"Omar-Bathu, der Mamelukenfürst, der reicher ist als der Khedive selbst! Er wird den Schech-el-Re<sahn besuchen."
Er hatte richtig vermuthet, denn der Reiter bog in das Thor Manu-Remusats ein, sprengte durch den Garten in den Hof und hielt gerade vor der Treppe, welche zum Divan des Obersten der Schiffskapitäne führte. Er mußte mit dem Wege und den Lokalitäten sehr vertraut sein. Der Hufschlag seines Pferdes war nicht unbemerkt geblieben; B einige Diener eilten herbei, und oben öffnete sich eine Thür, aus welcher der Besitzer des Hauses in eigener Person hervortrat. "Remusat!" "Bathu!"
Kaum waren die Rufe erklungen, so lagen sich die beiden Männer in den Armen. "Gesegnet sei der Gedanke, der Dich zu mir führt," meinte zuerst Remusat. "Trete ein und sei mir willkommen!"
Nur wenige Augenblicke vergingen, so saßen sie mit den dampfenden Pfeifen vor dem duftenden Mokka.
"Monden sind vergangen, seit ich Dich nicht bei mir sah. Wohin hast Du Deine Zelte getragen?"
"Bald hierhin und bald dorthin, wo das Schwert gerade Arbeit fand. Wir haben gesiegt und viele Beute gemacht, denn Allah liebt den Muthigen und segnet seine Wege. Und Du? Wie ist es mit den Deinen? Wo ist Katombo, der Wackere, und wie befindet sich Sobe<de?"
Die letzten Worte waren leiser und fast zagend gesprochen.
"Katombo fuhr mit dem Sandal nach Assuan, und Sobe<de - sie - sie ist - -"
Da legte ihm Omar-Bathu die Hand auf den Arm.
"Ich weiß, der Mann spricht nicht von seinen Frauen, aber nach Sobe<de darf ich doch fragen; sie liebt mich, und Du hast sie mir verlobt. Heut komme ich, um offen um sie zu werben und sie nach Kairo in meinen Palast zu führen als einziges Weib, welches ich jemals nehmen werde. Die Kameele, welche meine Brautgabe bringen, liegen bereits im Serai." Manu-Remusat senkte das Haupt.
"Freund, es ist großes Herzeleid eingezogen in mein Haus, denn Sobe<de war verschwunden." "Verschwunden?"
Der Mameluke sprang empor, schleuderte die Pfeife in den fernsten Winkel und legte die Hand an den Griff seines krummen Säbels. "Ja, verschwunden."
"So wurde sie geraubt, denn freiwillig entfliehen kann Sobe<de nie. Wer war der Teufel, der mir dieses that?"
Ich suchte wochenlang vergebens, bis endlich Katombo vom Bahr-el-Azreck zurückkehrte und bereits eine Stunde später den Namen des Räubers entdeckt hatte.
"Ja, Katombo ist klug, kühn und wacker; er ist mein Freund. Doch sag, wer ist der Räuber? Ich muß seinen Kopf zu meinen Füßen sehen."
"Er ist ein Mächtiger, bis zu dessen Kopf die Degen Tausender nicht zu reichen vermögen - -" "So nenne ihn doch!" rief Bathu mit dem Fuße stampfend. "Bei allen Sche<tans (Teufeln) der Hölle, ich muß seinen Namen wissen!" "So höre ihn: Hamd-el-Arek, der Mudellir von Assuan."
"Dieser? Das Schoßkind des Khedive? Den sollen alle Djiens (böse Geister) durch die Lüfte reiten, daß er gliederweise in die Tschehema (Hölle) stürzt. Was hast Du gethan?"
"Ich wollte selbst gehen und sie von ihm fordern - -"
"Er hätte Dich erdrosseln lassen," fiel ihm Bathu in die Rede.
"Doch Katombo bat mich, ihn zu senden."
"Daran that er recht. Wenn Einer sie zurückbringt, so ist er es, aber wenn ich - -" Er wurde unterbrochen, denn die Thüre öffnete sich und Ali trat ein. "Sallam aale<kum, Sihdi, Friede sei mit Dir!"
"Ali!" rief Remusat, und jetzt entfiel auch ihm die Pfeife. "Du kommst von Assuan. Was bringst Du für Botschaft?"
Der Mamelukenfürst stürzte auf ihn zu und faßte ihn bei der Schulter. "Ja sage es, schnell, heraus damit! Ihr kamt glücklich nach Assuan?"
"Ja, Sihdi. Wir gingen dorthin, um Sobe<de, die Tochter unsers Schech-el-Re<sahn zu holen." "Und was habt Ihr erreicht? Rasch, schnell, augenblicklich!" "Sihdi, ich heiße Ali-el-Hakemi-Ebn-Abbas-Ebn-er-Rumi -"
"Zum Teufel mit Deinem Namen! Ich will wissen, ob Ihr glücklich gewesen seid oder nicht!" "Laß mich ruhig aussprechen, so erfährst Du es am schnellsten." "So sprich!"
"Ich heiße Ali-el-Hakemi-Ebn-Abbas-Ebn-er-Rumi-Ben-Hafis-Omar-en-Nasafi, und was ich einmal will, das vollbringe ich auch."
"Hamdullillah, Preis sei Gott! So habt Ihr sie gesehen?"
"Ja; zuerst sah sie Sihdi Katombo, als er auf der Mauer saß; dann sah ich sie, als---"
"Still jetzt! Sage nur zunächst das eine: Bringt Ihr sie?" A "Ja. Ich bin mit dem kleinen Boote vorangerudert, um es Euch zu melden." "Und Hamd-el-Arek, was sagt er dazu?"
"Was er sagt, das konnten wir nicht hören, denn er sitzt als Gefangener in der Kajüte." "Der Mudellir?"
"Der Mudellir! Sihdi Katombo hat ihn und alle seine Leute auf dem Sandal gefangen." "Das klingt unglaublich. Erzähle!"
Der gute Ali begann seinen schwierigen Bericht; es dauerte lange, ehe er, von hundert und aber hundert Fragen unterbrochen, mit demselben fertig wurde, aber kaum hatte er geendet, so krachte vom Flusse her eine Pistolensalve als Zeichen, daß der Sandal angekommen sei.
Manu-Remusat und Omar-Bathu eilten sofort hinaus an den Strom; Ali und die gerade anwesenden Diener folgten ihnen. Das Schiff hatte bereits den Vorderanker geworfen und drehte graziös seinen Stern an das Ufer. Eine Minute verging, dann sprangen alle, Herren und Diener, an Bord.
Sobe<de kniete, übermannt von Bewegung, in ihrem Zelte. Remusat stürzte zu ihr hin, warf sich neben ihr nieder und drückte sie lautlos an sein Vaterherz. Auf dem Hinterdecke begrüßten sich Katombo und Omar-Bathu; die Diener bewillkommneten die Schiffer; es war eine Scene, die sich unmöglich beschreiben läßt, und das Durcheinander entwirrte sich erst, als Sobe<de am Arme ihres Vaters aus ihrem Zelte trat, um an das Land zu gehen. Er führte sie zu Omar-Bathu.
"Hier nimm sie hin, um die Du heut geworben hast, sie sei Dein, und darum sollst Du sie in das Haus ihres Vaters bringen!"
Omar ergriff ihre Hand, half ihr über Bord und führte sie davon. Alle Anwesenden waren erstaunt über das die bisherige Gewohnheit über den Haufen werfende Verhalten des Abu-el-Re<sahn. Dieser aber trat nun zu Katombo und reichte ihm beide Hände. "Mein Sohn, laß Dir später von mir danken! Du wirst Dich wundern über das, was ich jetzt that; aber Du hast die Gefangenen an Bord, und die Wuth des feurigen Bathu wäre nicht zu zügeln, wenn er den Mudellir erblickte. Wir müssen schnell handeln. Was räthst Du mir?" "Deiner Tochter ist nichts geschehen, daher verzichte auf eine persönliche Rache und ziehe es lieber vor, den Mudellir beim Khedive zu verklagen. Vergreifen wir uns mit den Waffen in der Hand an ihm und den Seinigen, so sind wir verloren, da der Vizekönig nicht uns, sondern auf ihn hören wird."
"Deine Rede ist weise, und ich werde sie befolgen. Wo sind die Gefangenen?"
"Der Mudellir befindet sich in der Kajüte, und seine Leute habe ich alle im Vorderraume zusammengesperrt."
"Gib ihnen die Freiheit. Da drüben liegt eine Barke, welche nach Kairo geht. Unsere Leute mögen alles, was ihm gehört, hinüberschaffen und ihn dann selbst hinüberbringen. Du nahmst ihnen ihre Waffen?" "Ja."
"Gib sie ihnen wieder. Es gibt keine größere Demüthigung für den freien und muthigen Mann, als seiner Waffen beraubt zu sein."
"Ist es nicht besser, sie bekommen sie erst auf der Barke ausgehändigt?"
"Nein, Katombo. Oder soll er meinen, daß wir uns vor ihm fürchten? Sein Angesicht muß erröthen, wenn er sieht, mit welcher Höflichkeit wir den Räuber meines Kindes behandeln."
"Ich thue es nicht gern, aber wenn Du befiehlst, so muß ich gehorchen."
Er befahl die Waffen herbeizubringen, und gab dann einen Wink, die Luke zu öffnen, welche in den Vorderraum führte. Er selbst schob den Riegel von der Kajütenthür zurück.
Wie ein verwundeter Tiger sprang Hamd-el-Arek daraus hervor; als er aber die Zahl der
Anwesenden bemerkte, wandte er sich um, trat an die Schanzverkleidung und that, als ob er von Allem nichts bemerke. Seine Begleiter waren jetzt auf das Deck gestiegen; nur der