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»Hallo«, rief sie.

Kananga kam auf sie zu.

»Das ist die Stelle, genau hier«, rief Holly. »Dort bei den Pfirsichbäumen.«

»Sind Sie sicher«, rief Kananga zurück.

»Ich erinnere mich an jede Einzelheit.«

Er blieb eine Armlänge von ihr entfernt stehen. »Sie haben ein ausgezeichnetes Gedächtnis.«

»Ein fotografisches«, sagte Holly und versuchte ihre Nervosität angesichts des über ihr dräuenden Kananga zu verbergen. Sie sah, dass die Abdrücke, die seine Stiefel im Schmutz hinterließen, mit denen am Ort des Verbrechens identisch waren.

»Und an dieser Stelle« — er streckte den Arm aus und wies in die entsprechende Richtung — »haben Sie wohl die Leiche des alten Manns gefunden.«

Holly deutete etwas mehr nach links. »Dort drüben. Dort war es.«

»Ich verstehe.« Er packte Holly. Eine große Hand presste er ihr aufs Gesicht und hielt ihr die Nase und den Mund zu, während er den anderen Arm um ihre Hüfte schlang und ihr die Arme an den Körper drückte. Dann hob er sie hoch.

Kampf oder Flucht

Ich bekomme keine Luft mehr! Kananga hatte Holly seine Pranke aufs Gesicht gepresst und drohte sie zu ersticken. Sie zappelte mit den Beinen und versuchte ihn zu treten, doch die in weichen Stiefeln steckenden Füße prallten harmlos an seinen langen, muskulösen Beinen ab.

Kananga drückte Holly die Arme gegen die Hüften und trug sie zum Kanal hinunter. Sie schnappte verzweifelt nach Luft, aber seine Hand umklammerte sie immer stärker wie eine Schraubzwinge.

Holly strich mit der rechten Hand über Kanangas Hose. Ohne bewusste Überlegung tastete sie nach seinen Genitalien, packte sie und drückte mit aller Kraft zu. Er jaulte auf und ließ sie fallen. Holly landete auf den Zehenballen und wirbelte zu ihm herum. Kananga hatte sich zusammengekrümmt, und sein Gesicht war schmerzverzerrt. Sie trat ihn mit aller Kraft, die sie aufzubringen vermochte, an die Schläfe.

Kananga ging zu Boden. Meine Güte, sagte Holly sich. Ich muss auf der Erde ein Kampfsporttraining absolviert haben. Kananga richtete sich stöhnend auf den Knien auf. Holly versetzt ihm noch einen Tritt, dann ließ sie von ihm ab. So schnell sie konnte rannte sie die schräge Betonwand des Bewässerungskanals entlang, wobei sie zum Teil durchs Wasser lief und versuchte, sich möglichst schnell möglichst weit von Kananga zu entfernen.

Als Eberly das Verwaltungsgebäude erreichte, war seine Nervosität zum größten Teil verflogen. Kananga hat sie getötet. Das geht auf seine Kappe, nicht auf meine. Niemand weiß, dass ich ihm Holly zugeführt habe. Nicht einmal Morgenthau weiß es. Falls Kananga erwischt wird, werde ich alles bestreiten.

Er betrat die Human-Resources-Abteilung und ging an den vier klerikalen Gestalten vorbei, die an Schreibtischen saßen. Die Tür zu Morgenthaus Büro war geschlossen; er schob sie auf, ohne vorher anzuklopfen.

Sie schaute verärgert vom Schreibtisch auf. Als sie aber sah, dass Eberly die Störung verursacht hatte, setzte sie ein Lächeln für ihn auf.

Er schaute sich um, bevor er die Tür wieder zuschob und sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch setzte. Das war einmal mein Büro, sagte er sich und stellte fest, dass Morgenthau die Wände mit Holo-Kopien von Monets Kirchengemälden verziert hatte.

»Sie haben etwas über Wilmot herausgefunden?«, fragte er ohne eine Begrüßung. Er musste Morgenthau zu verstehen geben, wer hier der Häuptling war. Sonst würde sie vielleicht noch ihre Verbindung zu den Heiligen Jüngern spielen lassen und versuchen, ihm Vorschriften zu machen.

»Etwas, das ihn vernichten kann«, sagte Morgenthau mit einem diabolischen Grinsen.

Eberly zog zweifelnd die Augenbrauen hoch. »Wirklich?«

»Wirklich.« Morgenthau projizierte eine Liste von Titeln auf eine freie Stelle an der Wand. Jedem Titel war ein Bild beigefügt.

Eberly starrte mit offenem Mund auf die Bilder.

»So ein Schmutz«, sagte Morgenthau. »Er schaut diese ekelhaften Videos jeden Abend an, bevor er zu Bett geht.«

»Sind Sie sicher?«

Sie nickte mit grimmigem Gesicht. »Jeden Abend. Ich habe alle Kamera-Aufzeichnungen.«

Eberly brach in Gelächter aus. »Wir haben ihn!«, krähte er. »Wir haben Wilmot in der Hand.« Und dann ballte er die Hände so fest zur Faust, dass es schmerzte.

»Ich habe vielleicht eine Prellung.« Kananga hatte sich auf dem Sofa in Vyborgs Apartment ausgestreckt und ließ die langen Beine über den Rand des Möbels baumeln. Er hatte hämmernde Kopfschmerzen, und das Gesicht war stark angeschwollen.

Vyborg brachte dem Oberst ein nasses Handtuch. Er musste sich auf die Lippen beißen, um den verdammten Idioten nicht lauthals zu verfluchen. Lässt sich von einem kleinen Mädchen zusammenschlagen und sie entwischen! Nun weiß sie doch mit Sicherheit, dass Rivera ermordet wurde. Er sagte aber nichts. In der miesen Stimmung, in der Kananga ist, kommt er vielleicht noch auf die Idee, mich zu erwürgen, wenn ich ihm sage, was ich wirklich von ihm halte.

»Wohin ist sie verschwunden? Wo ist sie jetzt?«, fragte Vyborg mit leiser, zischender Stimme. »Das ist im Moment die dringlichste Frage.«

»Du musst Eberly Bescheid sagen.«

»Muss ich das? Wieso nicht du? Du bist doch derjenige, der sie hat entkommen lassen.«

»Du sagst es ihm«, sagte Kananga mit einem harten und entschlossenen Gesichtsausdruck.

Vyborg versuchte nicht mehr, den Zorn und die Abscheu zu verbergen, die er verspürte. Er stieß angewidert die Luft aus und rief: »Telefon! Verbinde mich mit Dr. Eberly, wo auch immer er ist. Notfall-Priorität.«

Innerhalb von zehn Sekunden erschien Eberlys Gesicht in der Luft überm Kaffeetisch. Er lächelte glücklich. Vyborg sah sofort, dass er in Morgenthaus Büro war.

»Ich freue mich, dass Sie anrufen«, sagte Eberly. »Ich habe nämlich wichtige Neuigkeiten für euch beide.«

»Ich habe leider auch Neuigkeiten«, sagte Vyborg. »Schlechte Neuigkeiten.«

Eberlys Lächeln verflog. Morgenthau hinter ihm wirkte plötzlich besorgt.

Es hat keinen Sinn, es hinauszuzögern, beschloss Vyborg. Sag ihm, was Sache ist. »Holly Lane ist entkommen.«

»Entkommen? Wie meinen Sie das?«

»Anscheinend ist sie eine Kampfsport-Expertin. Sie ist unserem guten Obersten hier entkommen«, sagte Vyborg mit einer Geste in Richtung Kananga, der noch immer fix und fertig auf dem Sofa lag, »und wir haben keine Ahnung, wo sie steckt.«

Eberly starrte auf die dreidimensionale Abbildung, die die Hälfte von Morgenthaus Büro ausfüllte: Vyborg stand angespannt und offensichtlich zornig da, während Kananga auf dem Sofa lag und sich ein nasses Handtuch auf die Stirn drückte.

Dann warf er einen Blick auf Morgenthau, deren Ausdruck langsam von Verwirrung zu Verstehen wechselte. Sie setzt das Puzzle zusammen, wurde Eberly sich bewusst. Nun weiß sie, dass ich in den Mordanschlag auf Holly verwickelt bin.

Eberly schüttelte sich in einer Mischung aus Wut und Furcht. »Ich will euch beide in fünf Minuten in meinem Apartment sehen«, brachte er mühsam hervor.

Holly rannte blindlings den Kanal entlang, bis die Lunge von der Anstrengung schmerzte. Sie blieb stehen, bückte sich und schnaufte schwer. Sie schaute sich um, doch es war niemand hinter ihr. Er verfolgt mich nicht, sagte sie sich erleichtert. Er ist wahrscheinlich bewusstlos nach dem Tritt, den ich ihm versetzt habe. Meine Güte, vielleicht ist er sogar tot. Sie richtete sich auf und ging die Böschung hinauf in den schattigen Garten. Geschieht ihm recht, sagte sie sich. Er hat schließlich versucht, mich umzubringen. Er muss auch Don Diego umgebracht haben. Okay, sagte sie sich. Kananga hat Don Diego getötet. Aber wieso? Sie hatte keine Ahnung. Wem soll ich es sagen? Malcolm?