Выбрать главу

»Öffne Außenluke in dreißig Sekunden«, sagte Fritz.

»Öffnung in dreißig.«

»Mach aber keine Dummheiten.«

Gaeta schüttelte den Kopf im Helm. Mach dir nicht ins Hemd, Fritz, sagte er sich. »Ich werde wie eine Statue hier stehen bleiben«, versprach er. »Keine Tricks.«

»Zehn… neun…«

Trotzdem würde es mir gefallen, sagte Gaeta sich, mal kurz nach draußen zu gehen und ein bisschen rumzudüsen. Vielleicht einen Kreis ums Habitat fliegen. Wir müssen den Anzugs-Antrieb früher oder später ohnehin testen.

»Drei… zwei…«

Fritz würde durchdrehen, sagte Gaeta sich mit einem stummen Lachen.

»Null.«

Die Außenluke glitt langsam auf. Zuerst sah er nichts als schwarze Leere, doch dann passte die Polarisierung des Visiers sich an, und die Sterne erschienen. Tausende von Sternen. Millionen. Helle kleine Lichtpunkte perforierten die Leere dort draußen wie funkelnde Diamanten, die auf einem Tuch aus schwarzer Seide ausgestreut waren. Und an einer Seite floss der leuchtende Strom der Milchstraße, ein verschlungener Pfad, der sich glühend durch den Himmel zog — geheimnisvoll und verlockend.

Gaeta war kein religiöser Mensch, doch jedes Mal, wenn er die Majestät der wirklichen Welt sah, bekam er feuchte Augen und murmelte die immer gleiche Lobeshymne: »Die Erde ist des Herrn, und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen.«

Rendezvous mit Hindernissen

Wie ein Hummer, der über den Meeresboden kroch, hangelte Tavalera sich am steifen Kabel aus Buckminsterfulleren entlang, das die Graham mit der Brennstoffkugel verband. Als er den Tank erreicht hatte, kletterte er vorsichtig die Sprossen hinauf, die in die Metallkugel eingelassen waren. Als er das Verbindungsstück erreichte, schlang er eine Leine um die nächste Sprosse, die aus der gewölbten Oberfläche des Tanks ragte. Er hatte Bedenken, ohne durch eine Leine gesichert zu sein im leeren Raum zu arbeiten, aber die Anzugsleinen waren zu kurz, um die Entfernung zwischen der Luftschleuse der Graham und dem Verbindungsstück am Brennstofftank zu überbrücken. Als er sicher vertaut war, beugte er sich so weit nach vorn, wie das im Raumanzug möglich war, und versuchte die Verbindung, die sich der Entriegelung widersetzte, mit der Helmlampe anzustrahlen.

Jedes Mal, wenn er eine EVA absolvieren musste, rechnete er damit, zu erfrieren und im eisigen Vakuum des Raums zu erstarren. Und jedes Mal war er dann wieder überrascht, dass es im Anzug so warm wurde. Fünf Minuten hier draußen, und ich schmore wie im Kochtopf eines Kannibalen, sagte er sich missmutig. Er blinzelte den Schweiß aus den Augen und verfluchte sich, weil er vergessen hatte, ein Stirnband anzulegen.

»Und?« Die Stimme des Skippers drang noch gehässiger als sonst aus dem Helmlautsprecher.

»Ich suche die Stelle, wo es hängt«, sagte Tavalera. »Gib mir noch ein paar Minuten.«

»Richte die Kamera drauf, dass ich auch was sehe.«

Ich würde dir die Kamera am liebsten in deinen knochigen Hintern schieben, grummelte Tavalera stumm. Er tat jedoch wie geheißen, löste die Minicam vom Ausrüstungsgürtel und ließ sie im Schlitz in der linken Anzugschulter einrasten. Das Licht der Kamera und der Helmlampe verschmolzen miteinander.

Tavalera schüttelte den Kopf und sagte: »Ich weiß nicht, wo es hängt. Aus meiner Sicht ist alles in Ordnung.«

Der Skipper murmelte etwas, das zu leise war, als dass er es verstanden hätte. »Überprüfe den Empfänger«, sagte sie dann.

Tavalera überprüfte stattdessen die Sicherheitsleine. Er war nämlich nicht darauf erpicht, vom Brennstofftank abzudriften und im interplanetaren Raum zu verschwinden. Es waren zwar viele Leute vom Habitat draußen, aber er vermochte sich nicht darauf zu verlassen, dass sie ihn rechtzeitig erreichen würden. Oder es auch nur versuchen würden.

»Und?«, ertönte es noch gereizter.

»Ich arbeite daran«, schnauzte er zurück.

Der Empfänger hatte den Selbsttest beendet: Die Batterie war fast geladen, und das Gerät empfing das Steuersignal vom Schiff.

»Muss ein mechanisches Problem sein«, sagte Tavalera.

»Versuch es mit der Überbrückung.«

»Das nützt nichts, wenn es sich um ein mechanisches Problem handelt.«

»Versuch es mit der Überbrückung«, wiederholte der Skipper.

Tavalera schnaufte ärgerlich und fragte sich, wie viel Strahlung er pro Sekunde wohl abbekam; dann tippte er den Überbrückungsbefehl in die kleine Tastatur des Empfängers, was mit den Handschuhen des Raumanzugs gar nicht so leicht zu bewerkstelligen war.

»Hat keinen Zweck«, meldete er.

»Ich sehe es auch«, sagte der Skipper. »Es muss an der Mechanik liegen.«

»Stimmt.« Das habe ich dir doch gesagt, du taube Nuss, fügte er stumm hinzu.

»Wenn wir es nicht in vierzehn Minuten geschafft haben, werden wir das Rendezvous verpassen. Das Habitat wird dann zu weit von uns entfernt sein.«

Und dann können wir heimgehen, sagte Tavalera sich. Soll doch jemand anders den verdammten Tank zu diesen Pappnasen fliegen. Wer, zum Teufel, hat ihnen überhaupt gesagt, dass sie zum Saturn fliegen sollen?

»Du wirst ihn manuell lösen müssen«, sagte der Skipper.

»Na toll.«

»Mach schon!«

Er sah, dass es unmöglich war, die Metallklinke mit den Händen zu öffnen. Sie bestand aus massivem Asteroiden-Aluminium, war eine robuste Ausführung und ließ sich nur mit dem richtigen elektronischen Befehl entriegeln. Wenn sie sich nämlich zu leicht öffnete, gab sie den Tank vielleicht vorzeitig frei oder verursachte sogar eine Kollision.

»Durchtrenn sie!«, sagte der Skipper. »Nimm den Laser!«

Tavalera schaute zur Graham auf, die vielleicht hundert Meter vom Kugeltank entfernt war. Für ihn schien sie aber tausend Kilometer weit entfernt. Durch die transparente Blase des Besatzungsmoduls sah er den Skipper auf dem Kommandantensitz thronen; ihre Gesichtszüge vermochte er jedoch nicht zu erkennen. Ist auch besser so, sagte er sich. Im Vergleich zu ihr sieht selbst eine Vogelscheuche noch gut aus.

»Mach schon«, drängte der Skipper, »die Uhr läuft.«

Er zog den Hand-Laser aus dem Ausrüstungsgürtel und fragte sich, ob er überhaupt stark genug war, um die Aluminiumklinke zu durchdringen. Wahrscheinlich saugt er mir nur die Anzugbatterien leer, und ich ersticke dann hier draußen. Aber das wird sie wohl nicht jucken.

»Mach schon!«

»Ich mach' ja schon«, schrie er zurück. Er entsicherte den Laser und führte ihn bis auf einen Zentimeter an die widerspenstige Klinke heran.

Er verzog das Gesicht und betätigte den Abzug. Die störrische Klinke sprühte Funken.

Der an der Luftschleuse stehende Gaeta schaute ins Universum hinaus und widerstand dem Drang, eine Runde zu fliegen.

»Alle Systeme im grünen Bereich«, sagte Fritz ihm. »Noch vier Minuten bis zum Testende.«

Vier Minuten, sagte Gaeta sich. Ich wette, ich könnte in vier Minuten einmal ums Habitat herumfliegen.

Während er den Blick schweifen ließ, sah er zwei große Kugeltanks in sein Blickfeld driften; ein paar Gestalten in Raumanzügen kletterten auf ihnen herum. Die Brennstofftanks, sagte er sich. Ich sollte den Leuten lieber nicht ins Gehege kommen. Männer bei der Arbeit. Und Frauen.

Und dann wanderte Jupiter durch die Drehung des Habitats ins Bild — eine entfernte große Kugel, mit blassen Farben gemasert und an den Polen abgeflacht wie ein Strandball, auf dem ein Kind saß. Und dann erschien noch eine Kugel, weiter entfernt als die anderen — oder vielleicht war sie kleiner.

Noch ein Brennstofftank? Gaeta erinnerte sich, dass jemand gesagt hatte, es seien insgesamt drei. Ein kleines Raumschiff schwebte in der Nähe des Tanks. Wahrscheinlich das Transportschiff, sagte er sich. Dann sah er, dass der Tank Funken sprühte. Was, zum Teufel, machen die da?