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"Der Schmied hat einen Sohn, Namens Max, welcher in der Stube über der Schmiede schläft. Auf der andern Seite wohnt eine Zigeunerin und ein verabschiedeter Artilleriehauptmann; das sind drei Personen, für welche ich Dir hier dieses Messer und diesen Revolver gebe; er ist geladen. Weiter kann ich nichts sagen." (\97\)A "Ist auch nicht nöthig! Sie können sich darauf verlassen, daß ich stets vollbringe, was ich mir einmal vorgenommen habe. Geht es im Stillen mit dem Messer, so ist es mir um so lieber; gelingt es aber nicht, so schieße ich die Drei ganz einfach vor Aller Augen nieder. Für meine Person ist keinerlei Gefahr dabei."

"Du kleidest Dich dann in meinem Garten wieder um, wo ich in der hintersten Laube auf Dich warten werde. Gelingt Dir Alles gut, so bist Du in wenigen Tagen frei und ich statte Dich so aus, daß Du ohne Sorgen leben kannst. Jetzt geh!"

Helbig verschwand. Der Herzog wartete noch einige Minuten und entfernte sich dann auch. Jetzt erhob sich kaum einige Fuß von dem Platze, an welchem die Beiden gestanden hatten, Max vom Boden. Er hatte jedes Wort der für ihn so gefahrdrohenden Unterredung vernommen.

"Ein sauberes Paar! Der Plan ist wahrhaftig so verwegen, daß wir sehr bedeutende Personen sein müssen, von deren Entfernung höchst Wichtiges abzuhängen scheint. Diesen Helbig werde ich bekommen, und den Herzog später auch, trotzdem ihm sein Rang den besten Schutz gewährt!"

Er kehrte nach der Schmiede zurück.

Dort saßen heut die Gesellen nicht wie an schönen Abenden im Freien, sondern sie hatten sich in der Werkstatt plazirt. Thomas fehlte; es waren also nur Baldrian, Heinrich und die Lehrlinge anwesend.

"Wenn ich nur wüßte, warum der Thomas verreist ist!" meinte Heinrich, der Artillerist. "Es muß das einen ganz besonderen Grund haben." "Das ist am Den!" nickte Baldrian, der Grenadier. "Kannst Du Dir nichts denken?"

Baldrian schüttelte mit dem Kopfe, und Heinrich fuhr fort:

"Erst eine Depesche und dann der Obergeselle auf Reisen - es geht Etwas vor. Meinst Du nicht auch, Baldrian?" "Das ist am Den!"

"Droben die Zigeunerin und der Hauptmann; dann der junge Herr immer auf dem Sprunge -es geht Etwas vor! Hast Du das Gesicht gesehen, welches er machte, als er jetzt kam?" Baldrian nickte.

"Das sah aus, als hätte er etwas ganz Außerordentliches erlebt. Er war fadennaß, und der Schmutz lag so dick auf seinen Hosenbeinen, als hätte er draußen auf dem Felde gelegen. Nun ist er mit dem Meister hinauf zu der Zigeunerin, wo sie Allerlei verhandeln, als ob großer Kriegsrath abgehalten würde, gerade wie damals, als wir vor Hochberg lagen und kein Mensch Rath wußte, bis ich endlich der ganzen Generalität aus der Patsche half." "Du?" frug Baldrian verwundert.

"Ja, ich. Das war nämlich so: Wir belagerten Hochberg schon sechs Wochen lang und konnten doch das Nest nicht bekommen. Der Oberstkommandirende war ganz grimmig darüber, hielt einen Kriegsrath nach dem andern und konnte doch zu keinem Ziele kommen. Eines schönen Tages saßen sie wieder beisammen, und ich hatte den Zimmerpostendienst. Jeder hatte eine andere Meinung; der Generalissimus fluchte und wetterte, daß es krachte, und sagte endlich: "Die Schuld liegt daran, daß wir weder von der Befestigung noch von der Vertheidigung etwas Genaues wissen. Ich wollte der Sache bald ein Ende machen, wenn ich drin Jemand hätte, der mir Alles sagte."

Die Rede leuchtete mir ein; ich konnte mich nicht halten und trat vor.

"Zu Befehl, Herr Generalissimus; schicken Sie mich hinein. Ich werde auf den Thurm steigen und mir Alles genau ansehen."

"Du?" frug er. "Ja so, Du bist ja der Heinrich Feldmann, der berühmteste und gescheidteste Artillerist in meinem ganzen Heere! Getraust Du Dir das wirklich zu Stande zu bringen?" "Zu Befehl, ja!"

"Gut; ich gebe Dir jetzt sofort Urlaub. Laß Dich ablösen und handle ganz nach Deinem Ermessen; ich weiß, daß Du ein guter strategischer Kopf bist und mir meinen Feldzugsplan nicht verderben wirst. Wenn es Dir wirklich gelingt, so bekommst Du eine lebenslängliche Pension von jährlich fünfhundert Thalern."

"Ich ließ mich also ablösen, setzte mich auf meinen Fuchs, denn ich war doch reitender Kanonier und durfte mich zu Fuße nicht blamiren, und ritt im Galopp gegen die Festung. Sie hielten mich für einen Parlamentär und dachten schon, wir wollten uns ihnen ergeben; darum machten sie schnell das Thor auf und kamen in hellen Haufen herbei, um mich zu empfangen. Indem ich mir nun die Leute ansehe, erblicke ich unter ihnen den ganz obersten Festungskommandanten. Da fährt mir ein kühner, gewaltiger Plan durch den Kopf, denn ich hatte bemerkt, daß die Kirchthür offen stand. Ich reite also auf den Kerl zu, packe ihn bei der Gurgel, (\97\)B reiße ihn zu mir herauf auf den Fuchs und sprenge mit ihm nach der Kirche. Hinter uns ertönt ein ungeheures Wuthgeheul; ich aber kehre mich nicht im Geringsten daran, sondern galoppire die vier Thurmtreppen hinauf bis auf den Glockenboden. Dort steige ich ab und werfe den Kommandanten vom Pferde; er war in eine Ohnmacht gefallen, und da ich keine ästhetischen Tropfen mit hatte, konnte ich ihm nicht helfen. Im Nu habe ich die Fallthüre zugeworfen und schiebe den Riegel vor. Aber das ganze Heer der Belagerten war mir nachgestiegen und wollte die Fallthür sprengen. Was ist da zu thun? Ich schraube also die drei Glocken los und wälze sie auf die Thür. Das war meine Rettung. Nun binde ich dem Kommandanten die Hände und Füße und gucke durch das Schallloch hinaus. Ich kann da die ganze Befestigung überblicken und gebe unsern Leuten durch Zeichen zu verstehen, was sie machen sollen. Auf diese Weise dauerte es nur fünf Tage, und die Festung war unser. Der Feind wußte natürlich, daß ich die Hauptrolle dabei spielte, und ich wurde darum von der obersten Treppe aus ganz fürchterlich belagert; aber die Glocken waren so schwer, daß ich keine Sorge zu haben brauchte. Gehungert habe ich während dieser fünf Tage auch nicht, denn der Kommandant war gerade als ich kam, beim Konditor gewesen, um seiner Frau fünf Pfund Chokolade und drei Pfund Marzipan mitzunehmen; davon haben wir gelebt, und es schmeckte gar nicht übel. Der Fuchs aber steckte von Zeit zu Zeit den Kopf zum Schallloche hinaus und fraß das Stroh und Heu aus den Dohlen- und Schwalbennestern, die es da draußen in Menge gab. Als die Unsrigen die Festung erstürmt hatten, bauten sie mir auf jeder Treppe einen Triumphbogen mit allerlei Fahnen und Guirlanden, und ich bin wieder hinuntergeritten, daß es puffte."

"Das ist am Den!" nickte Baldrian mit einem Gesichte, als ob er an der fürchterlichsten Kolik litte.

"Willst Du es etwa nicht glauben? Für die Gefangennahme des Festungskommandanten bekam ich extra eine goldene Medaille geschlagen, die mir aber auch irgendwo abhanden gekommen ist, und die Pension beziehe ich noch heut; Ihr seht nur nichts davon, weil ich das Geld stehen lasse, bis es mir einmal gefallen wird, mich zur Ruhe zu setzen." Baldrian stand im Begriffe, trotz seiner sonstigen Einsilbigkeit eine scharfe Bemerkung zu machen, wurde aber daran verhindert, denn die Hausthür öffnete sich, und Helbig trat ein, den Knotenstock in der Hand und ein volles Felleisen auf dem Rücken.

"Viel Glück ins Haus, Ihr Leute!" grüßte er nach Handwerksburschenmanier. "Ich bin ein wandernder Schmiedegeselle und komme, den Herrn Meister um ein Nachtquartier zu bitten." "Ein Nachtquartier?" Frug Heinrich. "Hast Du gute Papiere?" "Ja."

"Steht der Bettel vielleicht drin?"

"Ich bettle nicht, sondern ich verdiene mir von Ort zu Ort so viel Reisegeld, als ich brauche." "Eigentlich ist hier bei uns keine Herberge; aber der Meister ist ein guter Mann, der schon Manchen übernachtet hat, wenn es ein anständiger Bursche war. Nicht wahr, Baldrian?" "Das ist am Den!" stimmte der Gefragte bei.