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Die Flammenspeere der Mündungsfeuer zuckten durch die Nacht. Die Schüsse und die Schreie Getroffener hallten durch den Teil Chinatowns, in dem Sun Chengs Wäscherei lag.

Von allen Seiten stürmten die wild um sich schießenden Männer auf das von einer mehr als mannshohen Mauer umgebene Gelände der Wäscherei.

Es waren grobschlächtige Weiße, bewaffnet mit Revolvern und Karabinern.

Die chinesischen Verteidiger wehrten sich mit allem, was ihnen zur Verfügung stand, manchmal nur mit bloßen Händen.

Andere benutzten Waffen, die in den Augen eines Weißen eher skurril erscheinen mochten.

Lange Stangen, die wie Besenstiele aussahen. Der Chinese nannte eine solche Stange Bo. Und in seinen geübten Händen wurde sie zu einer gefährlichen Waffe. Um so gefährlicher, je mehr ein Weißer sie unterschätzte.

Einer der Angreifer, ein dünnlippiger Kerl mit einem großkalibrigen Revolver in der Faust, lächelte abschätzig über den kleingewachsenen Chinesen mit der langen Stange, der sich ihm in den Weg stellte.

Seelenruhig, den Mund zu einem bösen Grinsen der Vorfreude verzogen, richtete der Weiße die Mündung seiner Waffe auf den Gegner und zog mit dem schmutzigen Daumen ganz langsam den Hahn zurück.

Doch als der Hahn mit metallischem Klicken einrastete, stand der Chinese nicht mehr an seinem ursprünglichen Platz.

Mit einer fast gespenstischen Gewandtheit bewegte sich der Asiate halb in den Rücken des Revolverschützen.

Dieser konnte noch herumwirbeln.

Aber da traf die Spitze des Bos auch schon den schwarzen Lauf und riß ihm die Waffe aus der Faust.

Der Schuß löste sich, als der Revolver auf dem Boden aufschlug. Die Kugel klatschte gegen die Hofmauer und richtete keinen weiteren Schaden an.

Der Weiße hatte sich noch nicht von seiner Überraschung erholt. Er starrte auf die schmerzende Hand.

Da traf der Chinese schon wieder. Diesmal krachte der Bo auf den Schädel des Angreifers.

Die speckige Schirmmütze flog in den Schmutz. Dann brach der Mann selbst zusammen und sank mit schmerzverzerrtem Gesicht in die Knie.

Ein dritter Stockhieb gegen den Adamsapfel löschte das Leben des Weißen aus. Er fiel seitlich zu Boden und war bereits erstickt, als sein Oberkörper hinschlug.

Aber der Chinese konnte sich nicht lange seines Sieges freuen.

Ein anderer Weißer legte den kurzläufigen Karabiner an, zielte kaum und sandte eine tödliche Kugel aus, die den blauen Kittel des Asiaten durchdrang und direkt in sein Herz fuhr.

Als der Getroffene schon am Boden lag, hielt er den Bo noch hoch. Es sah aus, als wolle er selbst im Tod den Kampf fortsetzen.

»Fahr zur Hölle, Schlitzauge!« schrie der vollbärtige Mann mit dem Karabiner in den Kampflärm und wollte die Waffe zum Nachladen senken.

Da nahm er aus dem Augenwinkel eine rasche Bewegung zu seiner Rechten wahr. Instinktiv wirbelte er herum und riß schützend seine Waffe hoch.

Das rettete ihm das Leben.

Der Schlag einer anderen gefährlichen Waffe, die den Weißen wenig sinnvoll erscheinen mochte, den Chinesen dafür um so mehr, hätte sonst seinen Kopf getroffen.

Jetzt prallte der unterarmlange Holzstab nur gegen den Karabinerlauf.

Der Stab war durch eine kleine Kette mit einem zweiten, identischen Stab verbunden, den ein Chinese in der Rechten hielt. Diese Waffe hieß Nunchaku.

Der Chinese riß seine Waffe zurück, um einen zweiten Angriff durchzuführen.

Dazu wollte es der untersetzte Vollbart nicht kommen lassen. Er packte den Karabiner vorn am Lauf, schwang ihn wie eine Keule und stürmte unter lautem Gebrüll auf den Asiaten zu.

Wieder einmal unterschätzte ein Weißer die Wendigkeit eines Chinesen.

Dieser wich dem Ansturm aus, ließ den Vollbärtigen ins Leere laufen und sandte ihm einen Schlag mit dem Nunchaku nach.

Er traf in den Nacken des Feindes und brachte diesen aus dem Gleichgewicht. Der Weiße stolperte und fiel mit einem lauten Stöhnen hin.

Der Gestürzte rollte sich geistesgegenwärtig auf den Rücken und sah so, wie der Chinese auf ihn zusprang.

Ein Stab des Nunchakus kreiste mit gefährlicher Schnelligkeit über dem schwarzhaarigen Kopf des Asiaten. Das verlieh dem Holzstab eines solche Wucht, daß der Schlag einen menschlichen Schädel zertrümmern konnte.

Die Rechte des Weißen umklammerte noch den Karabinerlauf. Mehr instinktiv als in durchdachter Abwehr riß der am Boden liegende Mann die zweckentfremdete Schußwaffe hoch.

Noch einmal gelang es ihm auf diese Weise, den Nunchaku-Schlag abzublocken.

Ein letztes Mal.

Der Karabiner wurde aus seiner Hand gerissen. Mit solcher Wucht, daß der Schmerz seiner Hand durch den ganzen Arm bis zur Schulter hinauf fuhr. Der Arm fühlte sich an wie gelähmt.

In den schmalen Augen des Chinesen blitzte Triumph auf, als der Asiate die Wehrlosigkeit seines Gegners erkannte.

Mit Ausnahme der Augen blieb das gelblichbraune Gesicht ungerührt, zeigte weder Wut noch Haß. Es war nur Ausdruck der Konzentration, die der Mann auf die Handhabung seiner Waffe verwendete.

Wieder kreiste die Kette mit einem der Stöcke über dem Kopf des Chinesen.

Der Mann am Boden wollte sich zur Seite rollen, um den vernichtenden Schlag zu entgehen.

Aber er war viel zu langsam. Schon flogen Kette und Stock auf ihn zu.

Unwillkürlich schloß der Weiße die Augen vor dem Verhängnis. Der erwartete Schlag, der seinen Schädelknochen zersplittern ließ, blieb aus.

Als der Vollbärtige zwinkernd die Augen öffnete, kniete der Chinese neben ihm am Boden und preßte beide Hände gegen den blutüberströmten Kopf.

Hinter ihm stand ein Weißer mit einem langläufigen Revolver, der auf den Chinesen zeigte.

Der Weiße schoß, und das Blut des Chinesen besudelte Stiefel und Hose des am Boden liegenden Mannes.

»So geht man mit den Schlitzaugen um, Charley«, grinste der Mann mit dem Revolver.

Der bullige, gedrungene Weiße hieß Al Winkler und wurde wegen seiner Körperform und seiner baumstammartigen Arme und Beine Eichen-Al genannt.

»Du darfst mit diesen hinterhältigen Ratten gar nicht lange fackeln«, fuhr Eichen-Al fort. »Man traut es ihnen nicht zu, aber sie haben 'ne Menge übler Tricks auf Lager.«

»Das habe ich gemerkt«, stöhnte Charley Wagner, der noch immer den Schmerz in seinem rechten Arm spürte.

Wenigstens verschwand die Lähmung allmählich. Er konnte schon wieder, wenn auch nur mit erheblicher Anstrengung, die Finger krümmen.

Charley Wagner streckte die gesunde Linke aus und ächzte: »Hilf mir hoch, Al!«

Eichen-Al tat dem anderen den Gefallen und brummte: »Wie wär's mit einem Dankeswort, Charley. Immerhin habe ich eben dein Leben gerettet.«

»Vielleicht kann ich mich heute noch revanchieren«, meinte Wagner und bückte sich nach seinem Karabiner. »Noch ist die Schlacht nicht geschlagen.«

Um sie herum tobte der wilde Kampf. Aber allmählich zeichnete sich der Sieg der Angreifer - der Weißen - ab. Immer weiter wurden die Chinesen zum Haus zurückgedrängt.

Das geschah nicht unbedingt, weil sie mit ihren nur auf den ersten Blick primitiv anmutenden Waffen den Weißen mit ihren Feuerwaffen unterlegen waren.

Die Hauptgründe für den Rückzug der Verteidiger war die Übermacht der Angreifer und das Überraschungsmoment. Wie ein Blitz aus heiterem Himmel waren die Weißen über Sun Chengs Wäscherei hergefallen. .

»Hinterher!« schrie ein kleiner rattengesichtiger Mann.

Es war Louis Bremer, der Anführer der Angreifer. Er zeigte zu dem verwinkelten, mit vielen Anbauten und kleinen Balkons versehen Gebäude.

»Gönnt den Langzöpfen keine Verschnaufpause!« befahl der kleine Mann, der seinen sechsläufigen Pepperbox-Revolver in der Rechten hielt. »Stürmt das Haus!«

Schon drangen die ersten Weißen in das Gebäude ein. Bremer auch.

Aber der Anführer achtete darauf, daß sich ein paar seiner Männer vor ihm befanden. Schließlich wollte er nicht einer der heimtückischen Waffen zum Opfer fallen, mit denen diese verfluchten Schlitzaugen sich zur Wehr setzten.