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"Du bist kühn, Katombo, aber ich liebe Dich!" klang es leise und langsam zwischen ihren wie Perlen schimmernden Zähnen hervor.

"Und Du stehst so hoch über mir, wie der Himmel über der Erde, aber ich liebe Dich. Willst Du herabsteigen zu mir, dem Armen, dem Kleinen, und mich beglücken mit einer Seligkeit, wie sie in Allahs Himmeln nicht zu finden ist?"

B "Ich will, obgleich Du Allah lästerst mit Deinen Worten," erwiderte sie, ihr Köpfchen fest und innig an seine Brust schmiegend.

"Du willst? Du willst!" jauchzte er. "O, dann bin ich stark und mächtig; dann vermag ich Alles, selbst das Schwerste durch Dich! Dann werde ich Dir auch Deine Schwester wiederbringen!"

"Glaubst Du? Hast Du wirklich hier Spuren von ihr gefunden?"

"Ich weiß es noch nicht sicher, aber ich werde mir sofort die Gewißheit holen. Leb wohl, Ayescha, mein Ein und Alles! Ich werde heut, wenn der Abendstern im Zenithe steht, wieder hier sein und auf Dich warten. Wirst Du kommen? Kannst Du kommen, ohne daß man Dich bemerkt?"

"Ja, ich werde kommen, mein Geliebter!"

"Hab Dank, so viel Male Dank, als Sterne am Himmel stehen, als Tropfen im Meere wogen und als Körner des Sandes in der Wüste glühen!"

Er drückte sie an sich; er fühlte das entzückte Wogen ihres Busens an seiner Brust; er küßte sie wieder und immer wieder und ließ sie endlich leise auf den Divan gleiten. Dann trat er an die Fensteröffnung, hob den Fuß zu derselben empor, schwang sich hinaus und stand mit einem kühnen Sprunge unten an der Gartenmauer. Von hier aus schritt er eilends dem Flusse zu, bemerkte aber, sich einmal umdrehend, daß Ayescha am Fenster stand und ihm nachblickte.

Am Wasser angekommen, erstieg er sogleich seine Dahabi, und trat zum Steuermann. "Hat der Mann, welcher uns in Assuan bat ihn mitzunehmen, das Schiff bereits verlassen?" "Ja."

"Und sein Gepäck mitgenommen?"

"Er hatte kein Gepäck, als ich ihn an Bord kommen sah."

"Wo ging er hin?"

"Am Flusse abwärts, den Weg, welcher nur zum Kawuahschi Abd-el-Oman führt."

"Hat er die Fahrt bezahlt?"

"Ja."

"Wußte er, wem die Dahabi, gehört?"

"Er frug mich, und ich nannte ihm nur Deinen Namen; so sollte es ja sein, damit die Handelsfeinde unseres Herrn getäuscht würden." A "Gut. Mache die Ladung fertig, morgen gelöscht zu werden!"

Er ging wieder an das Land und schritt den Weg hinab, den ihm der Re<s (Schiffsführer, Steuermann) bezeichnet hatte. Einige hundert Schritte abwärts von der Stelle, an welcher die Dahabi, vor Anker lag, befand sich hart am Flusse eine Kaffeeschenke, in welcher nur Schiffer zu verkehren pflegten. Im großen vorderen Zimmer versammelten sich die niederen Leute, während es nach hinten einen kleineren aber sehr luftig gebauten und darum auch kühleren Raum gab, welcher nur für die höher Stehenden eingerichtet war, ganz dieselbe Einrichtung also wie in den Seewirthshäusern des Abendlandes, wie überhaupt an allen Hafenplätzen.

Katombo ging zur hinteren Thür und kam durch dieselbe in den reservirten Raum, wo sich kein Mensch befand. Er ließ sich auf dem längs der Wände hinlaufenden Divan nieder, und ein leichtes Händeklatschen brachte einen der Neger herbei, welche die Gäste zu bedienen hatten. Dieser hielt schon Pfeife und Kaffee in den Händen und reichte, niederkniend, Beides dem jungen Barkenkapitän entgegen.

"Wo ist Abd-el-Oman, Dein Herr?"

"Vorn, bei den Gästen, Sihdi."

"Rufe ihn zu mir, doch ohne daß es Jemand merkt!"

Der Schwarze verneigte sich und ging. Nach kaum einer Minute trat der Kawuahschi ein. Als er Katombo erblickte, kreuzte er die Arme auf der Brust und verneigte sich so tief, daß sein Turban fast die Matte berührte, mit welcher der Boden bedeckt war.

"Sallam aale<kum, Friede sei mit Dir, <a Re<s akbar, Du großer Kapitän, der Du der beste und berühmteste Schüler bist von Manu-Remusat, dem kühnsten und größten aller Schiffsführer!"

Katombo nickte bei diesem superlativen Gruße nur leicht mit dem Kopfe.

"Sallam aale<kum, Du Schech el Kawuahn, Du Größester aller Kaffeewirthe in Egypten, der den besten Trank und den lieblichsten Tabak hat, so weit die Erde reicht!"

"Sihdi, Deine Rede ehrt mein Haus und tröstet mein Herz; aber spottet Dein Mund nicht doch vielleicht dessen, der lieber Dein als aller Anderer Diener ist?"

"Warum soll ich Lügen reden statt der Wahrheit? Sitze ich nicht bereits hier bei Dir, trotzdem ich erst vor wenigen Minuten hier angekommen bin? Welche Gäste haben Dich abgehalten, mein Kommen zu bemerken?"

"Es sind nur vier, Sihdi, drei Freunde und ein Fremder." "Ein Fremder? Wo ist er her?"

"Ich frug ihn, doch hat er es mir nicht gesagt."

"Kam er auf dem Flusse oder mit einer Kaffilah (Karawane)?"

"Auf dem Flusse."

"Mit welchem Schiffe?"

"Er nannte das Deinige."

"Hast Du ihm gesagt, daß es nicht mir, sondern Manu-Remusat gehört?" "Nein; sollte ich es ihm sagen?"

"Du hast sehr recht gethan! Sage ihm, daß ein Sihdi ihn hier sprechen will, verschweige aber, daß ich es bin. Und wenn er bei mir eingetreten ist, so hältst Du an der Thür Wache, bis ich Dich rufe!"

"Sihdi, ich weiß nicht, was Du mit ihm willst, aber ich gehorche Dir, denn Deine Hand hat noch niemals das gethan, was der Prophet verbietet."

Der Kawuahschi ging und nach einigen Augenblicken trat der Fremde ein. Man konnte es ihm auf den ersten Blick ansehen, daß er weder ein eingeborener Egypter noch ein Türke war; vielmehr wies seine lange, hagere Gestalt, sein gelbblasses Gesicht, seine riesige Habichtsnase und die kleinen, listig blickenden Augen auf armenische Abkunft hin. Diese konnte ihm nicht als Empfehlung dienen, denn es ist bekannt, daß sich Niemand so leicht und gern zu allerlei Schurkenstreichen gebrauchen läßt, wie gerade der Armenier, vorausgesetzt, daß er gut dafür bezahlt wird. Er trug einen Tarbusch auf dem Kopfe, den Oberleib bedeckte eine blaue, mit goldenen Schnüren besetzte Jacke, rothe Pumphosen hingen von seinen Lenden in weiten Falten bis zu den Füßen herab, welche in derben, ledernen Stiefeletten staken. In seinem Gürtel glänzten zwei Pistolenläufe, zwischen denen Katombo die Lederscheide eines Dolches bemerkte, dessen Griff reich mit Silber beschlagen war. Der Mann blickte verwundert auf, als er den Kapitän der Dahabi, erkannte. "Sallam aale<kum!" grüßte er, die Hand auf die Gegend des Herzens legend. Katombo nickte blos, ohne den Gruß zu erwidern. "Wie heißest Du?" "Mein Name ist Schirwan, Sihdi."

B "Ich sehe, daß Du Dich wunderst, zu mir gerufen zu sein. Du sollst den Grund sogleich erfahren."

"Ich höre, Sihdi," antwortete der Armenier. "Wo kauftest Du Deine Pistolen?"

"In Bulakh bei Abu-Soliman, dem berühmten Waffenhändler."

"Sie sind vortrefflich, ich sah es sofort, als ich Dich auf meinem Schiffe traf. Ich hätte Dich gefragt, ob Du sie verkaufest, aber was ein Re<s begehrt, das muß man ihm schenken, und Du hättest denken können, daß ich Deine Pistolen als Bakschisch haben wolle, darum wartete ich bis jetzt. Verkaufst Du sie?"

"Ja, Sihdi; warum soll ich sie nicht verkaufen, wenn ich einen guten Preis bekomme? Ich kann mir dann ja andere kaufen." "Darf ich sie ansehen?" "Hier sind sie."

Er zog sie aus dem Gürtel und reichte sie Katombo dar. Dieser nahm sie in Empfang und betrachtete sie aufmerksam.

"Sie sind wirklich von Abu-Soliman, von dem ich mir längst welche gewünscht habe; aber ich bin noch nicht nach Kairo gekommen."

Bei diesen Worten fiel sein Blick wie zufällig auf den Gürtel des Armeniers.

"Was hast Du da für einen Dolch? Auch er scheint vortrefflich zu sein."

"Er ist ausgezeichnet; ich erbte ihn von meinem Vater, der ihn in Damaskus kaufte."

"In Damaskus? Diese Stadt ist berühmt wegen ihrer unübertrefflichen Klingen. Verkaufst Du den Dolch?" "Nein, Sihdi, mein Vater hat ihn im Kampfe getragen, ich würde seine Seele beschimpfen, wenn ich den Dolch fortgäbe." "Aber betrachten darf man ihn?" "Das darfst Du. Hier ist er."