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Verschnittene fehlte noch.

"Ihr seid wieder frei," verkündigte Manu-Remusat. "Nehmt Eure Waffen!" Er ergriff die Pistolen, den Säbel und das Messer des Mudellir und näherte sich ihm. "Hamd-el-Arek, nimm, was Dir gehört!"

A Der Angeredete griff zu, ohne sich umzudrehen. Unterdessen dachte Katombo an den Verschnittenen. Er befahl, auch diesen noch zu holen, und einer von den Leuten ging hinab, um ihn freizulassen. Als der Schwarze aus der Luke emportauchte, bot sein Gesicht einen höchst unschönen Anblick dar. Die Schwielen, welche von den Hieben Katombos stammten, waren aufgesprungen, und dazu entstellte eine unbeschreibliche Wuth die Züge des Verschnittenen. Sein Auge suchte Katombo, und kaum hatte er ihn erblickt, so riß er ein Messer aus dem Gürtel des ihm Zunächststehenden und stürzte auf ihn zu.

Katombo hatte sich abgewandt und achtete auf den Angreifer nicht eher, als bis er durch einen allgemeinen Schrei auf denselben aufmerksam gemacht wurde. Und doch wäre es zu spät gewesen, wenn sich nicht Manu-Remusat dazwischen geworfen hätte. Dieser faßte den Schwarzen beim Arme, um ihn am Stoße zu verhindern; doch die Wuth gab dem Angreifenden ungewöhnliche Kräfte; er riß sich los und versetzte Remusat einen Stich in die Wange, aus welcher sofort das Blut aufspritzte. Der Verwundete trat einen Schritt zurück, warf sich dann mit aller Kraft auf ihn und bohrte ihm das Messer, welches er ihm entriß, bis an das Heft in die Schulter. Da richtete sich der Mudellir empor.

"Blut? Ja, Ihr sollt Blut haben! Drauf auf sie; haut sie zusammen!"

Er spannte die Pistole und zielte auf Remusat. Im Augenblicke des Schusses warf sich dieser zur Seite und entriß Katombo eine seiner Pistolen. Der Schuß war vorübergegangen. Jetzt blitzte es in den Händen Remusats auf, und der Mudellir stürzte, mitten durch die Stirn getroffen, zu Boden. Auf den Fall ihres Führers erhoben die Assuaner ein fürchterliches Geheul und drangen auf die Siuter ein. Es entspann sich ein allgemeiner Kampf, der allerdings mit der vollständigen Niederlage der ersteren endete, aber auch den letzteren manche Wunde brachte.

Dies alles war in weniger als fünf Minuten geschehen. Omar-Bathu, der Mameluke, hatte die Schüsse und das Geschrei gehört und kam jetzt herbeigeeilt, doch zu spät, denn eben wurde der letzte Assuaner niedergeworfen.

B "Allah akbar, was ist hier geschehen?" frug er. "Wer hat den Gefangenen Waffen gegeben?"

"Ich," antwortete Remusat kleinmüthig und doch wuthentbrannt über die Scene, welche das Deck mit Blut überschwemmt und mit Leichen bedeckt hatte. "Du? Warum?"

"Ich wollte - Maschallah, ich wollte den größten Fehler begehen, den ich in meinem Leben begangen habe."

"Du hast recht gesagt; denn seht Ihr dort die Khawassen (Polizisten) und den Mann an ihrer Spitze? Wer ist es?" "Der Kaschef."

"Dann erlaubt mir, daß ich gehe. Wenn ich Euch retten will, darf ich hier nicht getroffen werden."

Natürlich hatte man auch in der Stadt das Schießen und Getöse des Kampfes gehört, der

Kaschef war aufmerksam geworden und kam nun mit seinen Khawassen herbei, um den

Thatbefund aufzunehmen. Er stieg an Bord und grüßte mit einer Miene, in welcher ein schlimmes Wetter leuchtete.

"Was ist hier geschehen?"

"Ein Kampf, wie Du siehst."

"Zwischen wem?"

"Zwischen Assuaner Männern und meinen Schiffern." Der Kaschef warf den Blick umher und erkannte die Leiche des Mudellirs. "Remallah! Wer ist das? Ist das nicht Hamd-el-Arek, der Mudellir von Assuan?" "Er ist es."

"Wer hat ihn getödtet?"

"Ich."

"Warum?"

"Weil er zuerst auf mich schoß." "Kannst Du dies beweisen?" "Diese Männer alle sind Zeuge."

"Sie gelten nichts, denn sie haben sich mit an dem Kampfe betheiligt. Wie kommt der Mudellir auf Deinen Sandal?"

"Er wollte mit demselben nach Kairo fahren."

"So war er Gast auf Deinem Schiffe, und Du hast ihm den Tod gegeben! Ich muß Dich gefangen nehmen."

"Warte zuvor, bis Du alles weißt. Katombo, erzähle es ihm!"

A Katombo, welcher aus einer schweren Armwunde blutete, trat vor und gab ihm trotz des rinnenden Blutes einen kurzen aber doch genügenden Bericht über alles Vorgefallene. Diese Erzählung schien die Strenge des Beamten zu mildern. Er wandte sich an Remusat. "Hast Du nicht gewußt, daß der Mudellir der Freund des Khedive ist? Ihn kann keine Anklage treffen, denn er ist todt, Du aber wirst sie in ganzer Strenge fühlen."

Während er die nothwendigen Aufzeichnungen machte, wurden die Verwundeten, die sich nicht entfernen durften, nothdürftig verbunden. Der Fall war ein so außerordentlicher, bei dem sich ein Polizeibeamter auszeichnen konnte, daß er höchst sorgfältig zu Werke ging und es längst schon Nacht war, als er endlich seine Entscheidung gab.

"Manu-Remusat, ich will Dich nicht arretiren, denn Du bist schwer beleidigt und gekränkt worden, aber wache über Dich und die Deinen, daß Keiner fehlt, wenn Ihr vor Gericht gefordert werdet. Dieser Sandal darf den Ankerplatz nicht verlassen, bis aus Kairo eine Besichtigung eingetreten ist, die Todten werden beerdigt, wenn der Kadi sie gesehen hat; die lebenden Assuaner aber nehme ich als Gefangene mit mir - im Namen des Khedive und des Gesetzes!"

Mit der wichtigsten Amtsmiene, die er ermöglichen konnte, nickte er Remusat und Katombo zu und verließ den Sandal, während zwei Khawassen als Wache auf demselben zurückblieben. Der Schech-el-Re<sahn wandte sich zu Katombo:

"Du hattest Recht, mein Sohn, als Du ihnen die Waffen nicht geben mochtest. Ich war so froh,

mein Kind wiederzuhaben, und nun ist der Fittich des Todes über meine Freude gestrichen.

Auch Du bist verwundet. Statt Dir zu danken für die Treue und Liebe, mit welcher Du für mich handeltest, habe ich Dein Blut verschuldet. Kannst Du mir vergeben?"

"Sihdi, sprich nicht so. Komme heim, wo man Dich mit Schmerzen und Sehnsucht erwarten wird!"

Sie gingen dem Hause zu. Unter dem Thore erwartete sie Omar-Bathu, der Mamelukenfürst. "Wie ist es gegangen?" frug er.

Manu-Remusat erzählte ihm das Ergebniß der polizeilichen Untersuchung. Omar-Bathu wurde nachdenklich.

"Wußte der Kaschef, daß ich vor ihm auf dem Sandal gewesen bin?" erkundigte er sich. "Er hat nichts gesagt."

"So ist es möglich, daß alle Deine Habe gerettet werden kann." "Glaubst Du, daß sie verloren sei?"

"Ich hielt es für möglich oder sogar für sehr wahrscheinlich." "Warum?"

"Der Kaschef muß schleunigst direkt an den Khedive Anzeige machen, da Hamd-el-Arek der Liebling desselben war. Er wird wohl noch heut einen zuverlässigen Boten nach Kairo schicken, und was dann erfolgt, kannst Du Dir denken."

"Ja, das kann ich mir denken: der Khedive ist gerecht und wird seinen Günstling nicht ungestraft sterben lassen."

"Der Khedive ist gerecht, und Du bist reich; die Gerechtigkeit bedarf des Reichthums, wenn sie bestehen will. Sie wird ihren Arm nach Siut ausstrecken, um Dich von dem Mammon zu befreien, der das Heil Deiner Seele gefährdet, und vielleicht gar diese Seele aus den Banden des Körpers erlösen, der ihr hinderlich ist, empor zu Allah zu steigen. Komm herauf in Deinen Divan, damit wir weiter über diese Sache sprechen!"

Sie schritten durch den Hof und die Stufen zu dem Sprechzimmer empor. Dort wurden sie von den beiden Mädchen empfangen, die sich allerdings zunächst mit dem Vater beschäftigten, welcher nicht unverwundet davongekommen war. Katombo stand da und beobachtete die kindliche Sorgfalt, mit welcher Ayescha die Wunde trotz der Anwesenheit zweier Männer behandelte; mit Entzücken aber bemerkte er trotz ihrer Verhüllung den Schreck, welcher durch ihre Glieder zuckte, als sie dann bemerkte, daß auch er verletzt worden sei, und zwar noch schwerer als der Vater.

"Katombo!" hauchte sie, unwillkürlich einen Schritt auf ihn zutretend. Manu-Remusat hörte den Schreckensruf.

"Fürchte Dich nicht vor mir, meine Tochter," meinte er, sie bei der Hand erfassend und zunächst auf Omar-Bathu deutend. "Dieser Mann hat die Hand Deiner Schwester begehrt, Du darfst Dich vor ihm nicht scheuen. Und erinnerst Du Dich meines Versprechens, welches ich Euch gab, als Katombo nach Assuan ging, um uns Sobe<de zu holen? Ich schwur, daß Du sein Weib sein solltest, wenn es ihm gelänge, mir die geraubte Tochter wiederzugeben. Gehe hin zu ihm, führe ihn in sein Gemach oder in Dein Harem, denn Du bist sein Weib, und er soll keinen Preis für Dich B zahlen, sondern mein Sohn sein, der sich einst nach meinem Tode mit Omar-Bathu in mein Erbe theilt!"