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"Ja. Und dort oben steht Kapudan Masur-Bei, der beste meiner Schüler. Er ist mir treu ergeben und ein so tüchtiger Mann, daß ihm der neue Kapudan-Pascha den Befehl über den "Selim" gelassen hat."

"Und wer ist der Offizier, welcher jetzt zu ihm tritt?"

Katombo machte eine Bewegung der höchsten Überraschung und legte die Hand über die Augen, um besser sehen zu können. "Bei Gott, das ist er, das ist er ja selbst." "Wer?"

"Der Kapudan-Pascha, der mich verdrängt hat und sich Mühe gab, daß ich die seidene Schnur erhielt. Er ist an Bord des "Selim", folglich muß das Schiff eine sehr wichtige Fahrt vor sich haben."

"So sind wir dennoch verloren!"

"Nein. Das Schiff legt bei wie wir, und ich kann alle Männer erkennen, welche sich an Deck befinden. Sie werden alle zu mir halten, wenn sie zwischen ihm und mir wählen sollen. Paß auf; die Entscheidung naht bereits!"

Die beiden Schiffe wiegten sich einander gegenüber auf den Wogen, und vom "Selim" wurde das große Boot herabgelassen und mit Leuten bemannt, welche bis an die Zähne bewaffnet waren. Es stieß ab und legte nach einigen Augenblicken bei der Feluke an. Der erste Lieutenant kommandirte es.

Er schwang sich mit seinen Leuten an Bord. Sie blieben mit bereitgehaltenen Waffen stehen, während er sich sofort nach dem Hinterdecke begab, wo Katombo mit herabgezogener Kapuze seiner wartete.

"Bist Du der Führer dieses Fahrzeugs?" frug er ihn. "Jetzt, ja." "Welches Schiff?"

Er hatte Bild und Namen bereits am Steven erblickt, mußte aber dennoch diese vorgeschriebene Frage thun.

"Der Tiger."

"Woher?"

"Von überall."

"Ah! Welche Art Fahrzeug?" "Pirat!" antwortete Katombo ruhig.

"Du hast viel Muth, mir dies sofort zu gestehen. Warum legtest Du nicht bei, als wir Dich aufforderten es zu thun?"

"Ich hätte sofort beigelegt, aber ich war es nicht, der dazu aufgefordert wurde." "Wer sonst?"

"Der Kapitän dort und der Segelmeister hier. Der letztere ist todt, und der erstere wird noch heut auch sterben, wie es scheint."

"Und was bist Du auf dem Schiffe?"

Ich war nur Passagier mit meinem Weibe und Kinde."

"Pah! Und hast dennoch den Befehl erhalten, trotzdem der Steuermann dort auf seinem Platze steht? Deine Worte sind Lüge, denn einem Passagier wird nicht das Kommando übergeben, zumal in der Lage, in welcher Ihr Euch befindet."

"Lüge? Ich rede die Wahrheit und sage Dir sogar, daß ich auch das Kommando des "Selim" übernehmen werde." "Du?" "Ja ich."

"Allah hat Dir das Gehirn genommen, oder Du willst den B Wahnsinnigen spielen, um nicht getödtet zu werden. Ich aber sage Dir, daß Ihr Alle hängen werdet, so wahr ich - - -" "So wahr Du Moab-Ben-Osman heißest, nicht wahr?" unterbrach Katombo seine Rede. "Wie, Du kennst meinen Namen? Wie ist der Deinige?" "Sage ihn selbst!"

Bei diesen Worten warf Katombo die Kapuze nach hinten. Der Lieutenant blickte ihm jetzt in das volle Gesicht und wich erschrocken einige Schritte zurück.

"Allah akbar, Gott ist groß; er nimmt das Leben und läßt die Todten wieder auferstehen!" "So kennst Du mich noch?"

Der Lieutenant verbeugte sich beinahe bis zur Erde und erfaßte die Hand des Fragenden, um sie zu küssen.

"Mein Herr und Wohlthäter! Du bist also nicht gestorben?"

"Ich lebe, wie Du siehst. Und nun glaubst Du wohl auch, daß ich Dich nicht belogen habe?"

"Herr, ich glaube es!"

"Was solltest Du mit uns thun?"

"Euch Alle an Bord des "Selim" bringen und den "Tiger" mit meinen Leuten einstweilen bemannen."

"Und was wirst Du nun aber thun?"

"Was Du mir befiehlst, Herr."

"So kann ich auf Dich rechnen?"

"Auf mich und meine Männer, die dort stehen."

"Wie sind die Andern an Eurem Bord gesinnt?"

"Grad so wie wir."

"So liebt Ihr den Kapudan-Pascha nicht?"

"Nein. Allah hat ihm nicht die Gabe der Liebe und Milde in das Herz gelegt, er ist streng und grausam, und wir meinen, daß er einst eines unnatürlichen Todes sterben werde." "Denkt Kapudan Masur-Bei, Euer Kapitän noch an mich?"

"Er denkt an Dich und liebt Dich wie zuvor. Der "Selim" ist Dein eigenes Werk; Du hast ihn bemannt nach Deinem Wohlgefallen mit lauter Männern, welche Dir ihr Glück verdanken; sie haben getrauert, als sie die Kunde von Deinem Tode erhielten; sie haben geknirscht, als Dein Nachfolger sie wie Sklaven und Giaurs behandeln ließ, und nun werden sie jubeln, wenn sie hören, daß Du noch lebst und zu ihnen an Bord kommen willst."

"Aber der Kapudan-Pascha wird nicht jubeln. Er hat mich um die Gnade des Großherrn betrogen und es sogar so weit gebracht, daß ich die seidene Schnur erhielt." "Maschallah, ist dies wahr?" "Ja."

"So thue mit ihm, was Dir beliebt. Wir werden zu Dir halten und nicht zu ihm." "Weshalb ist er auf dem Selim?" "Ich weiß es nicht." "Wohin geht Eure Fahrt?"

"Auch dies weiß ich nicht; denn er hält Alles im Geheimniß. Wir vermuthen jedoch, daß wir nach Tremona segeln, wo er für den König von Süderland wichtige Depeschen abzugeben haben wird."

"Wir werden es erfahren. Wer übernimmt das Kommando Deiner Bootsleute, Du oder ich?" "Du, Herr."

"Ich lasse es Dir; ja, ich übergebe Dir noch mehr, denn ich weiß, daß ich Dir vollständig vertrauen kann."

"Bei allen Himmeln Mohammeds, das kannst Du."

"So höre was ich Dir sage: Ich werde jetzt ganz allein nach dem "Selim" rudern. Finde ich

Freunde, so ist es gut; finde ich aber Feinde, so springe ich über Bord und schwimme zum

"Tiger" zurück. Was würdest Du für diesen letzteren Fall thun?"

"Ich bleibe bei Dir und werde Pirat."

"Aber weißt Du, was Du mir dann Alles opferst?"

"Ich opfere nichts, denn Alles, was ich habe und was ich bin, das habe ich nur Dir zu danken." "Aber Deine Zukunft?"

"Kann dies nicht auch die seidene Schnur sein? Und übrigens weiß ich, daß Du nicht lange im Verborgenen leben wirst. Der Großherr braucht Männer wie Du, und wenn dann Deine Zeit gekommen ist, so wissen wir, daß die unsrige auch nicht entfernt bleibt." "Wohlan, so vertheile Deine Leute und lasse das kleine Boot hinab!"

Diesem Befehle wurde Gehorsam geleistet. Ayescha zitterte vor Angst und wollte ihren Gatten nicht von sich lassen; er gab sich alle Mühe sie zu beruhigen, geleitete sie nach ihrem Raume A und stieg dann in das Boot hinab, in welchem er ganz allein hinüber zu dem "Selim" ruderte.

Die Offiziere und Mannen an Bord desselben wunderten sich nicht wenig, statt der erwarteten Gefangenen nur einen einzelnen Mann zu Deck steigen zu sehen, einen Mann, dessen Gesichtszüge B man nicht einmal genau sehen konnte, weil es von der Kapuze fast ganz verhüllt wurde.

Ein Bootsmann empfing ihn und führte ihn nach dem hohen Quarterdecke, wo der Kapitän an der Seite eines Mannes stand, welcher eine sehr reiche Marineuniform trug, auf deren Brustseite mehrere C Ordensbänder befestigt waren. Dieser Mann war der Kapudan-Pascha, der Nachfolger und Feind Katombos.

Als er den Verhüllten kommen sah, meinte er zu dem Kapitän:

"Das ist eigenthümlich, so eigenthümlich, daß ich die Unterhandlung selbst führen werde." Der Kapitän verbeugte sich tief, zum Zeichen, daß er den Befehl verstanden habe und demselben nachkommen werde. Jetzt war Katombo herangekommen und blieb in stolzer kerzengerader Haltung D vor dem Pascha stehen, während er nur dem Kapitän mit der gesenkten Rechten ein Zeichen des Grußes gab. Alle Offiziere außer dem Deckhabenden traten herbei.

"Grüße, Du Hund!" donnerte der Pascha.

"Ich habe gegrüßt!" erklang die stolze Antwort.

"Diesen, aber nicht mich und die Andern!"

"So grüße ich hiermit diese Andern, nicht aber Dich!"

"Ah? Warum?"

A "Ich habe nur die Offiziere des Schiffes zu grüßen, welches ich betrete, sonst keinen Andern."

"So! Weißt Du, wer ich bin?" "Ich kenne Dich."

B "Und dennoch verweigerst Du mir die Demuth, welche der Schakal dem Löwen schuldet?" "Du bist kein Löwe, sondern eine feige Hyäne, welche sich an Leichen mästet. Aber zuweilen erwachen die Todten, um die Leichenräuberin zu erwürgen."