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"Du wirst Nichts gegen ihn ausrichten können, denn er kommt mit über zwanzig Mann!" "Ich fürchte mich nicht, obgleich ich nur zehn Männer bei mir habe." "Fliehe, ehe er kommt!"

"Das geht nicht. Dich darf ich ihm nehmen, aber er hat sein ganzes Gepäck bereits an Bord, und wenn ich absegle ohne ihn, hat er das Recht, mir den Kopf vor die Füße zu legen, mir und all den Meinen."

"So schütze mich vor ihm und jenen gräßlichen Schwarzen!" "Sei getrost; es wird Dir nichts geschehen!"

B Er ging wieder nach oben und gewahrte, daß der Landeplatz sich zum zweiten Male erhellte. Der Mudellir kam mit seiner Begleitung, und der Augenblick der Abfahrt war also nahe. Katombo hatte dazu alles vorbereiten lassen; der Sandal hing nur noch an einem Taue, und die Segel lagen hißgerecht, so daß es nur weniger Augenblicke bedurfte, um das Fahrzeug auf die Mitte des Stromes zu bringen.

Die Landungsbrücke wurde gelegt, und die Reisegesellschaft kam an Bord. Es mußte ein dringender Befehl vom Vizekönig eingetroffen sein, sonst hätte sich der Statthalter nicht so gesputet. Katombo empfing ihn auf dem Mitteldeck, anstatt aber seinen Gruß zu erwidern, stieß ihm der stolze Beamte nur das eine Wort entgegen: "Abfahren!"

Das hatte der Re<s gewünscht, denn sobald das Fahrzeug sich im Strome befand, war er nach Schifferrecht alleiniger Herr desselben.

"Ho-ih!" ertönte seine Stimme, und sofort wurde das Ankertau gekappt, die Segel stiegen an den Masten empor, der Sandal drehte seinen Kiel der Fluth entgegen und befand sich bald in tiefem Fahrwasser.

Unterdessen war das Deck der Schauplatz eines wirren Treibens gewesen, da Jeder unter Beeinträchtigung der Andern sich so bequem wie möglich einrichten wollte. Jetzt war bereits einige Ordnung vorhanden, die aber bald in Gefahr gerieth, vollständig wieder zerstört zu werden. Es öffnete sich nämlich die Kajütenthüre und der Mudellir trat hervor. Im Scheine der brennenden Fackeln sah man den Ausdruck des höchsten Zornes auf seinem Angesicht. "Re<s!" brüllte er, sich funkelnden Auges umblickend.

Katombo schritt langsam auf ihn zu. Ein Wink von ihm genügte, um seine Leute hinter sich zu versammeln. "Du rufst mich?"

"Ja, ich rufe Dich! Wer hat Dir befohlen, einen Riegel an mein Nebengemach anzubringen? Er war heut, als ich den Sandal besichtigte, nicht vorhanden."

"Befohlen?" antwortete Katombo ruhig, jedoch das Wort sehr scharf betonend. "Befohlen hat es mir Niemand, sondern ich that es aus eigenem Antriebe." "So befehle ich Dir, ihn sofort abzureißen!"

"Befehle?" Und wieder legte er den schweren Ton auf dieses Wort. "Wem gehört dieser

Sandal?"

"Nun Dir!"

"Das denke ich auch, und darum bin ich es allein, der hier zu befehlen hat. Wer etwas von mir wünscht, hat nur zu bitten!"

"Hund!" brüllte Hamd-el-Arek und machte Miene, sich auf ihn zu stürzen, doch besann er sich noch und blickte sich suchend um. "Simo!" "Simo? Meinst Du Deinen Schwarzen?" "Ja. Wo ist er?"

"Im Arrest. Er drohte mir mit der Peitsche und muß also seine Strafe leiden." "Mensch, bist Du wahnsinnig!"

"Weniger als Du. Ich kenne mein Recht; Du aber willst haben, was Dir nicht gehört." "Heraus mit dem Gefangenen, oder ich schieße Dich nieder! Er soll Dir das Fell zerbläuen, daß es die Winde in Fetzen mit sich nehmen. Herbei, Ihr Männer, faßt ihn!" Katombo zog sich einige Schritte bis auf die Seinigen zurück; in seinen Händen funkelten die Läufe zweier Pistolen.

"Was ist das! Meuterei? Du rufst Deine Männer gegen mich auf? Weißt Du nicht, daß ich hier Recht habe über Leben und Tod? Was willst Du mit Deiner Handvoll Leute? Die Andern stecken unter Deck und können nicht herauf, denn ich ließ die Luke verriegeln, sobald Du die Stimme gegen mich erhobst."

Der Mudellir sah sich genauer um und gewahrte nun allerdings, daß sich augenblicklich nur fünf seiner Leute auf Deck befanden.

"Den Riegel weg!" befahl er abermals, aber seine Stimme hatte nicht mehr den zuversichtlichen Klang wie vorher.

"Hast Du ein Recht zu diesem Verlangen? Ist die Bewohnerin der Koje Deine Frau?" "Ja."

"Du lügst!"

"Mensch!" knirschte der Statthalter. "Was wagst Du?"

"Ich wage Nichts, Du aber wagst Dein Leben, wenn Du Dich nicht sofort in Deine Kajüte begibst."

"Wer sagt Dir, daß sie nicht meine Frau und nicht meine Sklavin ist?" "Hamm-Barak, der Armenier!"

Dieser Name brachte eine wunderbare Wirkung auf den A Mudellir hervor. Er trat zurück und fuhr sich unwillkürlich mit der Hand nach dem Kopfe:

"Hamm-Barak! Kennst Du ihn?"

"Ich kenne ihn."

"Wo trafst Du ihn?"

"In Siut."

"Wo ist er jetzt?"

"Gefangen in Siut!"

"Gefangen! Bei wem?"

"Bei Manu-Remusat, dem berühmten Abu-el-Re<sahn." "Ein fürchterlicher Fluch entfuhr den Lippen des Statthalters. "Du lügst, Hund, und ich werde Dich zertreten, heut oder morgen."

"Sage mir, dem Re<s dieses Schiffes, noch einmal in das Gesicht, daß ich lüge, so schlage ich Dir die Peitsche Deines eigenen Henkers in das Gesicht! Ich selbst bin es, der diesen HammBarak gefangen hat; ich selbst habe ihn verhört, und ich selbst war in Deinem Garten, um Sobe<de zu befreien, denn wisse, dieser Sandal gehört keinem Andern als Manu-Remusat, den Du verfolgest. Bis Siut bin ich Dein Herr und Meister; dann verlässest Du das Schiff und magst gehen, wohin Du willst. Legt die Waffen ab!"

Die Worte hatten ihn wie ein Donnerschlag getroffen, so daß er sich von Katombo unwillkürlich die Pistolen, den Säbel und das Messer nehmen ließ. Die Andern folgten natürlich seinem Beispiele. Ohne ein Wort zu sagen, wandte sich der Mudellir um und ging in die Kajüte. Auf einen Wink Katombo's eilte Ali herbei und schob den Riegel vor; der Statthalter war gefangen.

Während dessen schoß der Sandal mit der Geschwindigkeit eines Dampfers vorwärts. Katombo war Herr des Schiffes und ließ noch während dieser Nacht ein Zelt für Sobe<de auf dem Verdeck errichten, und zwar an einer Stelle, daß sie nicht beobachtet werden konnte, selbst wenn sie es auf einige Schritte verließ. Er ging dann hinab, schob die Bretter zur Seite und bat sie, mit ihm zu kommen. "Hinauf?" frug sie besorgt. "Hinauf!"

"Wo ist der Mudellir?" "Gefangen." "Und seine Leute?" "Gefangen."

"Remallah, was hast Du gethan!" "Blos das, was ich verantworten kann."

Er führte die tief Verschleierte hinauf, wo es ihr in der lauen Nachtluft besser behagte, als in der dumpfen Schwüle ihres kleinen Verschlages. - -

Einige Tage später bewegte sich eine Karawane durch die östliche Säumung der lybischen Wüste, eine Karawane, welche aus vierzig köstlichen Reitkameelen und ebenso vielen Lastkameelen bestand. Etwas vorauf ritt ein junger Mann in Mamelukentracht auf einem jener köstlichen arabischen Barakkpferde, welche meist ein seidenähnliches silbergraues Haar besitzen und von keiner andern Rasse übertroffen werden.

Schon waren die Schatten bedeutend länger als Thier und Reiter selbst; der Abend lag nicht fern, und es war wünschenswerth, bald einen Ruhepunkt oder das Ziel der Wanderung zu erreichen. Da plötzlich streckte das vorderste Hedjihn (Reitkameel) den langen Hals weit aus, sog die Luft in einem langen Zuge durch die Nüstern, stieß einen lauten gellenden Schrei aus und eilte dann wie vom Sturme getrieben in gerader Richtung davon. Die Männer stießen einen Jubelruf aus und folgten auf ihren Thieren in demselben beschleunigten Tempo. Das Hedjihn hatte die wassergeschwängerte Luft des Nilthales gerochen, und bald schoß die Karawane von den Sandbergen, welche es im Westen begrenzen, herab in die grünende duftende Senkung.

"Siut!" rief der Reiter auf der silbergrauen Stute. "Geht in das Karawanserai, und wartet dort auf meine Befehle!"

Er ließ der Stute die Zügel vollständig schießen und flog seitwärts von den Andern längs des Flusses hinan an dem Hause des Kawuahdschi vorüber. Abd-el-Oman stand gerade vor seiner Thür. Als er den Reiter vorbeisprengen sah, murmelte er in den Bart: