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"Werde es so einzurichten wissen."

"Ich komme heut Abend in den Forst. Katombo wird sich dann gefesselt im Blößenhause befinden."

"Wie viel Uhr?" "Elf."

"Werde pünktlich sein, Excellenz. Doch wenn er sich wehrt oder zu laut wird, welche Mittel darf ich in Anwendung bringen?"

"Jedes beliebige, welches dazu dient, ihn zum Schweigen zu bringen."

"Und wenn dann dieses Schweigen etwas länger dauern sollte, als man vorher annehmen konnte?"

"So wird Dir nicht der geringste Schaden daraus erwachsen. (\82\)B Ich will heut Abend Punkt elf Uhr den Zigeuner im Blößenhause haben, das Übrige zu arrangiren ist lediglich meine eigene Sache. Du hast Dich zu der vierten Unterförsterstelle gemeldet?" "Nein."

"Warum nicht?"

"Weil ich mich der Protektion des Oberförsters nicht zu erfreuen scheine und weil ich auch noch nicht eine solche Dauer mich im Dienste befinde, daß ich auf Berücksichtigung rechnen könnte." "Melde Dich!"

"Wenn Durchlaucht befehlen, werde ich es thun!"

"Du wirst die Stelle haben und Deine weitere Zukunft steht ebenso in meiner Hand, wie Du wohl wissen wirst. Nur merke Dir, daß ich strikte Erfüllung meiner Befehle und die strengste Verschwiegenheit liebe." Er ging.

Stephan trat zum Thore des Geheges zurück, welches er zuvor offen gelassen hatte, und verschloß es.

Es war früher stets streng verwahrt gewesen, damit das Wild nicht aus dem Gehege zu entfliehen vermochte. Vor einigen Wochen jedoch hatte der Herzog den Befehl ertheilt, eine Zigeunerbande in das Letztere aufzunehmen, ihr den nöthigen Aus- und Eingang zu gestatten und es nicht zu bemerken, wenn diese Leute zuweilen ein Wildpret für ihren eigenen Bedarf verwenden sollten. Diese sonderbare Ordre hatte böses Blut unter dem sämmtlichen Aufsichtspersonale hervorgerufen. Zigeuner im Wildgehege, welches sonst auch dem höchsten Staatsbeamten, dessen Ressort sich nicht auf die Forstwirthschaft erstreckte, verschlossen blieb! Hierzu mußte es eine sehr dringende und vielleicht auch eigenthümliche Veranlassung geben. Man forschte nach ihr und fand sie auch sehr bald. Unter der Bande befand sich ein Mädchen von so seltener, wunderbarer Schönheit, daß sie Jeden entzückte, der sie zu Gesichte bekam. Auch der Herzog hatte sie gesehen und kam nun täglich in das Gehege, um mit ihr zusammenzutreffen; dies geschah theils in Gegenwart der Zigeuner, theils aber auch heimlich, wie die Forstleute beobachteten, und nun war das Räthsel gelöst. Die Bande durfte ihren Aufenthalt im Wildgarten nehmen und sich sogar an den gehegten Thieren vergreifen, damit der Herzog Gelegenheit finde, mit der schönen Zarba zu verkehren. Das Mädchen schien in ihrer Unerfahrenheit von einem Rausche ergriffen zu sein. Man hatte sie oft an der Seite, ja in den Armen des Herzogs gesehen, und daher kam es dem Forstwart Stephan ganz unerwartet, daß so gewaltthätige Maßregeln gegen ein Mitglied ihrer Familie ergriffen werden sollten, und ebenso war er über die unverhoffte Mittheilung erstaunt, welche sich auf die Entfernung der Zigeuner bezog.

Allerdings frug er sich nicht nach den näheren Gründen des ihm gewordenen Auftrages; der Herzog war sein höchster Vorgesetzter, von dessen Wohlwollen seine ganze Zukunft abhing, und da er ein keineswegs empfindsames Gemüthe besaß, so konnte es bei ihm nichts anderes als den blindesten Gehorsam geben. Den Eingang hatte er verschlossen, um der Gegenwart Katombo's sicher zu sein; jetzt schritt er der Richtung zu, in welcher sich das Zigeunerlager befand.

In der Nähe desselben vernahm er eine zornige Stimme und erkannte, vorsichtig näher tretend und hinter dem Stamme eines Baumes Posto fassend, Katombo, welcher mit zorniger Miene vor Zarba stand.

"Sagte ich Dir nicht, daß ich Dir verloren sei, wenn Du ihn küßtest? Und dennoch hast Du es gethan!" warf er ihr vor.

"Ich habe es gethan, doch nur um Deinet- und um Karaveys willen," antwortete sie. "Das glaube ich nicht! Warum verweigertest Du mir den Kuß, als wir noch alleine waren? Warum schickt die Vajdzina mich stets zur Stadt, wenn dieser Herzog in das Gehege kommt? Sollst vielleicht Du das Fleisch, welches wir genießen, bezahlen und die Erlaubniß, hier im Walde bleiben zu dürfen?"

"Bist Du eifersüchtig?" frug sie mit einem Lächeln, in welchem sich doch ein gewisser Grad von Verlegenheit zeigte, welchen er bemerken mochte.

"Eifersüchtig? Ein verständiger Mann kann nie eifersüchtig sein, und ich glaube sehr, daß ich meinen Verstand habe. Der Mann eines treuen Weibes und der Verlobte eines braven Mädchens, Beide haben keine Veranlassung zur Eifersucht; welches Weib aber diese Veranlassung gibt, die ist nicht mehr werth, daß sich das Herz des Mannes mit ihr beschäftigt."

"Ich mußte thun, was mir die Vajdzina gebot!"

"Du mußtest thun, was ich Dir gebot, denn Deine Lippen waren mein Eigenthum seit dem Tage, an welchem Du mir sagtest, daß Du mich liebtest und meine Braut wurdest. Du hast mir dies Eigenthum zurückgeraubt und an einen Andern verschenkt, der nur (\83\)A ein schnödes Spiel mit Dir treibt; ich lasse es ihm, denn ich verzichte auf jeden Mund, den ein Zweiter nach mir küßte; aber dieser Herzog wird einst besser glauben als vorhin Du, daß ich ein ächter Boinjaare bin, der einen solchen Raub zu vergelten weiß. Meine Schwester wirst Du bleiben, meine Braut aber bist Du gewesen, und mein Weib wirst Du niemals sein!" Ihr Auge flammte auf. "So verachtest Du mich?"

"Nein, sondern ich bemitleide Dich und werde den Raub, den Du an mir begingst, zu rächen wissen, zwar nicht an Dir, sondern an ihm, denn Deine Strafe erhältst Du ganz von selbst, gerechter, größer und schwerer, als ich sie Dir bestimmen könnte."

"So wagst Du, mit Deiner einstigen Vajdzina zu sprechen! Du sagst, daß Du mich nicht zum Weibe magst - weißt Du denn, o ich Dich noch zum Manne begehre? Welche Strafe könntest Du mir geben, welche Strafe könnte mich außerdem noch treffen? Katombo, der Geist des Irrsinns ist über Dich gekommen; bete zu Bhowannie, daß sie Dich vom Wahnsinne errette! Und wenn Deine Seele wieder licht und klar geworden ist, dann wirst Du erkennen, daß Zarba nicht nöthig hat, bei Dir um Vergebung und Liebe zu betteln. Vergebung braucht sie nicht, denn sie hat nicht gegen Dich gesündigt, und Liebe findet sie überall, mehr als manche feine blanke Dame, die ihr Auge vergebens zu Fürsten und Herzogen erhebt." Er blickte ihr mit unendlichem Mitleide in das glühende Angesicht.

"Zarba, nicht mich umfängt der Wahn, sondern Dich; nicht ich werde erwachen, sondern Du wirst es, und dann wirst Du Dich nach Vergebung sehnen, wie der Blinde nach dem Lichte der Sonne!"

"Was habe ich gethan, daß Du es mir vergeben müßtest? Ist ein Kuß, in Deiner Gegenwart gegeben, ein Verbrechen?"

"In meiner Abwesenheit ein Diebstahl, in meiner Gegenwart aber noch mehr, ein gewaltsamer Raub, in beiden Fällen aber eine Untreue." "Ich war nicht untreu!" behauptete sie fest.

"Was ist die Untreue? Eine Gesinnung, die im Charakter wohnt, im Herzen arbeitet und ihre Früchte durch das Auge, die Hand und den Mund nach Außen treibt. Seien diese Früchte gereift oder nicht, seien ihre Thaten vollendet oder begonnen, spreche sie durch den Blick, das Wort oder die That, die Gesinnung, die Untreue wohnt tief unten und ist ganz dieselbe. Ich kann einem Weibe verzeihen, von der ein Mann Alles nahm, was mir gehörte, wenn ihr Herz nur mein verblieb, und ich kann ein Weib für immer von mir stoßen, obgleich nur ein einziger ihrer Blicke mit Wünschen an einem Andern hing, denn ihr Herz war mir entflohen. Die Vajdzina schickte mich fort, wenn der Herzog kam; ich habe Dich also nicht beobachten und belauschen können; aber ich habe die Röthe Deiner Wangen gesehen, als er uns vorhin überraschte; ich habe die Sprache Deines Auges verstanden, als er den Kuß von Dir nehmen wollte, da ich unter dem Hunde lag; ich habe den entsetzten Schlag Deines Pulses gefühlt, als ich das Messer über ihm zuckte. Dein Herz ist nicht mehr mein; es gehört ihm. Und wenn es wieder zurückkehren wollte, ich möchte es nicht haben, denn nur der unvernünftige hilflose Säugling genießt den Bissen, den ein anderer Mund ihm vorkaut."