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Mudellir und wird jetzt zu ihm kommen. Willst Du mit ihr sprechen? Ich habe gesagt, mein Bruder im Wadi-el-Mogreb sei gestorben und ich bin aus Kairo gekommen um die Erbschaft zu holen. Der Mudellir aber hat sie mir weggenommen und auch die Tochter meines Bruders dazu, deren Bräutigam Du bist. Du bist ein Kaufmann und hast viel Goldstücke mit." A "Ali, Dein Verstand ist ebenso groß, wie Dein Name lang ist. Warte ein wenig; ich werde gleich fertig sein!"

Er durfte natürlich in dem Anzuge eines Re<s nicht mitgehen, sondern er mußte ein anderes Gewand anlegen. Nach dem dies geschehen war, verließen sie das Fahrzeug und schritten nach der Straße Bab-el-Run, deren Lage sich Ali genau gemerkt hatte. Der Schneider schien ihrer bereits zu harren. Vielleicht war seine Schwester mittlerweile gekommen. "Mein Freund hier hat mir Deinen Laden empfohlen," begann Katombo nach der üblichen Begrüßung. "Hast Du einen Anzug für mich?"

Des Schneiders Auge leuchtete befriedigt auf; er sah, daß er einen Mann vor sich haben, der eine delikate Sache auf die rechte Weise einzuleiten verstand.

"Du findest bei mir Alles, was Du begehrst. Willst Du einen guten oder einen billigen Stoff?" "Der gute ist stets der billigste."

"Du sprichst weise, wie ein Kenner spricht. Setz Dich nieder und nimm die Pfeife! Ich werde Dir vorlegen."

Er brachte die verschiedensten Anzüge zum Vorschein. Katombo behielt eine derselben und bezahlte ihm doppelt so viel, als er verlangte. Der Schneider bedankte sich: "Gesegnet sei die Hand, welche lieber gibt als nimmt! Erhebt Euch, Ihr Männer! Tretet durch diese Thür, Ihr werdet auch dort finden, was Ihr sucht."

Sie folgten seiner Aufforderung und traten in ein kleines, enges Gemach, in welchem eine kurze dicke und verhüllte Frauengestalt saß. Katombo verbeugte sich sehr tief herab, obgleich er wußte, daß er nur eine Dienerin vor sich habe.

"Sallam aale<kum, Friede und Heil sei mit Dir! Der Kuran sagt: "Das Herz des Weibes gleicht der Rose; es spendet Duft und Wohlgeruch zu aller Zeit. Laß mich die Schwester des Weibes bewundern."

Neben ihr stand eine Thonvase, in welcher eine Rose steckte. Er nahm Beides, sog den Duft der Rose ein, ließ dabei eine Hand voll Goldstücke in die Vase fallen und setzte diese wieder an ihren Ort zurück. Diese Introduktion hatte eine außerordentliche Wirkung; der Schleier wurde gelüftet und ein volles, gutmüthig dreinschauendes Gesicht kam zum Vorschein; zwei fette Hände ergriffen die Vase und holten trotz des darin befindlichen Wassers das Geld heraus.

"Du hast den Kuran studirt und Worte und Handlungen der Höflichkeit gelernt. Ich werde Dir dienen, so weit ich es vermag."

"Du bist Aufseherin im Harem des Mudellir?"

"Ich bin es."

"Kennst Du die Namen aller seiner Frauen?" "Ich kenne sie."

"Und weißt Du von Jeder, wo ihre Heimath ist?"

"Von Keiner. Warum soll ich ihnen Schmerz bereiten, indem ich sie nach ihrer Heimath frage?"

"Kennst Du eine Namens Sobe<de?"

"Ich kenne sie, doch ist sie nicht eine von seinen Frauen."

"Warum?"

"Er darf sie nicht berühren, sonst tödtet sie sich."

"Wann wurde sie Euch gebracht?"

"Vor noch nicht einem Monat."

"Weißt Du, woher sie kam?"

"Nein." "Es ist meine Geliebte. Darf ich einmal mit ihr sprechen?" "Wenn Du mir beim Barte des Propheten Verschwiegenheit gelobst." "Ich schwöre es."

"So muß es noch heut geschehen, denn der Mudellir reist morgen nach Kairo ab und nimmt einige seiner Frauen mit, unter denen Sobe<de vielleicht sein könnte." "Mit welchem Schiffe fährt er?"

"Ich weiß es nicht. Er nimmt das, welches ihm gefällt, ohne den Schiffer zu fragen, ob er ihm

Schaden bringt."

"Wann soll ich Sobe<de sehen?"

"Grad um die Mittagszeit. Sie wird im Garten sein. Wenn Du Dir das Haus betrachtest, so ist die hintere Mauer des Gartens leicht zu finden. Da, wo ein Zitronenbaum über dieselbe emporragt, wird sie stehen. Wie Du hinaufkommst, mußt Du selber sehen."

"Kann ich mich auf Dich verlassen?"

Sie legte betheuernd die dicke Hand auf das Herz.

"Sicher!"

"Ich danke Dir. Wenn ich Dir etwas zu sagen habe, werde ich zu Deinem Bruder kommen." B "Thue das!"

Katombo verabschiedete sich mit Ali. Draußen auf der Straße angekommen, schritten sie dieselbe hinab, bis sie ein einzeln stehendes Haus bemerkten, über dessen Thore die heilige Fatha zu lesen war. Auf einem Umwege suchten sie die hintere Seite des Gartens zu gewinnen, es gelang ihnen, und nun bemerkten sie, daß das Terrain ihrem Vorhaben außerordentlich günstig war. Die Umgebung zeigte sich so einsam und versteckt, daß man keinen Beobachter oder Verräther zu befürchten brauchte, und so kehrte Katombo außerordentlich befriedigt nach dem Sandal zurück. Er hatte kaum seinen Anzug gewechselt, so trat Ali bei ihm ein.

"Sihdi, es reiten einige Offiziere am Flusse hin. Man sagt, sie suchen ein Fahrzeug für den Mudellir auf."

Sofort begab sich Katombo auf das Deck und kam gerade zur rechten Zeit um zu bemerken, daß einer von den Männern abstieg und auf den Sandal zuschritt. Am Wasser angekommen, verlangte er mit barscher Stimme ein Brett um hinüberkommen zu können. Es wurde ihm gelegt, und er schritt an Bord. "Wo ist der Re<s?"

Man wies ihn zu Katombo, der ihn neugierig erwartete.

"Du bist der Führer dieses Schiffes?"

"Ich bin es."

"Was hast Du geladen?"

"Nichts."

"Wohin ist der Sandal bestimmt?" "Nach dem Bahr-el-Abiad." "Was willst Du dort holen?" "Sennesblätter." "Woher kommst Du?" "Aus Kairo."

"Zeige mir das Innere Deines Schiffes." "Wer bist Du?"

"Ich heiße Hamd-el-Arek und bin der Mudellir von Assuan. Kennst Du mich?" "Ich habe Dich noch nie gesehen, aber Deinen Namen oft gehört. Komm und siehe!" Er führte ihn durch die Kajüte und sämmtliche Räume. Als sie das Deck wieder betraten, schien der Statthalter im höchsten Grade befriedigt zu sein. Er legte Katombo seine Hand auf die Schulter.

"Bist Du ein guter Schiffer?" "Urtheile selbst. Der Sandal ist nach meinem Plane gebaut."

"So vertraue ich Dir, denn der Bau und die Einrichtung sind unübertrefflich. Du wirst nicht nach dem Bahr-el-Abiad gehen!"

"Nicht?" frug der Re<s scheinbar verwundert.

"Nein, sondern zurück nach Kairo."

"Was soll ich in Kairo?"

"Mich sollst Du hinbringen, mich, meine Diener und eine von meinen Frauen. Wenn wir glücklich ankommen, wirst Du gut bezahlt."

Katombo bemühte sich, ein höchst verdrießliches Gesicht zu Stande zu bringen, und es gelang ihm so vollständig, daß der Mudellir die Stirn runzelte.

"Ich hoffe, Du beklagst Dich nicht über die Ehre, mich an Bord haben zu dürfen; die Nilpeitsche würde Dich eines Besseren belehren! Meine Dienerschaft kommt unter das Vorderdeck, die höhere Begleitung unter die Zelte, welche ich Dir senden werde, ich in die Kajüte und die Frau in die Kabine nebenan. Machst Du einen Versuch mit dem Sandal fortzugehen, so bekommst Du die Bastonnade bis Du stirbst." "Ich werde gehorchen!" antwortete Katombo.

"Ich hoffe es um Deinetwillen. Du hast nur für Raum und gute Fahrt zu sorgen; alles andere werde ich selbst liefern."

Er verließ das Schiff, bestieg sein Pferd wieder und ritt davon. Katombo wußte nicht, ob er sich freuen solle; es galt, Gewißheit zu erlangen, und das konnte erst zu Mittage geschehen. Bis dahin hatte er allerdings genug zu thun, um seine Anordnungen zu treffen in Beziehung auf die Veränderungen, welche im Innern und auf dem Decke des Sandals vorgenommen werden mußten. Kurz vor Mittag aber verließ er mit Ali das Fahrzeug und begab sich trotz der außerordentlich drückenden Sonnenhitze nach dem Garten des Statthalters. Sie kamen unangefochten bei der ihnen angewiesenen Stelle an und suchten sorgfältig die Umgebung ab, um sich zu vergewissern, daß kein Lauscher vorhanden sei. Dann traten sie an den Punkt, wo sich der bezeichnete Baum über die Mauer erhob. "Ich muß auf Deine Achseln treten, Ali!"