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»Es geht bei diesem Gespräch darum, dass sie Nanoroboter programmieren will, um meinen Anzug zu dekontaminieren«, erklärte er. »Sie ist so sehr damit beschäftigt, ihr Labor einzurichten, dass ich nur beim Abendessen die Möglichkeit habe, mich mit ihr zu unterhalten.«

»Aha.«

»Es ist rein dienstlich.«

»Ja. Ich verstehe.«

Gaeta warf ihr einen verschmitzten Lausbubenblick zu. »Möchten Sie mitkommen? Oder bringen Sie doch einen Freund mit; dann wären wir zwei Pärchen.«

Plötzlich wurde Holly sich bewusst, dass sie gar keinen Freund hatte, den sie zu dieser Verabredung mitbringen könnte. Sie hatte wohl viele Bekannte, aber die meisten von ihnen waren Kollegen aus dem Büro. Seit der Ankunft im Habitat hatte sie ihr ganzes Denken und Handeln auf Eberly ausgerichtet. Bis zu diesem Tag, als Gaeta in ihrem Büro erschienen war.

Und nun das.

»Nein«, sagte sie mit fester Stimme. »Aber trotzdem danke. Ich habe noch viel nachzuarbeiten.«

Er nickte zerknirscht. »Ich habe Sie von ihrer Arbeit abgehalten, was?«

»Das ist schon in Ordnung«, sagte Holly. »Es war ein schöner Nachmittag.«

Sie machte im Tunnel kehrt und ging in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren. Gaeta holte sie schnell ein.

»Vielleicht möchten Sie morgen mit mir zu Abend essen?«, schlug er vor.

Hollys Miene hellte sich wieder auf. »Morgen? Sicher, wieso nicht.«

»Großartig«, sagte er und lächelte sie an.

Im Apartment angekommen zog Gaeta sich aus, duschte und befand, dass der Epilationseffekt noch so weit vorhielt, dass eine Rasur im Moment nicht erforderlich war. Während er sich mit einem Auge auf die Digitaluhr neben dem Bett ankleidete, wies er das Telefon an, eine Nachricht an Wendell Sloane in Selene zu schicken. »Mr. Sloane«, sagte er leicht unbehaglich wegen der formalen Anrede. »Status-Bericht betreffend Ms. Lane. Keine besonderen Vorkommnisse. Sie arbeitet noch immer in der Personalabteilung. Sie scheint keinerlei persönliche Bindungen zu haben; keinen festen Freund und auch sonst ein kaum ausgeprägtes Sozialleben. Ich habe heute mit ihr zu Mittag gegessen. Sie ist wirklich eine patente junge Dame: Sehr intelligent und sehr engagiert. Sie scheint mit ihrer Arbeit hier im Habitat glücklich zu sein. Sagen Sie ihrer Schwester, dass sie sich keine Sorgen zu machen braucht, was sie betrifft. Aber ich werde sie wunschgemäß trotzdem im Auge behalten. Ich wollte Sie nur wissen lassen, dass es hier keine Probleme gibt.«

Das müsste die Großkopferten in Selene für eine Weile zufrieden stellen. Ohne ihre Unterstützung wird dieser ganze Titan-Stunt den Bach runtergehen. Die Astro Corporation war nämlich der größte Geldgeber für Manuel Gaeta und sein Team.

Sammi Vyborg saß steif am Schreibtisch und schaute durch die offene Tür des winzigen Büros ins größere Büro auf der anderen Seite des Gangs. Es gehörte seinem unmittelbaren Vorgesetzten, Diego Romero.

Vyborg schaute auf die Digitaluhr in der Ecke des Schreibtischs, die unablässig Zahlen abspulte. Es ist doch jeden Tag das Gleiche, sagte Vyborg sich missmutig. Den Morgen bringt er damit zu, Betriebsamkeit vorzutäuschen, und dann macht er den ganzen Nachmittag blau. Ich sitze hier vor einem Berg Arbeit, und er macht sich nachmittags einen schönen Lenz. Er ist der zweite Mann in der Abteilung und arbeitet nur halbtags — wenn's hoch kommt.

Mach dich nicht verrückt, ermahnte Vyborg sich. Mach dich locker. Es wird Zeit, diesen inkompetenten, faulen Hund gegen den Direktor auszuspielen. Mit ein bisschen Glück bringe ich sie beide zu Fall.

Romero trat auf den Gang hinaus und schloss die Bürotür hinter sich. Als er sich umdrehte, sah er, dass Vyborg ihn beobachtete.

»Buenos tardes«, sagte er mit einem Lächeln und einer leichten Verbeugung.

Vyborg erwiderte das Lächeln säuerlich.

Als Romero gegangen war, stand Vyborg vom Schreibtisch auf und ging den Gang entlang zum Büro des Leiters der Kommunikations-Abteilung, Zeke Berkowitz. Er klopfte einmal an die halb offene Tür, sodass sie in der Schiene klapperte.

»Herein«, rief Berkowitz. Als Vyborg die Tür aufschob und ins Büro trat, lächelte Berkowitz und sagte: »Ach, Sammi. Was kann ich für Sie tun?«

Leutselig war die treffende Bezeichnung für Berkowitz. Der Mann schaute auf eine lange und erfolgreiche Karriere im Videonachrichten-Business zurück — zuerst als Lokalreporter, dann als Moderator und schließlich als globaler Manager. Er hatte sich nie Feinde gemacht, obwohl im Haifischbecken der Medien viele Leute versucht hatten, an seinem Stuhl zu sägen, ihn durch hinterhältige Intrigen zu Fall zu bringen und ihn sogar zum Rücktritt zu zwingen. Er hatte all das mit einem Lächeln und einem feinsinnigen Spruch über christliche Nächstenliebe überlebt, garniert mit selbstironischem jüdischem Humor.

Als er dann das vorgeschriebene Rentenalter erreicht hatte, wechselte der noch immer jugendliche Berkowitz in den akademischen Bereich und führte eine neue Generation angehender Journalisten und Public Relations-Experten in die harte Realität der Kommunikationsbranche ein. Es war auf einer internationalen Konferenz gewesen, wo er James Wilmot kennen gelernt hatte, den berühmten Anthropologen; die beiden Männer waren sofort Freunde geworden, obwohl sie auf verschiedenen Seiten des Atlantiks lebten und arbeiteten. Jahre später hatte Wilmot Berkowitz angeboten, als Leiter der Kommunikationsabteilung im Weltraum-Habitat zu fungieren, das zum Saturn fliegen sollte. Berkowitz — der nach einer fünfzigjährigen glücklichen Ehe kürzlich zum Witwer geworden war — hatte die Gelegenheit ergriffen, die Erinnerung an das gemeinsame Leben so weit wie möglich hinter sich zu lassen.

Nun lehnte der stattliche, sonnengebräunte und etwas mollige Mann sich auf dem Bürostuhl zurück. Eine Reihe von Hologrammen an der Wand hinter ihm zeigte ihn bei Tennisturnieren und auf Golfplätzen. Er lächelte den düster und verkniffen dreinblickenden Vyborg warmherzig an.

»Was gibt es denn, Sammi?«, fragte Berkowitz jovial. »Sie schauen aus, als ob Sie eine Kröte geschluckt hätten.«

Vyborg nahm auf dem Stuhl vor Berkowitz' Schreibtisch Platz und legte los: »Es gefällt mir überhaupt nicht, Ihnen das zur Kenntnis zu bringen…«

»Aber Sie werden es trotzdem tun. Muss wichtig sein.«

»Das ist es.«

»In Ordnung. Raus damit.«

»Es geht um Romero.«

»Der alte Don Diego? Was passt Ihnen denn nicht an ihm?«

Vyborg zögerte gerade so lang, um Berkowitz zu zeigen, dass ihm das, was er tat, widerstrebte. »Es fällt mir sehr schwer, das zu sagen, weil der Mann immerhin mein direkter Vorgesetzter ist, aber… Nun, er bekommt es einfach nicht geregelt.«

»Ist nicht wahr.«

»Doch. Er verbringt nur einen halben Tag im Büro und ist dann verschwunden. Wie soll er da seine Arbeit schaffen?«

»Dafür haben wir doch Sie, Sammi.«

»Was?«, entfuhr es Vyborg.

Berkowitz setzte sein liebenswertestes Lächeln auf, verschränkte die Hände wie zum Gebet auf dem Schreibtisch und sagte: »Diego Romero ist ein wunderbarer alter Mann, ein großer Lehrer, der eine außergewöhnliche Karriere hinter sich hat.«

»Hinter sich hat«, wiederholte Vyborg.

»Er ist eigentlich nur deshalb in dieser Abteilung, weil Wilmot ihn in diesem Habitat haben wollte und irgendwo unterbringen musste. Also arbeitet er nun bei uns.«

»Aber er arbeitet gar nicht«, sagte Vyborg unwirsch. »Er sitzt fast nie an seinem Schreibtisch.«

»Das ist schon in Ordnung, Sammi. Ich habe ihm nicht viel aufgegeben. Ich verlasse mich darauf, dass Sie die Arbeit erledigen. Lassen Sie Don Diego in Ruhe; er wird für dieses Habitat noch sehr wertvoll sein — als ein Dozent.«

»Ein Dozent?«, sagte Vyborg atemlos. »Man hat ihn in Mexiko gefeuert, weil er nicht autorisierten Müll gelehrt hat. Wollen Sie etwa zulassen, dass er seine Blasphemien hier verbreitet?«