetrocknetes Blut, einen seltsamen Riemen mit Stacheln und eine zur Hälfte aufgebrauchte Rolle Textilklebeband. Ansonsten wirkte das gesamte Erdgeschoss verlassen.

Collet wollte seine Männer gerade zur Durchsuchung des Kellers und des Außenbereichs hinter dem Haus einteilen, als er auf der ersten Etage Stimmen hörte.

»Sie sind oben!«

Er stürmte mit seinen Leuten die breite Treppe hinauf. Unter Absicherung der ungezählten Flure und Gästezimmer arbeiteten sie sich Zimmer für Zimmer zu einem Raum am Ende eines langen Ganges vor, aus dem die Stimmen zu kommen schienen. Collets Beamte schlichen den Flur entlang und versperrten sämtliche möglichen Fluchtwege.

Die Tür des letzten Zimmers stand weit offen. Plötzlich endete das Stimmengewirr, und ein sonores Brummen war zu hören, wie von einem Automotor.

Mit erhobener Waffe gab Collet seinen Männern ein Zeichen. Er griff um den Türrahmen herum, rastete nach dem Schalter und knipste das Licht an. Als die Beleuchtung aufflammte, wirbelte er an der Spitze seiner Männer ins Zimmer. Mit dem Ruf »Hände hoch, Polizei!«, richtete er die Waffe auf … gar nichts.

Keuchend stand er in einem unberührten Gästezimmer.

Das Motorgeräusch drang aus einem schwarzen Kunststoffkästchen neben dem Bett an der Wand. Collet hatte diese Kästchen schon anderswo im Haus gesehen. Es waren die Lautsprecher der Rufanlage. Drei schnelle Schritte, und Collet stand vor dem Kästchen. Unter dem Lautsprecher befand sich ein halbes Dutzend beschrifteter Tasten:

ARBEITSZIMMER … KÜCHE … HAUSHALTSZIMMER … KELLER …

Verdammt, wieso hörst du ein Auto?

SCHLAFZIMMER … SOLARIUM … GARAGE … BIBLIOTHEK

Die Garage! Binnen weniger Sekunden war Collet wieder unten und rannte zur Hintertür. Unterwegs hatte er einen seiner Beamten aufgelesen. Nach einem Sprint über den Rasen hinter der Villa gelangten beide Männer atemlos vor ein verwittertes graues Nebengebäude. Sie hatten die Tür noch nicht erreicht, als Collet das Geräusch eines davonfahrenden Wagens vernahm, das rasch leiser wurde, als das Fahrzeug sich entfernte. Die Waffe gezogen, riss Collet die Tür auf, stürmte ins Zimmer und schaltete das Licht an. Rechts befand sich eine Art Werkstatt: Rasenmäher, Gartengeräte, Autowerkzeuge. An der Wand hing das vertraute Kästchen der Rufanlage. Eine der Tasten war gedrückt und blinkte:

GÄSTEZIMMER II

Collet fuhr wutentbrannt herum. Wir haben uns wie die letzten Trottel mit der Rufanlage nach oben locken lassen!

Als er die andere Seite des Nebengebäudes inspizierte, stieß er auf eine lange Reihe Pferdeboxen. Der Besitzer schien jedoch eine andere Art von Pferdestärken zu bevorzugen, denn man hatte die Boxen zu Unterstellplätzen für nagelneue Nobelkarossen und wertvolle Oldtimer umgebaut. Die Sammlung konnte sich sehen lassen – ein schwarzer Ferrari, ein nagelneuer Rolls Royce, ein Aston Martin Coupé, ein Porsche 356 …

Die letzte Box war leer.

Collet ging dorthin. Auf dem Boden waren Ölflecken. Collet grinste. Die kommen nicht weit. Der Leutnant hatte Zufahrt und Tor durch quer gestellte Streifenwagen sperren lassen.

»Chef?« Der Beamte, der mit Collet gekommen war, deutete auf ein großes Schiebetor in der Rückseite des Schuppens, das weit offen stand. Ein unwegsames, morastiges Wiesengelände erstreckte sich dahinter, bis es mit der Dunkelheit der Nacht verschmolz. Collet rannte zum Tor und versuchte, etwas zu erkennen. Nirgends war ein Scheinwerferpaar zu sehen. Am Horizont war der dunkle Schatten eines Waldsaums auszumachen. Das Waldstück war vermutlich von Dutzenden Forstpfaden durchzogen, die auf keiner Landkarte verzeichnet waren, doch Collet war zuversichtlich, dass die Flüchtigen es niemals durch dieses Waldgebiet schafften. »Ein paar Männer sollen dort unten ausschwärmen. Unsere Ausflügler sind mit ihrem schmucken Sportflitzer vermutlich schon stecken geblieben.«

»Würde ich nicht unbedingt sagen, Chef.« Der Beamte wies auf ein Schlüsselbrett, an dem verschiedene Autoschlüssel hingen. Über den Haken waren Schildchen mit wohlklingenden Namen angebracht:

DAIMLER … ROLLS ROYCE … ASTON MARTIN … PORSCHE …

Der letzte Haken war leer. Am dazugehörigen Schildchen erkannte Collet, dass er in der Tinte saß.

67. KAPITEL

Der Range Rover war schwarzmetallic, hatte Allradantrieb, Schaltgetriebe, Xenon-Scheinwerfer, Kombiheckleuchten und – Rechtslenkung.