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Jetzt nun ging er die Papiere durch, welche auf der Feluke verborgen gewesen waren. Manche von ihnen legte er bereits nach einem kurzen Blicke wieder zur Seite, andere aber las er desto aufmerksamer durch.

Eben hatte er das Letzte wieder zusammengefaltet, als sich die Nebenthür öffnete und Ayescha eintrat.

"Bist Du fertig? Darf ich nun kommen?" frug sie. "Ja."

Sie schlang die Arme um seinen Nacken und küßte ihn. "Hast Du Wichtiges gefunden? Ich sehe es Deiner Miene an."

"Allerdings. Ich habe einen tiefen Blick gethan in die Politik und die Zukunft derjenigen zwei Staaten, mit denen der "Selim", den ich "Tiger" nennen werde, auf eigene Faust und Rechnung Krieg führen wird. Es wird die Zeit kommen, in welcher der Sultan meiner Dienste wieder bedarf, und dann wird der arme Zigeuner über das Loos ganzer Länder und Völker zu entscheiden haben. Der heutige Tag ist nach langem Unglücke wieder ein glücklicher für mich gewesen. Laß uns nun zur Ruhe gehen. Leclkum saa<de, gesegnete Nacht!"

Fünfzehntes Kapitel. Am Vorabend.

Es war am Sieben-Bruder-Tag. Der Abend hatte sein Dunkel bereits über die Residenz gebreitet, und vor der Thür der Hofschmiede saßen die drei Gesellen nach vollbrachter Arbeit ihrer Gewohnheit gemäß bei der Unterhaltung.

"Also, nun endlich einmal heraus damit, Thomas! Wo warst Du?" frug Heinrich Feldmann, der ehemalige Artillerist. "Fort," antwortete Schubert.

"Das brauchst Du uns nicht erst zu sagen. Den Ort wollen wir wissen!" "Gut, mein Junge: Ich pin üper alle Perge gewesen."

"Mache keine dummen Witze. War denn diese Reise gar so geheimnißvoll, daß Du nichts sagen darfst?"

"Das nicht; aper Einer von der Artillerie praucht nicht Alles zu erfahren. Hat meine Parpara Seidenmüller nach mir gefragt?"

"Nach Dir? Ist ihr gar nicht eingefallen, nicht wahr, Baldrian?"

Der einstmalige Grenadier that einen langen Zug aus seiner Pfeife, blies den Rauch langsam von sich und meinte mit einem verweisenden Kopfschütteln: "Das ist nicht am Den!"

"Siehst Du, altes Lügenmaul!" zürnte Thomas. "Der Paldrian ist doch ein ehrlicher Kerl, der immer pei der Wahrheit pleipt. Du aper pist ein Mensch, der - dem - von dessen - na mit einem Worte, der pei der Artillerie gestanden hat. Schäme Dich!"

"Still, alter Kavalleriereiter! Was hast Du denn bei der Kavallerie gelernt? Ein Bischen Häcksel schneiden und einen bockbeinigen Wallach striegeln, weiter nichts! Wir von der Artillerie dagegen sind Leute, die ihre Nasen in alle Wissenschaften gesteckt haben. Wir haben es mit der schwierigsten Waffe zu thun; wir brauchen zehnmal mehr Übungen und Kenntnisse als Ihr; wir entscheiden die Schlachten und---"

"Und machen Lügen und schneiden auf wie gedruckt," fiel ihm Thomas in die Rede. "Ist es nicht so, Paldrian?"

Der Gefragte nickte bedächtig:

"Das ist am Den."

"Nein, das ist nicht an Dem," antwortete Heinrich. "Ihr glaubt nur, ich schneide auf, weil Ihr zu dumm seid zu begreifen, was ein Artillerist Alles zu leisten vermag. Da war Dein Bruder, den Du von der Reise mitbrachtest, ein ganz anderer Kerl; der hat mit seinen Schiffskanonen manchen guten Schuß gethan, und wir haben uns stundenlang über die richtige Behandlung der Geschütze unterhalten. Schade nur, daß er so rasch fort mußte! Hat er noch nicht geschrieben?"

"Mein Pruder, der Palduin?" "Ja, der Steuermann."

"Steuermann? Höre, wenn Du ihn noch einmal in dieser Weise peleidigst, so schlage ich Dir Deine ganze Artillerie mit allen Pompen und Haupitzen um den Kopf herum! Weißt Du nicht, daß er Kapitän zur See geworden ist, der Palduin?" "Seit wenn denn?"

"Seit kürzlich. Er hat es mir heute geschrieben und mir gesagt, daß ich Euch alle grüßen soll.

Nicht wahr, Paldrian?"

"Das ist am Den," stimmte der Grenadier bei.

"Danke," meinte Heinrich. "Der hat doch Verstand. Du aber warst so lange verreist, und hast uns nicht ein einziges Mal grüßen lassen! Aber wer kommt dort? Ist das nicht ein königlicher Lakai?"

"Ja; ich kenne ihn sehr genau, opgleich er heut in Civil geht. Es ist der Leipdiener der Majestät. Ich glaupe, der will zum Meister."

Es war so. Der Diener frug nach Brandauer, und als er hörte, daß dieser zu Hause sei, trat er in die Wohnstube der Schmiede, in welcher Max mit den Eltern saß und diesen Boten erwartet zu haben schien. Derselbe grüßte höflich, und richtete dann seinen Auftrag aus:

"Ich soll melden, daß die Majestät heut inkognito die Oper besuchen werden."

"Gut," antwortete Max. "Wann werden königliche Hoheit gehen?"

"Sie haben das Schloß bereits verlassen."

"Wann werden sie zurückkehren?"

"Spät, da sie noch eine Kahnfahrt zu machen beabsichtigen." "Danke. Gute Nacht!" "Gute Nacht!"

Der Diener entfernte sich und Max wandte sich zum Vater:

"Diese Vorsicht ist ganz am rechten Orte. Nicht einmal der Leibdiener braucht zu wissen, daß der König einen ganz anderen Weg vorhat. Du also gehst in den Garten des Herzoges und A bewachst den Eingang zu der geheimen Treppe, damit Du mich bei meiner Rückkehr unterrichten kannst. Ich gehe."

Die Meisterin trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. "Max, sei nicht zu kühn! Du weißt, daß Dir Gefahr droht."

"Ich weiß es, Mutter. Aber gerade weil ich diese Gefahr kenne, ist sie für mich nicht vorhanden. Übrigens gehe ich nicht ohne Waffen und ohne Begleitung."

Er steckte ein Messer und einen Revolver zu sich und trat vor das Haus, wo die Gesellen saßen. Die Lehrjungen waren nicht zugegen.

"Habt Ihr Zeit?" frug er.

Sofort erhoben sich alle Drei.

"Das versteht sich ganz von selper," antwortete Thomas. "Natürlich!" stimmte Heinrich bei. "Das ist am Den," nickte auch Baldrian.

"Ihr sollt mich begleiten; aber kein Mensch darf erfahren, wohin wir gegangen sind, und was wir vielleicht zu sehen und zu hören bekommen." Thomas machte sein bestes militärisches Honneur. "Zu Pefehl, Herr Doktor!"

"Aber unser Spaziergang ist nicht ganz ungefährlich. Es ist möglich, daß wir in eine Schlägerei kommen."

"Damit pin ich ganz und gar zufrieden. Ich hape so seit langer Zeit nicht mehr gewußt, op ich noch einen guten Hiep zu führen vermag."

"Nehmt Eure Hämmer mit und einige Stricke."

"Zu Pefehl, Herr Doktor!"

In weniger als einer Minute standen sie bereit.

"Unser Weg geht durch die Stadt, hinaus nach der Klosterruine. Wir dürfen uns jetzt nicht zusammen sehen lassen. Darum theilen wir uns. Jeder schlägt einen andern Weg ein und hinter dem ersten Busch vor der Stadt treffen wir uns." Er ging und die Andern folgten ihm in verschiedenen Intervallen.

Er hatte sich möglichst verhüllt, so daß er nicht erkannt werden konnte, falls er je einem Bekannten begegnete. Dabei vermied er die Hauptstraßen und gelangte nur durch entlegene

Seitengassen in das Freie, wo zur Seite der Straße ein kleines Gesträuch die Ufer eines Wassers einfaßte. Darauf schritt er zu. Es war dunkel und er dämpfte seine Schritte bis zur Unhörbarkeit; dennoch aber hatte man sein Kommen bemerkt, denn kaum hatte er den Rand des Busches erreicht, so tönte ihm die leise Frage entgegen: "Wer da?"

"Brandauer," antwortete er ebenso leise. "Allein?"

"Es kommen noch die Gesellen." "Bald?"

"Sie werden jedenfalls in wenigen Augenblicken hier sein."

"Das ist gut; denn wir müssen die Ruine doch eher erreichen als die Andern. Bist Du gehörig bewaffnet, Max?"

"Ja, Majestät. Du auch, Major?"

"Ja," antwortete der Major von Wallroth, welcher den König begleitet hatte.