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»Gather yc rosebuds«, zitierte Holly und fragte sich zugleich, woher sie diese Liedzeile hatte.

Wunderly rang sich ein Lächeln ab und sagte: »Sie haben wohl Recht. Aber trotzdem…«

»Passen Sie nur auf, dass Sie nicht schwanger werden.«

»Das wird mir schon nicht passieren!«

»Er hat mit mir geschlafen, als er die Hilfe der Verwaltung brauchte«, sagte Holly nachdenklich. »Und er hat mit Ihnen geschlafen, Kris, als er herausfand, dass Sie ihm mit den Nanobots behilflich sein könnten.«

»Und nun schläft er mit mir«, stimmte Wunderly ein, »weil ich ihm bei den Ringen helfen kann.«

»Dieser Hundesohn«, sagte Cardenas. Aber sie grinste breit.

»Sie wissen, wie man eine Frau bezeichnet, die so etwas tut«, sagte Wunderly.

Holly wusste nicht, ob sie nun verärgert, belustigt oder peinlich berührt sein sollte.

»Es ist nur gut, dass er uns bald verlässt«, sagte Cardenas. »Sonst würde er noch umgebracht werden.«

»Geschähe ihm ganz recht, dem Mistkerl«, sagte Wunderly mit einem Anflug von Zorn.

»Das ist eben seine Masche«, sagte Cardenas.

»Nadia, wollen Sie sich weiterhin mit ihm einlassen?«, fragte Holly.

»Nie und nimmer! Jetzt nicht mehr.«

»Wieso denn nicht?«, fragte Cardenas. »Wenn Sie gern mit ihm zusammen sind, wieso nicht?«

»Aber er ist… es ist… es ist nicht richtig.«

»Lassen Sie sich von der Neuen Moralität doch nicht den Spaß verderben«, sagte Cardenas mit einem Kopfschütteln. »Es ist nicht schlimm, nur so zum Spaß Sex zu haben — solange man weiß, dass es nur Spaß ist und nicht mehr. Und dass man sich schützen muss.«

Aber wie schützt man sein Herz, fragte Holly sich. Wie kommt man damit zurecht, dass man sich einem Mann hingibt und der dann einfach verschwindet und die Nächste besteigt? Noch dazu eine Freundin, um Himmels willen.

Wunderly nickte leicht, aber sie wirkte genauso wenig überzeugt, wie Holly sich fühlte.

»Es ist nicht mehr so wie in den alten Zeiten«, fuhr Cardenas fort, »als man sich wegen Aids und anderen Geschlechtskrankheiten Sorgen machen musste.«

»Ich habe im Geschichtsunterricht von Aids gehört«, sagte Wunderly. »Das muss schrecklich gewesen sein.«

»Sie müssen nur aufpassen, dass Sie nicht schwanger werden.«

»Das werde ich nicht. Das geht doch auch gar nicht. Die Bestimmungen des Habitats lassen das überhaupt nicht zu.«

Cardenas grinste nicht mehr. »Ich erinnere mich noch an die Zeit, bevor Sie beide auf der Welt waren, als religiöse Fundamentalisten gegen jegliche Abtreibung protestierten. Überhaupt gegen jede Art von Familienplanung.«

»Wirklich?«, fragte Holly erstaunt.

»Ja. Erst als sie ihre starre ›Recht-auf-Leben‹-Position aufgaben, erlangte die Neue Moralität echte politische Macht. Und als die Katholiken einen amerikanischen Papst bekamen, rückte sogar der Vatikan von seiner starren Haltung ab.«

Für eine Weile schwiegen die drei Frauen. In der Cafeteria wurde es lebendig. Es kamen immer mehr Leute herein. Sie stellten sich in angeregte Gespräche vertieft und mit klapperndem Geschirr an, nahmen ihr Frühstück ein und gingen dann zur Arbeit.

Wunderly schob den Stuhl zurück und stand auf. »Ich muss einen Fortschrittsbericht für Urbain erstellen.«

»Und Manny?«, fragte Cardenas.

Sie zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Er kann… sehr anziehend sein, wissen Sie.«

»Verführerisch«, sagte Cardenas.

»Charmant«, ergänzte Holly. »Wie eine Schlange.«

Wunderly schüttelte nur den Kopf und ging davon. Das halb verzehrte Frühstück ließ sie auf dem Tisch zurück.

»Was glauben Sie, wird sie tun?«, fragte Holly.

»Sie wird mit ihm ins Bett gehen, sich aber mies dabei fühlen«, sagte Cardenas mit einem leisen Lachen.

»Das ist echt brutal.«

»Ja.«

»Würden Sie noch einmal mit ihm ins Bett gehen?«

Cardenas schaute sie argwöhnisch an. »Würden Sie?«

Hollys Lippen kräuselten sich zu einem zerknirschten Lächeln. »Nur, wenn er mich bitten würde.«

Sie beide lachten.

»Dieser Hundesohn glaubt wirklich, jede anbaggern und ungeschoren davonkommen zu können«, sagte Cardenas. »Wenn das nur gut geht.«

»Ich frage mich, ob sonst noch jemand ungeschoren davongekommen ist«, sagte Holly plötzlich ernst und mit leiser Stimme.

»Noch so ein Frauenheld, der sein Unwesen treibt?«

»Nein. Viel schlimmer.«

»Ich weiß nicht, was Sie meinen, Holly.«

»Don Diego geht mir nicht aus dem Kopf.«

»Sie sind immer noch an dieser Sache dran?«

»Die Ermittlungen haben nichts Ungewöhnliches ergeben.«

»Nur dass er ertrunken ist.«

»Aber wie ist er ertrunken?«, fragte Holly. »Wie ist es möglich, dass jemand in ein paar Zentimeter tiefes Wasser fällt und ertrinkt?«

»Er war schließlich schon alt«, sagte Cardenas.

»Aber er war bei guter Gesundheit. Man hat bei ihm keine Anzeichen für ein Herzversagen oder einen Schlaganfall gefunden.«

»Sie glauben, jemand habe ihn ins Wasser gestoßen und ertränkt?«

Holly ließ die Szene, die sie an jenem Tag gesehen hatte, in allen Details Revue passieren. »Ich weiß nicht. Vielleicht.«

»Aber wer? Und wieso?«

Holly zuckte die Achseln. »Keine Ahnung. Ich wünschte, ich wüsste es.«

Wahlkampfreden

Die politische Debatte fand im Freilichttheater des Habitats statt, einer großen Betonmuschel, die mit ihrer eleganten Wölbung die Schallwellen bündelte, die auf der Bühne erzeugt wurden und in die Sitzreihen abstrahlte, die im Gras aufgestellt waren.

Das ist eine recht große Menge, sagte Eberly sich, als er den Blick über die Zuhörer schweifen ließ. Es müssen mehr als tausend Leute sein, und noch viel mehr Video-Zuschauer.

Drei Meter zu seiner Linken saß Edouard Urbain auf der Bühne; er wirkte elegant, aber auch steif in seinem altmodischen taubengrauen Anzug und mit einem himmelblauen Stehkragenhemd. Neben ihm saß Timoschenko, der einen griesgrämigen Eindruck machte; er trug einen grauen Overall, um die Verbundenheit mit seinem Berufsstand zu demonstrieren. Eberly mutete er eher wie ein Hausmeister an. Eberly selbst trug ein anthrazitfarbenes Gewand und eine bequeme Hose in einem etwas helleren Grau — gemäß der Kleiderordnung, die er selbst erlassen hatte.

Wilmot stand in seinem obligatorischen Tweed-Jacket und der formlosen Hose am Podium und erläuterte die Regeln der Debatte.

»…jeder Kandidat beginnt mit einer fünfminütigen Zusammenfassung seiner Position. Dann gibt es noch einmal fünf Minuten für eine Gegenrede. Anschließend wird das Gremium sich den Fragen der Zuhörer stellen.«

Eberly musste ein Grinsen unterdrücken. Vyborg und Kananga hatten das Publikum nämlich mit ein paar Dutzend Anhängern ›unterwandert‹. Die würden dann solche Fragen stellen, dass sie und Eberly sich die Bälle sozusagen gegenseitig zuspielten. Er hatte nicht die Absieht, Urbain oder Timoschenko länger als unbedingt nötig zu Wort kommen zu lassen.

»Ich möchte Ihnen nun Dr. Edouard Urbain vorstellen, den Leiter unserer Wissenschafts-Abteilung«, sagte Wilmot und las Urbains Lebenslauf vom Display auf dem Podium ab.

Gähnend langweilig, sagte Eberly sich. Wen interessiert es schon, welche akademischen Ehren er in Quebec erworben hat?

Dann erhob Urbain sich und ging von spärlichem Applaus begleitet zum Podium. Es sind nur ein paar Wissenschaftler im Publikum, sagte Eberly sich. Umso besser. Dann fiel ihm auf, das Urbain leicht hinkte. Seltsam, dass mir das nicht schon früher aufgefallen ist. Hat er sich das erst vor kurzem zugezogen oder hatte er immer schon leicht gehinkt? Eberly ließ den Blick übers Publikum schweifen und erkannte ein paar von seinen Leuten, einschließlich Holly und des Stuntmans Gaeta, die in der ersten Reihe saßen. Gut. Wie ich es angeordnet habe.